< style type="text/css">

Stadtkirchen im Bereich der Märkischen Eiszeitstraße

Vier Schwestern norddeutscher Backsteingotik |Städtegründungen - Gründungsbauten |Interessen des Klerus |Verfall und Blütezeit der Städte im Spätmittelalter |Backstein und Gotik |Reformation und Renaissance |Kunst des Protestantismus (17./18. Jahrhundert) |Klassizismus und Historismus

 

Interessen des Klerus

Unmittelbare Bauherren der ersten Stadtkirchen waren nicht die Bischöfe oder die neuen Reformorden, auch wenn sie die Ostkolonisation des Hochmittelalters begleiteten und unterstützten. Auftraggeber waren die fürstlichen Landesherren. Die Expansionspolitik der Askanier wie der Pommernherzöge konnte sich der Interessenübereinstimmung mit dem Klerus erfreuen. Ihrerseits waren sie finanzielle und wirtschaftliche Mitträger der christlichen Missionierung. Die Städtepolitik der Kurfürsten und Herzöge war Machtpolitik. Sie vereinte nicht nur wirtschaftliche und militärische Aspekte, sondern befestigte auch geistige Macht - manifestiert vornehmlich in den Stadtkirchen.
Im Jahr 1108 rufen Magdeburger und Brandenburger Bischöfe zum ersten Kreuzzug Richtung Osten auf, 1147 folgte der zweite. Nicht Taufe der Slawen oder Seelsorge waren die Ziele, sondern es war ein Aufruf zur Gewaltmission. Beide Kreuzzüge blieben erfolglos.
In der Folgezeit etablierten sich die Bistümer und erstarkten mit der askanischen Herrschaft. So versuchten die Bistümer Lebus, Brandenburg, Meißen und Kammin ihre Einflussbereiche auszudehnen. Rechtlich waren sie dem Kaiser verpflichtet. Ihre Besitzungen waren jedoch Teile der Marken. Um sich zu behaupten, brauchten sie den Schutz der Markgrafen. Im Gegenzug wirkten die Bischöfe, als oberste Vertreter des 1. Standes, als Berater der Landesherren. In diesen Funktionen waren sie zweifellos auch beratend in Fragen des Kirchenbaus tätig. Erst mit Kurfürst Friedrich II. wurden die politischen Ambitionen des geistlichen Standes gebrochen. 1447 erhielt der Kurfürst durch eine päpstliche Bulle das Zugeständnis, die Bischöfe selbst zu ernennen.
Über den Einfluss der Bistümer auf den Kirchenbau ist wenig dokumentiert. Wirkungsvoll war zweifelsfrei die praktische Anschauung der Architektur solcher Bauten wie des Doms in Magdeburg, des Doms in Havelberg oder des Doms in Brandenburg/Havel. Von ihnen ging sicherlich die Inspiration für die Ursprungsbauten der Kirchen in den Städten aus, auch wenn diese viel bescheidener waren.

Der Kirchenbau im Bereich der Märkischen Eiszeitstrasse wurde vermutlich stärker von den hier ansässigen Klöstern baukünstlerisch dirigiert. Es liegt nahe, dass eine direkte Einflussnahme vor allem über die Bauhütten, dem mittelalterlichen Werkstattverband der an einem größeren Kloster- oder Kirchenbau Beschäftigten erfolgte. Sie unterstanden der Geistlichkeit oder dem Landesherrn und arbeiteten nach deren Bauauftrag.


Kirchenruine des
Klosters Gramzow
Foto: W. Ebert

1177/78 gründete Herzog Bogislav I. von Pommern-Stettin ein Stift der Prämonstratenser in Gramzow in der Uckermark. Sie prägten die frühe Kirchenarchitektur des Uckerlandes. Durch die Anwesenheit des Stiftes entwickelte sich Gramzow städtisch, konnte aber späterhin keinen Stadt-Status erlangen.Solange die Kolonisation noch christianisierend-missionarischen Charakter hatte, waren die Prämonstratenser auch Partner der Askanier. Mit der Festigung ihrer Macht im Havelland wandten sie sich bei der Landnahme jedoch den Zisterziensern zu. Dieser Reformorden missionierte nicht selbst, schien aber prädestiniert zu sein für die Ostkolonisation. Er erreichte in der Mark Brandenburg eine beherrschende kirchen- und profanpolitische Stellung, auch wenn er in den Städten durch die Franziskaner und Dominikaner abgelöst wurde.

Die wichtigsten Stützen der Zisterzienser waren ihre Klöster. Sie wurden durch die Askanier gestiftet, die darin eine Stabilisierung der territorialen Herrschaft sahen. Mutterkloster war Lehnin (1180). Es war zugleich Begräbniskloster der Askanier. Es folgen die Klöster Seehausen, Zinna, Marienfließ, Heiligengrabe, Boitzenburg, Himmelpfort, Dobrilugk und Neuzelle. Im Verlaufe der Jahre 1258 - 1260 kam es im Zuge der Landesteilung der Askanierbrüder zur Neugründung der Zisterze Mariensee am Parsteiner See als Begräbniskloster der Johanneischen Linie, das 1273 nach Chorin verlegt wurde. Die Religiosität der Landesherren sah in der Klostergründung eine gottgefällige Tat, die ihrem Seelenheil dienlich war. Zugleich verbanden sie damit auch Repräsentationsansprüche - so ist die prächtige Westfassade oder die reiche Ausgestaltung des "Fürstensaales" des Klosters Chorin Ausdruck der Machtdarstellung des Landesherrn und diente nicht dem Klosterleben. Als "Gegenleistung" wurden die Klöster mit reichlichem Grundbesitz ausgestattet, die der Landesherr als Schenkung deklarierte.
Die Architektur der Zisterzienser war regelgebunden. Sie ist logisch, reduziert auf das Notwendige, ist Schönheit in reinen Formen. Der asketische Verzicht auf jeglichen Bauluxus, dafür aber ein Bauen in hervorragender Qualität wirkte sich letztendlich auch auf Bauten außerhalb der Klöster im Nordosten Brandenburgs aus.

Eine besonders starke Verwandtschaft zum Kloster Chorin zeigt die Maria-Magdalenen-Kirche in Eberswalde. Die majestätische Basilika in gotischen Formen ist vom Typ her eine Stifts- oder Domkirche. Sie stand unter markgräflicher Förderung. Es liegt nahe, dass die Werkmeister und Steinmetzen der Bauhütte des Klosters Chorin auch in Eberswalde tätig waren. Die nordfranzösische Hochgotik aus der Mitte des 13. Jahrhunderts, wie sie für Chorin Pate stand, fand auf diesem Wege Zugang zur Eberswalder Kirche.


Kloster Chorin / G. Lutze

St. Maria-Magdalena / W. Ebert

Vornehmlich in den Städten existierten frühzeitig zahlreiche Klöster der Bettelorden. Diese Orden nahmen n i c h t am Siedlungswerk teil, hatten aber maßgebliche religiöse Aufgaben in den Städten. Sie traten nicht als Bauherren von Stadtkirchen auf, aber von ihren eigenen Bauten gingen wichtige Wertorientierungen aus, ähnlich der Zisterzienser. Die Architektur der Bettelorden war statutengebunden, jedoch ohne festes Bauschema. Angestrebt wurde Einfachheit, Schlichtheit und Strenge in Körper- und Raumform, Sparsamkeit und Beschränktheit in den Einzelheiten. Alles Übermäßige wurde vermieden. In Prenzlau entstanden in kurzer Zeit drei Klöster: das Sabinenkloster (vor 1250), das Franziskanerkloster (vor 1253) und das Dominikanerstift (1275). Die Serviten gründeten in Altlandsberg (1335) ihr bescheidenes Domizil.
Auch Angermünde besaß ein Stadtkloster, ein Franziskanerkloster (1292). Bevor der hochgotische Backsteinbau entstand, wurde zu Baubeginn mit Granitquadern gebaut. Es ist eine asymmetrische zweischiffige Backsteinhalle, deren Vollendung wahrscheinlich unter dem Einfluss der Bauhütte des Zisterzienserklosters Chorin stand.

Die Markgrafen holten sich auch geistliche Ritterorden in die Mark, so die Templer, die zu Beginn des 13. Jahrhunderts die Kommende Lietzen gründeten und in der Gegend der Märkischen Eiszeitstrasse ihre Spuren hinterließen. Als 1312 der Templerorden aufgelöst wurde, kamen die Johanniter in den Besitz der Kommende.

Ein anderer Aspekt klerikaler Interessen ist in Bernau zu vermuten. Die beträchtlichen Ausmaße der Marienkirche, wie sie um 1300 als gotische Basilika der ursprünglichen romanischen Kirche nachfolgte (Altarweihe 1339), waren wohl kaum der Kleinstadt oder deren Bedeutung zuzuschreiben. Vielmehr ist anzunehmen, dass die Propstei von Bernau eine Vormachtstellung besaß, die sich auch in der Größe der Kirche äußern musste. Der kirchliche Prälat hatte die Inspektion von fünf Städten, einschließlich Berlin, und 63 Ortschaften inne. Die Berliner erschlugen 1326 an der Marienkirche in Berlin den Probst von Bernau, Nikolaus Cyriakus, als er den Petersgroschen für den Papst eintrieb. Dafür belegte bekanntlich der Papst Berlin mit dem Bann.

weiter

 

© Märkische Eiszeitstraße, M. Klebert, 2006