Niederer Barnim
Der Niedere Barnim ist trotz geringer Reliefintensität eine sehr abwechslungsreiche und reizvolle Landschaft.
Bisher nahm man an,dass die Landschaft vorwiegend durch die Rückzugsstaffel der Frankfurter Eisrandlage geprägt worden sei. Der Geologe Dr. P. Gärtner kam bei seinen Untersuchungen der Frankfurter Eisrandlage aber zu dem Schluß, daß die Endmoräne dieser Eisrandlage im Barnim nur wenig ausgeprägt ist und sich nicht lückenlos im Barnim nachweisen läßt. Die Erhebungen scheinen vielmehr auf Ablagerungen der Saale-Kalatzeit zurückzufühen sein.
Der Niedere oder Westbarnim liegt eingebettet in zwei Urstromtäler, dem Berliner und dem Eberswalder. Im Warschau- Berliner Urstromtal strebten vor etwa 18 400 Jahren die Schmelzwässer der Frankfurter Eisrandlage entlang des Südabhanges des Barnimplateaus nach Westen zur Nordsee. Heute kennzeichnen noch der Oder-Spree-Kanal und die Spree den Verlauf dieses Schmelzwassertales. Die Gletscherwässer der Pommerschen Eisrandlage flossen zumeist über das Berliner Urstromtal ab. Das Thorn-Eberswalder Urstromtal bildete sich erst 3 600 Jahre später, als die Gletscher der Angermünder Staffel abtauten und sich die Wässer über das Choriner Gletscherwassertor einen neuen Abfluß zur Nordsee suchten. In diesem Urstromtal befindet sich heute der Oder-Havel-Kanal.
Zwischen Rüdnitz und Lobetal tritt der Endmoränenzug der Frankfurter Staffel, der hier mit dem Kuhberg immerhin 85 Meter Höhe erreicht, in den Niederen Barnim ein und bildet eine sich bis nach Prenden im Norden und Wandlitz im Westen hinziehende hügelige Wald- und Seenlandschaft. In der Endmoräne fällt am Obersee eine tiefe Rinne auf, die mit der von Südosten heranziehenden Furche des Hellsees und der von Norden ihr zustrebenden Krummen Lanke in Verbindung steht. In diesem Gelände, beginnend am Obersee (heutige Autobahnbrücke) bis zum Beginn des Liepnitzsee, befand sich zur Zeit des Abtauens des Eises ein riesiges Gletschertor. Das Schmelzwasser floß unter dem Eis ab und bildete bei Ützdorf eine große höhlenartige Öffnung. Der nicht gefrorene Untergrund wurde mit dem Wasser fortgerissen.
Das Ützdorfer Gletschertor ist besonders ausgeprägt und heute als geschützter Geotop ausgewiesen. Diesem einstigen Gletschertor schließt sich unmittelbar der Liepnitzsee an. Inmitten des Sees liegt der 22 Meter über den Seespiegel ansteigende "Große Werder". Die Längsinsel ist der Rest eines Endmoränenhügels. Das 27 Meter tiefe Liepnitzbett, welches sich in Form einer Doppelrinne ausbildete, entstand durch die Gletscherwässer. Der Liepnitzsee ist somit ein Doppel-Rinnensee. Nordwestlich des Sees vermitteln die "Drei heiligen Pfühle" und einige Wiesenmulden den Übergang zum Wandlitzsee. Von hier aus geht die Seenrinne weiter über den Rahmer See und den flachen, größtenteils vermoorten Lubowsee in das Briesetal, welches in die Havel mündet.
Diese einheitliche Abflußsituation des Schmelzwassers änderte sich nach dem Austauen des Eises grundsätzlich. Heute liegt zwischen dem Wandlitz- und dem Liepnitzsee eine Wasserscheide die den Wandlitzsee über den Rahmer See, den Lubowsee und die Briese in die Havel und damit in die Nordsee entwässert, während das Wasser des Liepnitzsees über den Ober- und Hellsee und die Finow in die Oder und damit in die Ostsee fließt. Ursache dieses Fließverhaltens ist ein Höhenrücken zwischen Wandlitz- und Liepnitzsee. Zur dessen Entstehung gibt es verschiedene Hypothesen. Heute führt man allgemein die Trennung der einstigen Abflußrinne auf das Fehlen von Toteis im Talsand westlich der "Drei heiligen Pfühle" zurück. Das Gelände verblieb damit in seiner ursprünglichen Lage, während die davor bzw. dahinter liegenden von Toteis unterlagerten Talsandflächen nach Austauen desselben zusammensackten.
Von Wandlitz bis Schmachtenhagen ist die Endmoräne als solche wenig ausgeprägt. Die Landschaft ist ziemlich flach und der Boden teils lehmig, teils sandig. Doch kommen auf den Äckern bei Wandlitz, Stolzenhagen und Zehlendorf noch ziemlich viele große Findlinge vor.
Der sagenhafte Riesenblock, den der Teufel über den Wandlitzsee geworfen haben soll, existiert allerdings nicht mehr, aber ein stattlicher Granitfindling steht jetzt vor dem Maschinenhaus der Funkanlage bei Zehlendorf. Bei Klosterfelde geht die flache Endmoräne in eine Talsandebene über. Das Gelände wird überwiegend landwirt- schaftlich genutzt.
Beim Abschmelzen der Gletscher der Brandenburger Eisrandlage überschwemm- ten die abfließenden Wässer, die mächtige Sandmassen mit sich führten, eine Fläche, welche sich westlich der Endmoräne von Ladeburg bis Bernau-Waldsiedlung über die Bernauer und die Oranienburger Heide bis an die Havelniederung hin erstreckt. Es entstand eine große Sanderebene, die später an vielen Stellen von Dünensanden überweht wurde. Die Dünen können, wie in der Oranienburger Heide mit dem Auerhahnberg, Höhen von 69 Metern ü. NN erreichen.
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