< style type="text/css">li { font-size:8pt; line-height:10pt;}

Mittelalterliche Klöster im Gebiet der Märkischen Eiszeitstraße

 

Vorwort |Klostergründungen |Politische Funktionen |Wirtschaftliche Funktionen|Kulturelle Funktionen |Besonderheiten der Nonnenklöster |Backsteingotik und Ordensregeln |Klosterbauhütten und Backstein als Baumaterial |Niedergang der Klöster und Reformation |


Klosterbauhütten und Backstein

Für den Bau der Klöster im Nordosten Brandenburgs können Bauhütten angenommen werden, auch wenn darüber keineschriftlichen Aufzeichnungen existieren. Die Geheimnisse der Baukunst waren im Mittelalter geschützt und wurden nurmündlich weitergereicht. Die baulichen Gegebenheiten lassen jedoch ein gemeinschaftliches, arbeitsteilig organisiertesWirken von Bauleuten erkennen. Die Bauorganisation und die beispielhafte handwerkliche Ausführung konnten nur von einemUnternehmen garantiert werden, das mit der Bautechnik wohlvertraut war. Wie der mittelalterlicheBaubetrieb funktionierte, kann über Vergleiche zu anderen sakralen Bauten vorgestellt werden. Danach war diemittelalterliche Bauhütte ein Werkstattverband aller an einem Bau Beschäftigten. Er war nicht ortsgebunden wie dieHandwerkerzünfte, sondern an den konkreten Bau gebunden. Die Arbeit und das Zusammenleben wurden nach Hüttenordnungengeregelt. Sie sind in der "Regensburger Ordnung" von 1459 und in der "Straßburger Ordnung" von 1464 erhalten.

Die Klosterbauhütten hatten das Programm des jeweiligen Ordens in der Architektur umzusetzen. Alle Entscheidungs- undMachtbefugnisse blieben immer in den Händen des Klosters, auch wenn für die Klöster in Pelitzwerder oder Chorin dieLandesherren offensichtlich ihre Interessen durchsetzten. Während die Zisterzienser zunächst Mönche als Baupräfekteneinsetzten, waren die Steinmetzen, Ziegelbrenner, Maurer, Zimmerleute oder Glaser zumeist Laienbrüder. Als Mitgliederdes Klosters waren sie nicht der weltlichen Justiz unterstellt, sondern der Gerichtsbarkeit der Bauhütte. 1157 verbotdas Generalkapitel der Zisterzienser die Arbeit der am Klosterbau tätigen Konversen für weltliche Auftraggeber.
Die Klosterkirchen der Region entstanden zumeist über einen längeren Zeitraum. Die Bauzeiten betrugen etwa 70 Jahre, so fürdie Dominikaner-Klosterkirche in Prenzlau vom Baubeginn 1275 bis zur Weihe 1343. Die Bauzeit von Kloster Chorin von etwa30 Jahren ist im Verhältnis dazu recht kurz und zeugt von der hohen Leistungsfähigkeit der hier tätigen Bauhütte. In derRegel wurden die großen Klosterkirchen in mehreren Bauphasen errichtet. Sie sind sehr gut zu erkennen an der AngermünderFranziskanerkirche oder an der "Baunaht" des Klosters in Chorin.

Als magister operis (Baumeister) des Klosters Chorin nennt eine Urkunde Conradus de Lenin, dem auch die Vollendung des Westteilsvon Kloster Lehnin zugeschrieben wird. Der Wirkungskreis der Choriner Bauhütte ist weitreichend. So ist ihr Einfluss aufdie Klosterkirche der Franziskaner in Angermünde, die Stadtkirche St. Maria-Magdalena zu Eberswalde oder das NonnenklosterBoitzenburg offensichtlich. Elemente der Architektur, die großen Formate der Backsteine, Fenstermaßwerk, Formsteingewändeoder Friese legen nahe, dass auf den Baustellen die Spezialisten des Choriner Baubetriebs oder deren "Erfahrungsträger"tätig waren .

Auch die Prämonstratenser beschäftigten mit großer Wahrscheinlichkeit eigene Bauhütten. Der Ostbau der Stiftskirche in Gramzowstand unter dem Einfluss ihrer Bauhütte vom Harlungerberg bei Brandenburg. An dem einmaligen Westbau, wie er noch heute alsRuine zu bewundern ist, äußert sich jedoch die Handschrift einer eigenen Bauhütte. Auch gibt es sichtbare Merkmale, dassdie Chorherren von Gramzow den Kirchenbau in einigen Dörfern des Uckerlandes beeinflussten, so in Briest, Lützlow oder inHohengüstow.


Kirche in Briest.
Foto: K. Klebert

Bewundernswert sind die bautechnischen Leistungen des mittelalterlichen Klosterbaus. Der magister operis hatte die Funktioneines Architekten und Bauleiters: er gestaltete den Entwurf, verantwortete die Bauplanung hinsichtlich Arbeitskräfte,Material und Werkzeuge, fertigte die Formen (Schablonen) für die Profile der Werkstücke an, kontrollierte die Qualität dergebrannten Steine und leitete die Ausführung des Baus.
Von allen Bauleuten war harte körperliche Arbeit zu leisten. Als Hebezeuge dienten nur Seilrolle und Winde. Auf der Baustellewurden Ziegel und Mörtel in Körben, flachen Mulden, kleinen Holzfässern oder auf Brettern getragen. Zur Überwindung vonHöhenunterschieden wurden Gerüstrampen und Leitern eingesetzt. Auch wurde mit Stangengerüsten gearbeitet, die an derbereits errichteten Mauer angebracht wurden.

Mauerwerksöffnungen für die Riegel des Stangengerüstes am Langhausder Klosterkirche Chorin
Foto: H. Domnick

Die Arbeit mit Backstein brachte Vorteile. Im Unterschied zum Naturstein ließ er sich vielfältiger und leichter formen, und erkonnte in unmittelbarer Nähe der Baustelle hergestellt werden. Mithilfe seriell vorgefertigter gebrannter Formsteine warenvielfältige Bauvarianten möglich. Für das Kloster Chorin wurden über 15 verschiedene Formsteine benötigt. Vor allem dieTechnik der Kreuzrippenwölbung verlangte Rippensteine unterschiedlicher Form und Größe. Um Zierformen zu gestalten, wurdenimmer reichere Profile entwickelt, so für das Maßwerk der Fenster oder die Gewände der Pforten. Aus Backstein entstandenauch Rundstäbe, Rundbogenfriese und Gesimse. Die kelchartigen Konsolen sowie die geschmückten Kapitelle wurden alsRohlinge gepresst und in angetrocknetem Zustand bearbeitet.

Zur Herstellung der "gebackenen Steine" bedurfte es Ton oder Lehm, Sand und Wasser, Luft und Feuer. Als Hinterlassenschaft derEiszeit wurde Ton in erreichbarer Nähe in Tongruben abgebaut. Die Ablagerungen in Eisrandlage stellten sich als Bändertoneund -schluffe dar. Bekannt sind Lagerstätten in der Nähe von Bad Freienwalde, am Werbellinsee und in Wesow bei Angermündesowie in der Gemarkung Seelübbe. Die Steinfarben am Kloster Chorin - rot, fleischfarben und gelb - lassen aufverschiedene Lagerstätten schließen, deren Material unterschiedliche mineralische Zusammensetzungen hatte. Sie müsstensich in unmittelbarer Nähe des Klosters befunden haben, sodass die Herstellung von Backsteinen unmittelbar am Bau möglichwar. Der Werkplatz für Chorin wurde unter dem Brau- und Backhaus des Klosters geordet.

Für die Herstellung der Rohlinge und für den Brand der Backsteine war eine hohe Kunstfertigkeit erforderlich. Ton undLehm wurden im Herbst in Gruben eingesumpft und zum Durchfrieren über den Winter dort belassen. Auf diese elementare Weisekonnten Gips- und Kalkbeimengungen ausgeschieden werden, die sonst den Stein unbrauchbar gemacht hätten. Im Frühlingwurde das Material mit Zuschlagstoffen versetzt, so mit Sand bei fettem Ton, um Risse oder Verwerfungen beim Trocknenzu vermeiden. Unter Zufügung von Wasser konnte das Material wie Teig geknetet werden. Um es zu verdichten, wurde es mitWucht in die Holzformen geworfen und an der freien Oberfläche mit einem Reibebrett oder mit der Hand abgezogen. Danachwurde die geformte Masse ebenerdig auf einem mit Sand bestreuten Trockenplatz gestürzt und getrocknet. Nach etwa einem Tag waren die Rohlinge soweit angetrocknet, dass sie weiter bearbeitet werden konnten. Nach ihrer endgültigen Formung erfolgte die Trocknungin 1 - 2 Monaten, zumeist in einem Schuppen. Danach wurden sie in kleinen Feldbrandöfen in der Nähe der Baustelle gebrannt.Holz oder Torf dienten als Brennmaterial. Zunächst wurde etwa 8 Tage ein nur mäßiges Feuer und danach 4 bis 5 Tage einegroße Hitze erzeugt. Erst nach einer 5 Wochen dauernden Abkühlung bei Abdeckung aus Rasenstücken konnte der Ofen geöffnetwerden.

 

nach oben

© Märkische Eiszeitstraße, M. Klebert, 2008

 

weiter