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Stadtkirchen im Bereich der Märkischen Eiszeitstraße

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Städtegründungen und Gründungsbauten der Stadtkirchen

Die Gründung der Stadtkirchen ist eingeschlossen in die Ostkolonisation des 13. Jahrhunderts. Sie war Bestandteil der planmäßig angelegten Siedlungen im Zuge der Landerschließung. Grundsätzlich waren die Markgrafen die Eigentümer der neu eroberten Gebiete - sie vergaben hier Rechte und Lehen. Ihre Städtegründungen erfolgten nach deutschem Recht, zumeist in einer Form des Magdeburger Rechts, wonach jeder Bürger persönlich frei und ungebunden war und jede Stadt Selbstverwaltungsrecht erhielt. Zur wirtschaftlichen Förderung gewährten die Landesherren den Städten zahlreiche Privilegien, beispielsweise Zollfreiheit in der gesamten Mark, und verzichteten in den ersten Jahren auf Abgaben. Das Gebiet der Märkischen Eiszeitstrasse widerspiegelt den Eroberungsvorgang der Askanier über den Barnim und die Uckermark. Vornehmlich Johann I. (1220 - 1266) und Otto III. (1220 - 1267) gelten als Städtegründer. Der Nordosten der Uckermark stand unter pommerscher Herrschaft, die ebenfalls deutsch besiedelte. 1235 stellte Herzog Barnim I. von Pommern-Stettin die Gründungsurkunde von Prenzlau aus. Es folgten weitere Städte nach diesem Vorbild. So wurde auch Gartz privilegiert. Im Vertrag von Landin traten jedoch die Pommernherzöge 1250 auch diesen Teil der Uckermark zeitweilig an die Askanier ab.

Zeugen des bestechend planerischen Vorgehens sind die Gründungsstädte, wie sie oft als Stadtkern noch heute erhalten sind. Hier wurden entwickeltere Formen des Feudalismus aus Westeuropa übertragen, zu denen die Stadt als wirtschaftlich autarke Institution gehörte. Die Städte waren wirtschaftlicher Mittelpunkt einer Region als Gewerbezentren und Markt für den Austausch landwirtschaftlicher Produkte aus den umliegenden Dörfern.
Die territoriale Lage der Städte im Nordosten Brandenburgs ergab sich vornehmlich aus den Knotenpunkten der mittelalterlichen Handelswege. So war Prenzlau ein Verkehrsknotenpunkt an der Fernhandelsstrasse von Magdeburg nach Stettin an einem der Uckerübergänge. Die bis zum Oderhaff schiffbare Ucker machte die Stadt auch unabhängig von der Hafenstadt Stettin.
Ähnlich verhielt es sich mit der Stadt Wriezen, die an der der Alten Oder lag. Hier kreuzte die "via vetus", von Köpenick über Strausberg kommend, die "via regia".

Templiner Stadtmauer
Foto: W. Ebert

Städtepolitik war auch Machtpolitik. Die Städtegründungen hatten neben einer wirtschaftlichen auch eine militärische Bedeutung. Die Städte kontrollierten und schützten an Übergängen und Furten die Fernhandelswege zu Lande und auf dem Wasser. Hier wurden nicht nur Zölle erhoben, sondern auch feindliche Heere aufgehalten. Einige städtische Siedlungen der Region entstanden deshalb an landesherrlichen Burgen wie in Oderberg, Angermünde oder Eberswalde. Andere Städte lagen an Heerstrassen, so Bernau als wichtiger Etappenort auf dem Weg über den Barnim, der von Spandau nach Eberswalde und Oderberg führte. Vielerorts verschwanden bald die Burgen und die Städte übernahmen die Schutzfunktion der jeweils wichtigen strategischen Stelle. So kam es zum Bau von massiven Verteidigungsanlagen, die noch heute in Templin, Bernau und anderswo zu bestaunen sind.

Die Mehrheit der Städte wurde planmäßig angelegt, wie die historischen Stadtgrundrisse mit ihren regelmäßigen rechtwinklig geführten Strassen belegen.So wurden die Städte Angermünde, Altlandsberg, Bernau, Eberswalde, Gartz, Lychen Prenzlau, Strasburg, Templin oder Wriezen in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts planmäßig gegründet. Ihre Topographie dokumentiert noch heute den typischen Charakter der Städte des Kolonisationsgebietes. Sie hatten von Anbeginn eine Kirche und einen Kirchplatz. Der Bau der ersten Stadtkirchen fiel also unmittelbar zusammen mit den Städtegründungen.
Die unregelmäßigen Stadtgrundrisse von Bad Freienwalde, Joachimsthal, Müncheberg und Oderberg zeigen hingegen, dass diese Städte "aus wilder Wurzel" gewachsen, also nicht planmäßig angelegt sind und ein Frühstadium der Städtebildung ausmachen. Ihre ersten Stadtkirchen wurden entweder noch früher gebaut oder viel später.


Spätromanische Arkaden der Stadtkirche
Strausberg, Foto: Katja Klebert

Der auf Zweck und Nutzen beschränkte bauliche Aufwand der Gebäude dieser städtischen Siedlungen unterschied sie zunächst nicht von dörflichen, so im Wesentlichen auch nicht deren erste Stadtkirchen. Aber umgekehrt lassen die Größenbestimmung und die Form der Kirchen erkennen, ob früher hier eine Stadt vorhanden oder geplant war. So ist die Größe der Pfarrkirche von Fürstenwerder in der Uckermark ein Beleg dafür, dass hier ursprünglich eine Stadt angelegt war, deren städtischer Status später verloren ging. An der Größe der Basiliken von Hohenfinow und Falkenhagen auf dem Barnim ist wiederum abzulesen, dass sie für eine geplante Stadt gedacht waren, die aber nicht ausgeführt wurde.

Nachweislich wurde die Mehrheit der ersten Stadtkirchen in der Gegend der Märkischen Eiszeitstrasse als Feldsteinbau errichtet. Steine, die die Eiszeit brachte, dienten in der gesamten Region als Baumaterial und sind zugleich Symbolik dieser Landschaft. Fast unverändert blieben die Gründungsbauten aus Feldsteinquadern in Altlandsberg, Brüssow, Strausberg und in Lychen sowie in Fürstenwerder. Besonders die Pfeilerbasilika in Strausberg vermittelt noch heute den Charakter der Bauten aus der Zeit der Städtebildung.


Westturm der St.
Marienkirche
Angermünde
Foto: Konrad Klebert

Auch der Unterbau beider Türme der hochgotischen Marienkirche in Prenzlau besteht bis in das vierte Geschoss aus Feldsteinquadern. Desgleichen wurden die Ordenskirchen St. Jakobi,St. Nikolai und St. Sabinien sowie die Franziskanerkirche in Prenzlau aus Feldsteinen erbaut. Reste des mittelalterlichen Feldsteinbaus zeigt auch die Stadtkirche in Biesenthal.
Bei einigen Kirchen blieb nur der wehrhaft wirkende Turm erhalten. Ein solcher archaisch wirkende Turm ist noch heute der weithin sichtbare Kirchturm von St. Marien in Angermünde - ein mächtiger, ungegliederter querrechteckiger Baukörper mit schmalen Lichtschlitzen. Er erscheint wie der Bergfried einer Burg. Als Zeichen markgräflicher Landnahme und Stadtherrschaft der Askanier war er Symbol ihrer Macht. Ob er die Funktion der Wehrhaftigkeit einer Burg tatsächlich ausübte, ist nicht belegt. Aber um so zu scheinen, musste er jedoch diese Funktion der Möglichkeit nach auch besitzen, unabhängig davon, ob er tatsächlich so genutzt wurde!

Die prosperierende Entwicklung der Städte führte dazu, dass in der Folgezeit an den Kirchen beständig gebaut wurde. Dabei bevorzugte man den Backstein als Baumaterial, der als wertvoller erachtet wurde als der Feldstein. Einige der Ursprungsbauten wurden bewusst abgerissen und durch Backsteinbauten ersetzt, andere wurden angebaut und überformt.

Ausstattungsstücke aus der Gründungzeit sind in den Stadtkirchen der Region nur wenige anzutreffen. Sehenswert ist der romanische Taufstein in der Nikolaikirche von Bad Freienwalde. Reste spätromanischer Putzritzzeichnungen zieren die Stadtkirche Altlandsberg. Auch eine der ältesten Glocken der Region ist hier erhalten - sie wurde um 1300 oder früher gegossen. Nennenswert ist die Bronzefünte in der Maria-Magdalenen-Kirche in Eberswalde. Das darauf sichtbare Adlerwappenschild kennzeichnet die Kirche als markgräflich protegiert.


Terrakottareliefs an den Portalen der Maria-Magdalenen-Kirche
Eberswalde, Foto: W. Ebert

An dieser Kirche finden sich auch die einzigen figürlichen Darstellungen aus dieser Zeit: die einmaligen Terrakottareliefs an den Portalen vom Ende des 13. Jahrhunderts. Sie erinnern an den Christuszyklus und die Jungfrauenthematik des Magdeburger Doms.

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© Märkische Eiszeitstraße, M. Klebert, 2006