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Stadtkirchen im Bereich der Märkischen Eiszeitstraße

Vier Schwestern norddeutscher Backsteingotik |Städtegründungen - Gründungsbauten |Interessen des Klerus |Verfall und Blütezeit der Städte im Spätmittelalter |Backstein und Gotik |Reformation und Renaissance |Kunst des Protestantismus (17./18. Jahrhundert) |Klassizismus und Historismus

 

Kunst des Protestantismus (17. /18. Jahrhundert)

Nach dem Dreißigjährigen Krieg war der Nordosten Brandenburgs verwüstet. Fast alle Städte waren mehrfach belagert und geplündert worden und ein großer Teil ihrer Bauten wurde zerstört, darunter auch die Einrichtungen vieler Stadtkirchen. Hinzu kamen mehrere große Pestwellen, die vornehmlich in den Städten grassierten. Viele Städte waren entvölkert und verwahrlost.Während sich der Große Kurfürst namhafte und weniger namhafte Künstler an den brandenburgischen Hof holte zum Zwecke höfischer Repräsentation, blieb der Städtebau im Umland zurück. Auch die Stadtkirchen erholten sich nur zögerlich von den Kriegseinwirkungen. Die Kommunen hatten vorrangig lebenserhaltende Maßnahmen zu treffen, statt Kirchen zu restaurieren. Das seit der Reformation wirksame Staatskirchentum des Protestantismus verlagerte zumal die Verantwortung für den Kirchenneubau auf Landesebene.


Stadtkirche Templin / W. Ebert

In dieser Zeit entstanden zunächst keine Sakralbauten in den Städten der Märkischen Eiszeitstrasse. Ausnahmen bildeten die Städte mit Kirchenpatronat des Adels. So erfolgte 1624 die Beisetzung Joachim von Krummensees in einem eigenen Grabgewölbe der Stadtkirche in Altlandsberg. Es wurde späterhin auch durch Otto von Schwerin und seiner Familie genutzt, die 1654 die Stadt Altlandsberg kaufte. 1662 entstand unmittelbar neben der Stadtkirche der Neubau einer Schlosskirche als barocker Saalbau auf quadratischem Grundriss mit nordseitigem Turm. Sie fiel 1757 zusammen mit dem Schloss einem Großbrand zum Opfer, wurde aber 1766/68 an alter Stelle wieder aufgebaut.Hervorzuheben ist der Bau der Georgenkirche 1696 in Bad Freienwalde. Dieser barocke Fachwerkbau des Magdeburger Baumeisters Nugelahn konnte hier die Idee des Kreuzbaus, wie sie von dem niederländischen Baumeister Cornelis Ryckwaert entwickelt wurde, verwirklichen.

Zu Neubauten von Stadtkirchen kam es erst um die Mitte des 18. Jahrhunderts. So entstand 1735/38 ein barocker Kirchenneubau in Joachimsthal, der leider 1814 bei einem Stadtbrand völlig vernichtet wurde. 1737 erfolgte ein Kirchenneubau in Templin, von außen ein barocker Putzbau, unter der Leitung von Bauinspektor Karl Samuel Schmidt aus Berlin, der auch den Bau des hübschen Templiner Rathauses leitete.


Berlischky-Pavillon Schwedt
Foto: W. Ebert

1764/67 kam es nach dem Stadtbrand zum Neubau der Biesenthaler Stadtkirche, ein verputzter barocker Saalbau mit eingezogenem Chor unter Verwendung von Resten des früheren Feldsteinbaus.Für die Hugenotten wurde 1777 von Landbaumeister Georg Wilhelm Berlischky eine barocke Kirche in Schwedt gebaut - heute Berlischky-Pavillon genannt.

Auffällig ist in vielen Stadtkirchen der verstärkte Einbau von Emporen, auch Chöre genannt. Von Anfang des 17. bis Mitte des 18. Jahrhunderts entstanden 18 Chöre in Eberswalde. Neben dem Ratschor und dem Soldatenchor gab es unter anderem einen Hammerchor, einen Kupferhammerchor, einen Tuchmacherchor, einen Lohgerberchor und den Chor der Ruhlaer Messerschmiede. Sie spiegelten die soziale Struktur dieser Zeit von Eberswalde und dem aufblühenden Industriezentrum des Finowtal wieder. Leider blieben diese Emporen nicht erhalten.

Während in den Dorfkirchen der Uckermark und des Barnim ein "bäuerlicher" Barock verstärkt Einzug mit Kanzelaltären, neuem Gestühl und Taufengeln hielt, ist dieser Überschwang in den Stadtkirchen nicht zu beobachten. Natürlich hielt der Barock als Stilrichtung auch hier Einzug - da und dort wurde die Innenausstattung ausgewechselt oder ergänzt. So wurde die Stadtkirche Lychen 1698 nach einem Stadtbrand barock neu ausgestattet. Bereits Mitte des 17. Jahrhunderts erhielt Strausberg eine barocke Kanzel ebenso die Marienkirche in Bernau 1681. Die Stadtkirche Brüssow erwarb 1714 einen barocken Kanzelaltar mit reichem Dekor von Rosenberger aus Stettin.


Wagner-Orgel in St. Marien Angermünde
Foto: W. Ebert

Mit Kurfürst Friedrich III., der sich 1701 zum König in Preußen erhob, gab es eine gewisse Ausstrahlung der höfischen Kunst auf die Innenausstattung der Stadtkirchen. Führender Künstler und Baumeister war Andreas Schlüter (1660 - 1714). Er wurde 1694 Hofbildhauer in brandenburgischen Diensten und erlangte Berühmtheit mit seiner Arbeit am Berliner Barockschloss. Sein Stil hatte auch auf die Region der Eiszeitstrasse über seinen Schüler Johann Georg Glume (1679 -1765) Einfluss, der die Prospekte für die barocken Orgeln des berühmten Berliner Orgelbauers Joachim Wagner (1690 - 1749) fertigte. Wagner, ein Schüler Gottfried Silbermanns, baute 1742/44 die Orgel für die Marienkirche Angermünde. Er gilt als Nestor des barocken Orgelbaus in der Mark Brandenburg. Ebenfalls von Wagner stammte 1728 die erste Orgel in der Stadtkirche von Bad Freienwalde - leider ist davon heute nur noch der Orgelprospekt erhalten.

Auch Grabdenkmäler und Epitaphien erleben in dieser Zeit einen Aufschwung. Sie wurden von Glume selbst gestaltet oder von ihm beeinflusst. Für die Kirche Maria auf dem Berge in Boitzenburg gestaltete Johann Georg Glume (oder sein Sohn) das Standbild für den Staats- und Kriegsrat Georg Dietloff von Arnim (1679 - 1753). Die ausladende Größe der Pfarrkirche Boitzenburg verdankt sie dem Patronat der Familie von Arnim, die sie im 18. und 19. Jahrhundert ausbaute und ihr städtischen Charakter gab.
Qualitätsvolle Epitaphien im Stile des Barock oder Rokoko sind auch in der Stadtkirche Bad Freienwalde zu sehen - gestiftet von dankbaren und betuchten Kurgästen dieser Stadt.

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© Märkische Eiszeitstraße, M. Klebert, 2006