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Stadtkirchen im Bereich der Märkischen Eiszeitstraße

Vier Schwestern norddeutscher Backsteingotik |Städtegründungen - Gründungsbauten |Interessen des Klerus |Verfall und Blütezeit der Städte im Spätmittelalter |Backstein und Gotik |Reformation und Renaissance |Kunst des Protestantismus (17./18. Jahrhundert) |Klassizismus und Historismus

 

Backstein und Gotik

Die Architekturlandschaft der Märkischen Eiszeitstrasse gehört kunstgeographisch zum nordeuropäischen Backsteingebiet. Die weiträumigen Hallenkirchen aus Backstein bestimmen majestätisch das Bild der größeren Städte. Die Backsteinbauweise löste das Bauen mit Feldsteinen ab. Während die romanischen Kirchen die Natur des Steines, seine Schwere und Mächtigkeit bejahten, folgte nunmehr der Kirchenbau der Gotik, der Entwicklung des Raumes in die Höhe - von der Horizontalen zur vertikalen Gliederung. Mit der Gotik lösen sich die Wände im Innenraum auf. Viel Licht konnte nunmehr die Kirchen durchfluten. Kreuzrippengewölbe, Spitzbogen und Strebewerk wurden in einen engen Zusammenhang gebracht und zeitigten völlig neue Lösungen in der Deckengestaltung. Die in den Bauhütten seriell vorgefertigten Ziegel gleichen Formats ließen sich weit besser verarbeiten als die Steinquader.

Die Backsteinbauweise schuf die Voraussetzungen dafür, dass die Stadtkirchen vorwiegend der Gotik als Stil folgen konnten, wie sie in Frankreich ihren Höhepunkt in Europa erreichte. Durch den Austausch von Baumeistern und Handwerkern zwischen den Bauhütten in Europa breitete sich die Gotik rasch aus. Sie erfuhr in den verschiedenen Ländern selbständige Ausprägungen. In Deutschland entwickelte sich die Hallenkirche als Deutsche Sondergotik - die Elisabethkirche in Marburg an der Lahn (1235/83) steht dafür.

Die Herstellung des Backsteins war zunächst das Privileg des Landesherrn und der Mönchsorden, aber auch die Städte hatten sich bald Zugang zu den Rohstoffquellen (Tonlagern) verschafft und betrieben eigene Ziegeleien. Das Umland der Märkischen Eiszeitstrasse war reich an Material für die Ziegelherstellung. Eiszeitliche Gletscherablagerungen haben Geschiebemergel und Geschiebelehm als Oberflächenboden hinterlassen. Die durch fließendes Wasser abgelagerten Bändertone waren neben erdgeschichtlich älteren Tonlagen geeignet für den Abbau.


Ostgiebel St. Marien Prenzlau
Foto: Konrad Klebert

Bereits Ende des 13. Jahrhunderts wurde auf dem Territorium der Märkischen Eiszeitstrasse begonnen, Kirchen mit Backstein zu bauen, so an der Maria-Magdalenen-Kirche in Eberswalde. Bei anderen Stadtkirchen erfolgte der Übergang zum Backstein erst im späteren Bauverlauf. Mehrere Kirchen wurden in der Folgezeit vielfach umgebaut. Ihre Erscheinung blieb jedoch meist streng und rationell bestimmt und verzichtete zunächst auf gotisches Maßwerk. Auch das schmückende Blendwerk blieb recht bescheiden. Wesentlichen Einfluss besaß hier die Reformarchitektur der Zisterzienser. Durch Rückführung auf die Klarheit des Baus und Verzicht auf Prunk unterscheiden sich ihre Klosterkirchen wesentlich von der Schaustellung unermesslichen Reichtums französischer Kathedralen.
Den Höhepunkt erreichte der Stil im 14. Jahrhundert in dem hochgotischen Backsteinbau der Marienkirche in Prenzlau mit seinen Doppeltürmen und seinem legendären Maßwerkgiebel an der Ostseite. Kölner Dom und Strasburger Münster standen hier wohl Pate. Im Inneren überhöhen die eleganten Arkaden den Raum. Dieser herrliche Bau setzte Maßstäbe für die Entwicklung der Backsteinarchitektur in Norddeutschland.

Im Spätmittelalter entstehen mehrere beachtliche Stadtkirchen der Spätgotik, so die Backsteinhallenkirchen in Garts, Müncheberg, Wriezen, Schwedt und Bad Freienwalde. Leider ist die sterngewölbte Backsteinhalle der Marienkirche in Wriezen kriegszerstört. Sie war im Volksmund die "Kathedrale des Oderbruchs".


Altar von St. Marien in Bernau
Foto nach U. Hasse

Erstmals lassen sich Künstlernamen mit Bauwerken in Verbindung bringen. Besonders die Meisterwerke des Stettiner Hinrich Brunsberg sind bewundernswert. Die Verwandtschaft zur Schule des Meisters Brunsberg ist im norddeutschen Raum bis zur Ostsee unschwer zu erkennen. Er erwarb sich zunächst höchstes Ansehen an dem großartigen Bau der Katharinenkirche in Brandenburg 1401, (um 1430/40 der angefügte Chor) und nachweislich am Bau des Chores in Garts 1425. Er beeinflusste im erheblichen Maße den Stil der früheren St. Katharinen - Kirche in Schwedt. Seine Schule hat Wertvolles an der Marienkirche in Prenzlau (Christophoruskapelle und Nordvorhalle) mit einer schmuckreichen Giebelgestaltung hinterlassen.

Die Marienkirche in Angermünde wird um 1500 eingewölbt und erhält spätgotische Anbauten, so die Marienkapelle und den neuen Chor aus Backstein. Es ist erstaunlich, dass am Ende des Mittelalters, als die Selbständigkeit anderer märkischer Städte durch die Herrschaft der Hohenzollern stark eingeschränkt wurde, die Bürger von Angermünde einen solch einzigartigen Umbau ihrer Kirche in Angriff nahmen!


Spätgotischer Schnitzaltar der
Stadtkirche Strausberg
Foto: Katja Klebert

Von der Innenausstattung aus spätgotischer Zeit hat in den Stadtkirchen nur Weniges überlebt, dafür aber kunsthistorisch Bedeutsames. Ein herausragendes Kunstwerk ist der spätgotische Altar der Marienkirche in Bernau aus der Schule des Lucas Granach d. Ä. mit seinen gemäldereichen Flügeln. Seit 1503 in Wittenberg ansässig, arbeitete Lucas Granach viel für die brandenburgischen Kurfürsten. Der Altar lässt erahnen, dass schon v o r der Reformation die Holzbildnerei und Malerei der Spätgotik den Geist des Lutherischen Glaubens atmete.
In der gleichen Kirche ist ebenfalls ein steinernes Ölbergrelief beachtlich sowie das Sakramentshaus vermutlich von 1440.

Auch der spätgotische Schnitzaltar in Strausberg ist unbedingt sehenswert. Er entstand um 1520. Im Schrein erstrahlt die Madonna mit der Mondsichel. Sie wird von Anna Selbdritt, Katharina und den beiden Johannes begleitet. In den Flügeln stehen ihr die 12 Apostel zur Seite.

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© Märkische Eiszeitstraße, M. Klebert, 2006