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Stadtkirchen im Bereich der Märkischen Eiszeitstraße

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Klassizismus und Historismus

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts veränderte sich die baukünstlerische Situation: Berlin und Potsdam entwickelten sich während der Zeit der Monarchie zu Zentren des städtischen Kirchenbaus. Karl Friedrich Schinkel (1781 - 1841) leitete 1825 - 1828 in Berlin den Bau der Werderschen Kirche. Damit wurde die Hauptstadt des Königreiches Preußen zur Geburtsstätte des neuzeitlichen Backsteinbaus in Deutschland. Vornehmlich die Errichtung der Berliner Bauakademie in Backstein 1831/36 half, die mittelalterliche Baukunst für das neue klassizistische Bauen zu erschließen. Mit Karl Friedrich Schinkel als Geheimen Oberbaurat und Mitglied der Oberbaudeputation kam es auch zu einer neuen kurzen Blüte des Kirchenbaus auf dem Gebiet der Märkischen Eiszeitstrasse. So schaltete er sich beim neogotischen Wiederaufbau der Stadtkirche in Joachimsthal ein. Auf ihn gehen vor allem die Giebel in ihrer Freistellung vor dem Dach zurück.


Stadtkirche Joachimsthal / H. Domnick

Auch ein Abstecher nach Liebenwalde lohnt sich. Die Stadtkirche ist ein typischer klassizistischer Neubau nach Vorschlägen von Schinkel 1833/35. Der Turm war ursprünglich freistehend - ähnlich der Campanile in der Toskana.
Bemerkenswert ist auch der von Schinkel entworfene Turm der Stadtkirche von Müncheberg, die - im Krieg schwer beschädigt - nunmehr rekonstruiert wurde. Ein spitzbogig überwölbter Gang verbindet den freistehenden Turm mit dem Langhaus. Moderne Bauprinzipien Schinkels wurden hier verbunden mit einem mittelalterlich-märkischen Architekturbild. Sehenswert ist auch der während der Rekonstruktion als "Arche" gestaltete Innenraum mit seiner multifunktionalen Nutzung.


Schinkel-Turm und
überwölbter Gang der
Stadtkirche Müncheberg
Foto: Katja Klebert

In der Uckermark und auf dem Barnim wird der Einfluss des Schinkel-Nachfolgers Friedrich August Stüler (1800-1865) sichtbar. Wahrscheinlich geht auf sein Konzept die Rekonstruktion der Stadtkirche Eberswalde zurück. Als Architekt Friedrich Wilhelm IV. im Range eines Oberbaurats und Mitgliedes der Oberbaudeputation wurde er durch den Bau des Neuen Museums und der Nationalgalerie in Berlin berühmt. Kunstgeschichtlich steht er zwischen dem Klassizismus Schinkels und dem beginnenden Historismus. Friedrich Wilhelm IV. unterstützte - wohl auch aus populistischen Erwägungen heraus - den Kirchenbau auch außerhalb Berlins und beauftragte August Stüler damit. 1853/55 entstand unter seiner Leitung die neue Stadtkirche in Oderberg. Im gleichen Zeitraum verantwortete er in der Umgebung die Kirchen von Brodowin, Hammer, Hohensaaten und Zehdenick sowie die Hugenottenkirche in Bergholz.


Stadtkirche Oderberg
Foto: W. Ebert

Den Wünschen des Königs folgend, der als Förderer einer Baukunst der Spätromantik gilt, hält der Historismus in der sakralen Baukunst Einzug. Dabei wurden im Nordosten Brandenburgs keine Erstbauten von Stadtkirchen errichtet, sondern Zerstörtes wurde wieder aufgebaut, Vorhandenes rekonstruiert und erweitert und teilweise neu ausgestattet. So konnte der abgebrannte Turm der Stadtkirche Bad Freienwalde wieder aufgebaut werden. Biesenthal erhielt den heute sichtbaren quadratischen Turm mit Spitzhelm und den Anbau einer Sakristei. 1873/74 wurde von R. Thiem und Milde die zerstörte Stadtpfarrkirche in Werneuchen als neugotischer Backsteinbau wieder errichtet.


Giebel der Stadtkirche
Werneuchen / W. Ebert



1874/76 erfolgte nach langwierigen Disputen endlich die höchstfällige Rekonstruktion der Maria-Magdalenen Kirche Eberswalde unter der Oberbauleitung des Königlichen Bauinspektors Blankenstein. Unter der Leitung des Königlichen Baurates Ludwig Dihm entstand in Schwedt eine Kirche in neogotischem Stil, bei Nutzung des mittelalterlichen Baus. Besonders der massige Turm mit reicher neogotischer Gliederung und Zinnenkranz beherrscht das Stadtbild - er wurde nach der Zerstörung im 2. Weltkrieg vereinfacht wieder aufgebaut.


Stadtkirche St. Johannis
in Eberswalde
Foto: G.-U. Michaelis

Mehrere Stadtkirchen erhielten eine Neuausstattung in neogotischem Stil, so 1867 die Stadtkirche in Angermünde oder die neue Kirche in Oderberg.

Auch in anderen Städten entstehen neue Sakralbauten, die den Historismus nutzen, jedochk e i n e neuen Stadtkirchen. 1854/55 werden die neogotische lutherische PfarrkircheSt. Martin in Angermünde und 1891/94 der neogotische Backsteinbau der evangelischen Pfarrkirche St. Johannis in Eberswalde gebaut.
Große Adelshäuser leisten sich in dieser Zeit eigene Schlosskirchen in neogotischem Stil, so 1858 Johann Christoph Herrmann Graf von Schwerin in Wolfshagen. Jedes Bleiglasfenster der Kirche enthält das Wappen einer preußischen Adelsfamilie.


Pfarrkirche Peter und Paul
in Eberswalde
Foto: G.-U. Michaelis

1868 baute Oskar von Arnim in Kröchlendorf seine Schlosskirche nach Plänen von Hofbaumeister Ferdinand von Arnim - ein Kleinod der Neogotik. Unter der Kirche befindet sich die dreischiffige Krypta, die als Familiengruft derer von Arnims genutzt wurde.

Auffällig ist die Errichtung einer Vielzahl neuer katholischer Kirchen aus Backstein zumeist in neogotischem Stil, so der Pfarrkirche Peter und Paul 1876/77 in Eberswalde, der Pfarrkirche Maria-Magdalena 1892 in Prenzlau, der Kirche Mariä Himmelfahrt von M. Hasak in Schwedt 1895/98 und 1907/08 der Herz-Jesu-Kirche des Berliner Architekten von P. Überholz in Bernau. Vom gleichen Architekt entstand 1908/09 St. Marien zu Biesenthal, ein neubarocker Zentralbau. 1936/37 wurde die katholische nach obenSt. Konradkirche in Wandlitzsee ausgeführt.

© Märkische Eiszeitstraße, M. Klebert, 2006