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Stadtkirchen im Bereich der Märkischen Eiszeitstraße

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Verfall und Blütezeit der Städte im Spätmittelalter(14. - 15. Jahrhundert)

Das Spätmittelalter auf dem Gebiet der Märkischen Eiszeitstrasse ist durch tiefe Widersprüche charakterisiert. Nach dem Tod des letzten Askaniers 1319 wechselten die Markgrafen mehrfach. Unter den Wittelsbachern und Luxemburgern verfiel die ehemals blühende Mark Brandenburg - um das Jahr 1400 war der Tiefstand ihrer Geschichte erreicht. Gebietsabtretungen oder Verpfändungen ganzer Landstriche standen auf der Tagesordnung. So wurde die Neumark 1402 an den deutschen Ritterorden verkauft. Grenzgebiete wie die Uckermark gerieten in einen latenten Kriegszustand. Auch die Hohenzollern führten fast das gesamte 15. Jahrhundert hindurch Krieg gegen die Pommern um den Besitz der Uckermark. Kleinere Städte in umkämpften Grenzgebieten trugen erheblichen Schaden, so die Stadt Lychen. Fürstenwerder verlor im 15. Jahrhundert als Stadt seine Bedeutung. Auch Gartz war mehrfach Streitort, konnte sich aber als Stadt behaupten. Wechselhaft war die Geschichte der Stadt Brüssow/Uck. Sie verlor Mitte des 16. Jahrhunderts das Stadtrecht bis zur Einführung der neuen preußischen Städteordnung 1809. Andere Städte wurden adelsabhängig. Der jeweilige Landesherr verpfändete ganze Städte: Bad Freienwalde kam 1373 - 1618 in den Lehnsbesitz derer von Uchtenhagen, und Altlandsberg ging 1409 als Pfand an die von Krummensee. Auch Biesenthal war vom 14. - 16. Jahrhundert in Pfandbesitz. Der Adel übernahm zumeist auch das Patronat über die Stadtkirchen und förderte sie - oder auch nicht.

Im Gegensatz dazu stiegen solche Städte wie Berlin/Cöln, Prenzlau, Frankfurt/O. und Brandenburg zu führenden Kommunen mit einem fast autonomen Status auf. Auch andere Städte nutzten die Zerrissenheit und Schwäche der markgräflichen Macht zur Erweiterung ihrer Privilegien. Der anhaltende Geldmangel der Markgrafen hatte bereits Ende des 13. und vor allem im 14. Jahrhundert dazu geführt, dass die Städte sich von Abgaben freikauften und Hoheitsrechte des Landesherrn und damit verbundene Einnahmen erkauften, so das Zoll-, Münz-, Markt-, Mühl-, Strom- und Geleitrecht oder das Recht der Gerichtsbarkeit. Schon Ende des 13. Jahrhunderts wurde begonnen, die ursprünglich hölzernen Stadtbefestigungen in Stein auszuführen, so in Prenzlau, Templin oder Bernau.
Im Spätmittelalter bildete sich in mehreren Städten auf dem Territorium der Märkischen Eiszeitstrasse eine weitgehende kommunale Selbstverwaltung heraus. Ihre wachsende Macht und ihren Reichtum zeigten sie auch nach außen. Teile des städtischen Bürgertums konnten große Summen investieren, so auch in den Neu- oder Umbau der Stadtkirchen und deren Ausstattung. Die prächtige Erneuerung mehrerer Stadtkirchen im Stile der Spätgotik in Müncheberg, Wriezen, Gartz oder Schwedt repräsentierte symbolhaft das erstarkte bürgerliche Selbstbewusstsein.


Deckenmalerei Stadtkirche
Strausberg / Katja Klebert

Das mächtige Prenzlau sicherte sich unter den rivalisierenden Mächten, die um die Uckermark rangen, immer wieder neue weitreichende Rechte. Im Verlauf des 14. Jahrhunderts nahm Prenzlau eine fast autonome Stellung ein. Die Stadt hatte sich zum reichen Zentrum des Nordens entwickelt und zeigte dies auch im Bau der Stadtkirche. Der bisherige Bauverlauf mit Feldsteinen wurde unterbrochen, teilweise wurden fertige Teile sogar abgebrochen, um Platz zu schaffen für den hoheitsvollen gotischen Backsteinbau. Majestätisch überragt das Bauwerk noch heute die Stadt und kündet vom Reichtum und vom Selbstbewusstsein seiner Bürger.

Strasburg wetteiferte mit Prenzlau, als es um 1400 seine Kirche in eine sterngewölbte Hallenkirche von vier Jochen aus Backstein umwandelte und damit den steigenden Wohlstand des Gemeinwesens demonstrierte.
1448 wurde die mittelalterliche Stadtkirche aus Feldstein in Strausberg eingewölbt und reich bemalt.

Im 15. Jahrhundert entwickelte sich Wriezen zum bedeutsamsten Marktort im Oderbuch - auf seinem Fischmarkt mussten alle umliegenden Dörfer verkaufen. Das ermöglichte der Stadt den Bau ihrer repräsentativen Hallenkirche.
Mitte des 15. Jahrhunderts begann der Bau der jetzigen spätgotischen Hallenkirche St. Marien zu Bernau, bei Abriss des Vorgängerbaus. Die Lage der Stadt am Knotenpunkt von Handels- und Heerstrassen, die Tuchherstellung und der Tuchhandel, besonders aber auch die Bierbrauerei machten die Stadt reich.


St. Marien Bernau
Foto nach U. Hasse

In den Städten bildeten sich Handwerkergilden aus, die zunehmend ihren Einfluss geltend machten. Im 14. Jahrhundert waren es in Bernau die Gilden der Wollenweber und Gewandschneider, die eigene Altäre für die Stadtkirche stifteten. Auch aus der Geschichte anderer Stadtkirchen ist bekannt, dass die Handwerkergilden eigene Altäre in den Stadtkirchen besaßen. Bezeugt sind sie beispielsweise in Bernau, Eberswalde oder Wriezen. Vermutlich gab es im 15. Jahrhundert bis zu Beginn des 16. Jahrhunderts noch weitere gestiftete Nebenaltäre, die jedoch nach der Reformation beseitigt wurden.
Auch der Bau mittelalterlicher Hospitäler und deren Kapellen wurde von den Handwerkergilden befördert. So entstand das St. Georgen-Hospital in Bernau und die Georgenkapelle (1359 erstmals genannt), die Gertraudenkapelle in Eberswalde, die Heiliggeistkapelle in Gartz oder die Georgenkapelle in Templin.

Mit der Kurfürstenwürde der Hohenzollern änderte sich die Situation schrittweise. So sah Kurfürst Friedrich II. in den städtischen Freiheiten eine größere Gefahr seiner Macht, als durch den äußeren Feind. Er verlangte von Prenzlau Bürgergehorsam, nachdem es wieder zu Brandenburg gehörte. 1488 setzte Friedrich II. auf dem Landtag durch, dass das Getreide nicht mehr ausschließlich in den Städten verkauft werden durfte. Den Kommunen wurden Stadtordnungen aufgezwungen, die sie in Abhängigkeit von der Landesherrschaft brachte.

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© Märkische Eiszeitstraße, M. Klebert, 2006