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Steinabbau

Blöcke und Steine als kaltzeitliche Geschiebe sind seit Jahrhunderten ein traditionelles und wichtiges Baumaterial in Norddeutschland. Die massenhafte Nutzung von Feldsteinen begann im 13./14. Jahrhundert. Die Städte und Dörfer verbauten große Mengen in Wehr-, Sakral-, Wirtschafts- und Fundamentbauten.
Bis Mitte des 19. Jahrhunderts wurde der Bedarf an Feldsteinen weitgehend durch Aufarbeiten größerer Findlinge (einschließlich noch vorhandener Großsteingräber!) sowie durch Absammeln oberflächlich anstehender Geschiebe auf den Feldern und im Wald abgedeckt. Als im 19. Jahrhundert der Bedarf enorm anstieg, musste man zum industriemäßigen Abbau der Endmoränen übergehen. Dabei erwies sich die Pommersche Endmoräne zwischen Joachimthal - Althüttendorf und Senftenhütte als besonders reich an Block- und Steinpackungen. Die perlschnurartig zwischen dem Schulsee bei Joachimsthal und Sperlingsherberge nordöstlich von Althüttendorf aneinander gereihten ehemaligen Steingruben markieren den Verlauf der Eisrandlage deutlich im Gelände.


Geologische Karte mit Steinguben im Raum Joachimsthal. (Eintragungen W. Ebert  - Rote Flächen Blockendmoränen)

Im Jahre 1853 entstanden die ersten Steingruben im Raum Grimnitz und Althüttendorf. Neben einigen privaten Unternehmen, die zum Teil ihren Sitz in Berlin hatten, waren es vor allem die örtlichen Forstverwaltungen, die in Zeiten außerhalb des Holzeinschlages, ihre Waldarbeiter zur Steingewinnung einsetzten. Die bedeutendste forstliche Steingrube in der Oberförsterei Grimnitz war die Hagelsberger Grube im Revier Cölln. Sie wurde 1904 eröffnet, um Steine, Kies und Sand für den Ausbau der Waldbahn, der Holzabfuhrwege und der öffentlichen Straßen im Hofjagdgebiet Schorfheide zu gewinnen. Es wurden aber auch Steine verkauft. 1920 waren hier 30 gelernte und 86 ungelernte Arbeiter beschäftigt.
Der größte und bedeutendste private Steinbruchbetrieb gehörte der Familie Baumann in Althüttendorf. Zu diesem Unternehmen gehörten um 1920 die Steingruben "Steinberg" (ehemals Firma Falkenberg) bei Groß-Ziethen, "Willing" in den Ihlowbergen, "Steinecke und Meier" südöstlich von Althüttendorf und die Grube "Amt Grimnitz". Auch die Steingruben in Sperlingsherberge gehörten Baumann. Eine Schienenanlage von über 15 Kilometer Länge verband die Gruben untereinander und mit der Ablage Werbellinsee.
Um den steigenden Bedarf an Siebkies und Schotter, der mit dem Bau von Bahnanlagen entstanden war, abzudecken, ließ Baumann 1910/11 ein mehrstöckiges Schotterwerk am Bahnhof Althüttendorf errichten. 300 Loren mit je zwei Kubikmeter _self transportierten die Steine von der Grube zum Schotterwerk. In diesem für die damalige Zeit modernen Betrieb wurde das Steinmaterial mittels dampfbetriebener Backen- und Kreiselbrecher zerkleinert und durch Trommeln und Siebe in zwei Sorten Schotter, in drei Sorten Splitt und in Sand klassiert. In den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts begann der verstärkte Einsatz moderner Technik im Steinabbau. In der Grube Amt Grimnitz arbeiteten zum Beispiel drei Bagger, teils auf Schwellenrost, teils auf Raupenband, vier Steinbrecher und sieben Lokomotiven. Baumann beschäftigte damals über 200 Arbeiter in seinen Gruben.


Ehem. Schotterwerk der Fa. Baumann

Nach dem zweiten Weltkrieg wurde Baumann enteignet. Das verstaatlichte Schotterwerk stellte zunächst weiter Pflaster- und Sockelsteine sowie Schotter her, später produzierte das Werk bis 1969 vorrangig Splitt für die Betonherstellung. Danach erfolgte eine Umstellung auf den Kiesumschlag aus der nahegelegenen Kiesgrube. 1990 kaufte die Firma Haniel das Werk und betreibt noch heute Kiesabbau in der Grube zwischen Althüttendorf und Groß-Ziethen.
Ein Grubenunternehmen in Familienbesitz war auch das von Karl Schönfeld aus Senftenhütte. Insgesamt hatte er drei Steingruben im Bereich Senftenhütte-Chorin. Infolge nicht mehr rentabler Ausbeute und Absatzprobleme musste er den Betrieb aufgeben. Die Gruben wurden zum größten Teil verfüllt und später als Ackerland genutzt.
Über 100 Jahre wurden im Bereich der Pommerschen Endmoräne Steine gewonnen, verarbeitet und vielseitig eingesetzt. Es war ein für die Region um Joachimsthal wichtiger Industriezweig, der vielen Menschen Arbeit und Brot brachte.
Ein weiteres Zentrum des Steinabbaus lag im Raum Brodowin-Liepe-Oderberg und ein drittes großes Abbaugebiet befand sich im Raum Ringenwalde-Temmen- Milmersdorf-Klosterwalde. Über eine Strecke von 3 km wurde hier eine Lorenbahn von den Judenbergen bis zur Ablage am Ostufer des Labüskesees gebaut. An einer Stelle, in der Nähe der Ruinen von Alt Kölpin, waren die Hänge so steil, dass ein Bahntransport unmöglich war. Diese Höhendifferenz wurde mittels einer Rutsche überwunden. Über diese schüttete man die Steine in eine darunter stehende Lore; und der Transport konnte weitergehen. Die Bahnstrecke war so geschickt konzipiert, dass mit einem minimalen Gefälle die vollen Loren ohne große Zugkräfte bis ans Ziel gelangen konnten.

Der Steinschläger

Im Unterschied zu anderen Gebieten Deutschlands, wo Steinbrüche oft seit langer Zeit ständig in Betrieb waren, erfolgte die Gewinnung von Steinen in der Uckermark bis in das 20. Jahrhundert hinein zumeist als Gelegenheitsarbeit oder Nebenbeschäftigung, die oft von Waldarbeitern oder Bauern ausgeführt wurde. Erst mit dem systematischen Abbau der Blocklagerstätten bildete sich nach und nach der Beruf des Steinschlägers heraus. Man unterschied dabei 3 Kategorien von Steinbrucharbeitern:

 

Die Steinschläger begannen ihr Arbeitsleben oft mit Vollendung des 14. Lebensjahres. Mitte des 19. Jahrhunderts mussten die Arbeiter zwölf Stunden pro Tag (Sonnabend elf Stunden) arbeiten. Eine Ausbildung im heutigen Sinne gab es für die Steinschläger damals noch nicht. Mit der in den Arbeitsjahren steigenden Berufserfahrung qualifizierte sich ein Teil der Arbeiter für höherwertige Tätigkeiten, während andere bei der Abraumbeseitigung, bei der Schotterherstellung oder beim Transport blieben.

Ein rationelles Spalten oder Behauen der harten Feldsteine bedurfte einer großen Erfahrung des Steinschlägers, der den Aufbau des Steines erkennen und sein Werkzeug dann so ansetzen musste, dass eine glatte Spaltfläche entstand. Beim Spalten von Steinen zu ebenmäßig geformten Blöcken war ein besonders hohes Maß an speziellen Kenntnissen und Erfahrungen nötig.

Neben der Berufserfahrung war der Einsatz spezieller Werkzeuge für die einzelnen Arbeiten sehr wichtig. Für die mechanische Bearbeitung von Steinen kamen im Wesentlichen Zweispitze (Picken), Hämmer, Bohrer, Meißel und Keile zur Anwendung. Die Werkzeuge mussten bei regelmäßigem Gebrauch alle drei bis vier Tage geschärft und neu gehärtet werden. Deshalb gehörte zu jedem Steinbruchbetrieb eine Schmiede.

Matthias Schmidt

Bergfrische Steine ließen sich besser bearbeiten als abgelagertes Material. Um gleichzeitig Transportaufwand und -kosten zu minimieren, wurden die Feldsteine schon in den Gruben roh bearbeitet.

Steine, die eine für die spätere Weiterverarbeitung durch Steinmetze geeignete Größe hatten, wurden "bossiert", das heißt größere Unregelmäßigkeiten (die Bossen) mit dem Bossierhammer oder auch mit dem Zweispitz abgeschlagen. Dabei war es wichtig, an jeder Seite des Steines Material in einer Stärke von drei bis vier Zentimeter, den sogenannten Bruchzoll, zum Endmaß zuzurechnen. Dieses Material wurde erst bei der späteren Feinbearbeitung an den Werkplätzen in oder außerhalb der Steingrube entfernt. Man erkennt noch heute in der Grube solche Plätze an den gehäuft vorkommenden Steinsplittern. Größere Findlinge, die sich für die Herstellung von Bordsteinen, Sockel für Denkmäler, Grabsteinen und ähnlichem eigneten, wurden gekeilt. Das Keilen der Steine zur Erzielung ebener Spaltflächen war die komplizierteste Arbeitsweise innerhalb der Steingruben und konnte deshalb nur von den qualifiziertesten Steinschlägern mit langjähriger Berufserfahrung ausgeführt werden.
Umfangreiche Kenntnisse waren bereits erforderlich, um für derartige Zwecke geeignetes, fehlerfreies Material auszuwählen. Die Fehlerfreiheit erkannte ein guter Steinschläger am Klang beim Gegenschlagen mit dem Hammer (Schlägel). Fehlerloses Gestein gibt beim Anschlagen einen hellen, nachhallenden Ton von sich. Bei fehlerbehaftetem Gestein (Lehm- oder Sandeinschlüsse, Risse usw.) erinnert das dann entstehende dumpfe Geräusch an einen gesprungenen Blumentopf oder Tonkrug und ein Nachhall ist nicht zu hören.


Werkzeuge des Steinschlägers (nach Opderbecke und Wittenbecher, 1912)

Bei Fehlerfreiheit musste der Steinschläger mit Augenmaß prüfen, wo und wie der Stein am besten zu trennen ist. Feldsteine sind, ähnlich wie Sandsteine, meist schichtenweise aufgebaut, wobei die Schichtung bei Feldsteinen nur mit geübten Augen zu erkennen ist. Sobald die Spaltrichtung festgestellt war, zeichnete der Steinschläger die künftige Risslinie an.
Fielen große Steine in Massen an oder waren sie im Ergebnis einer Sichtkontrolle für die Verwendung als Baumaterial wenig geeignet, wurden sie mit Schwarzpulver oder Dynamit gesprengt. Neben dem Sprengen konnte man große Gesteinsbrocken durch Einwirkung von Hitze in kleinere Stücke zerlegen. Der Stein wurde durch Entzünden leicht brennbaren Holzes erhitzt und anschließend mit einem großen eisernen Schmiedehammer (Possekel) angeschlagen, wobei er in kleinere Teile zersprang. Das so vorbereitete Material diente überwiegend der Weiterverarbeitung zu Schotter oder zu Pflastersteinen. Vor Inbetriebnahme des Schotterwerkes mussten die Steine manuell mittels Possekel zu Schotter geschlagen werden.


Steinschläger beim Bohren eines
Sprengloches (naach R. Schmidt, 1930)

Für das Bearbeiten der Pflastersteine benutzten die Steinschläger Zweispitz und Bossierhammer oder auch Schlägel und Meißel, wobei die Herstellung gut zugeschlagener Pflastersteine den qualifizierten Arbeitern überlassen wurde.
Mit den vorstehend beschriebenen Tätigkeiten endet das Arbeitsgebiet der Steinschläger. Für die Feinbearbeitung transportierte man die in den Steingruben vorbehandelten Rohsteine zu einem Werkplatz, der sich in der Regel neben einer Baustelle oder dem Wohnhaus des Steinmetzen befand. Dieser brachte die Steine mittels Spezialwerkzeugen in ihre endgültig vorgesehene Form.

Literatur

Endtmann, K.J.u. M.:   Steine in unserer Umgebung. Heimatkalender für
   den Kreis Eberswalde 1988
Meyer, F. S.: Das Steinhauerbuch, Verlag Th. Schäfer, Leipzig 1896
Puls, U. u. K.: Feldstein - ein alter Naturbaustoff. In: Die Mark Brandenburg, Heft 38, Steinreiche
   Mark, Mittelalterliche Feldsteinbauten, 1999/11
Opderbecke, A. u. Wittenbecher, M.: Der Steinmetz, Zweite verbesserte und
     vermehrte Auflage, Verlag von Bernhard Friedrich Voigt, Leipzig 1912
Schmidt, R.: Besuch im Steinbruch. Heimatkalender für den Kreis Angermündc 1930

 

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� Märkische Eiszeitstraße, W. Ebert, 2004