Altes Handwerk

 

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Die ersten Brandenburger Waldglashütten in und um Joachimsthal

Glasherstellung in Brandenburg

Der märkische Sand in Verbindung mit dem Holzreichtum der Wälder waren die entscheidenden Voraussetzungen zur Glasproduktion in Nordostbrandenburg.


Vierkantflaschen - Grimnitz
(Märkisches Museum Berlin)
(aus Friese u. Friese 1992)
Begonnen hat die Glasproduktion vor allem mit der Herstellung der grünen Waldglasgefäße. Waldglashütten sind für Brandenburg für das 16. bis 18. Jahrhundert nachgewiesen. Sie waren eng mit waldreichen Gebieten verbunden.
Dem enormen Holzverbrauch und dem damit verbundenen Raubbau am Walde wurde durch eine königliche Order von 1787 Einhalt geboten. Die Waldglashütten verschwanden und wurden zwischen 1800 und 1865 durch Manufakturen in der Nähe von schiffbaren Wasserläufen und an anderen verkehrsgünstigen Standorten ersetzt. Damit konnten durch Einsatz von Kohle, vorwiegend schlesischer Steinkohle, die verheerenden Holzeinschläge unterbunden werden.

 

Die ersten Herkunftskennzeichen "Made in Brandenburg"

Eine Besonderheit der brandenburgischen Glasproduktion war die auf königliche Verordnung von 1728 zurückgehende Kennzeichnung der gefertigten Glasgefäße mit den von Ton- oder Messingstempeln auf Glastropfen gefertigten Glasmarken. Der Ursprung dieser Glasmarken ging auf Qualitätsmängel bei der Produktion der Glasgefäße zurück. Die geforderten Maßeinheiten, sog. Quart-Bouteillen, wurden oft nicht korrekt eingehalten, so dass mit der Kennzeichnung durch Glasmarken die herstellenden Glashütten ermittelt werden konnten. Die Kennzeichnung erfolgte zuerst mit Wappen. Ab 1733 wurde die Namensgebung der jeweiligen Glashütte gefordert. Seit 1739 war neben dem Namen der Glashütte auch das Jahr der jeweiligen Glasproduktion anzugeben. Zuzüglich enthielten die Glasmarken auch die Initialen der Glasmacher. Damit unterstützte diese Maßnahme gleichzeitig das Erkennen einheimischer Produkte und verhinderte einerseits ungewünschte Importe und andererseits die zollfreie Ausfuhr einheimischer Waren. Schließlich diente sie auch der Lohnabrechnung für die Glasmacher.


Glasmarken aus Grimnitz und Chorin (aus Friese und Friese 1992)
Schon damals wurde bei der Glasproduktion bis zu 1/3 gesammelter Glasbruch verwendet. So konnten FRIESE mit Hilfe der gefundenen Glasmarken die Herkunft des angelieferten Glasbruches aus anderen Hütten nachvollziehen.

 

Die ersten Glashütten in und um Joachimsthal

Die Glasproduktion begann in Brandenburg mit der Kurfürstlichen Grimnitzschen Glashütte im heutigen Joachimsthal. Die erste Glasherstellung wird hier dem Alchimisten und kurfürstlichen Leibarzt L. Thurneysser für die Jahre von 1575 bis 1584 zugeschrieben. 1601 beschloss Kurfürst Joachim Friedrich die Anlage einer neuen Glashütte. Sie stellte ab 1602 kunstvolle farblose Schalen, Pokale, verschiedene Trink- und Scherzgläser her, die z.T. bemalt und graviert wurden. Ein Beispiel für die beeindruckende Qualität veranschaulicht ein Pokal, der im Grünen Gewölbe in Dresden erhalten ist.


Pokal - Grimnitz 1602
(Grünes Gewölbe
Dresden) (aus Friese
und Friese 1992)

In einem 1603 gesondert errichtetem Hüttengebäude, der sog. Grünen Hütte fertigte man einfache grüne Gebrauchsgläser (Waldglas), z.B. Trinkgläser und Flaschen, aber auch Tafelglas für Fensterscheiben. Die neuen Hütten - zumindert die Grüne Hütte - standen gegenüber dem Platz vor dem heutigen Joachimsthaler Rathaus. Wegen der erheblichen Waldvernichtung wurde 1607 die Hütte nach Marienwalde in der Neumark verlegt. An der Stelle, "wo ehedem die Werkstätten und Wohnhüttten der Arbeiter standen ..., die Glas verfertigten", wurde 1607 das bekannte Joachimsthalsche Gymnasium gegründet (Festrede des Rektors zur Hundertjahrfeier).

Die vierte Grimnitzsche Hütte wurde erst nach dem 30jährigen Krieg, der der Uckermark unsägliches Leid brachte, in Althüttendorf erbaut. Ihr Standort ist am Südhang des heutigen Friedhofs durch Funde von Scherben und Schlacke nachgewiesen. Sie wurde 1653 durch den kurfürstlichen Oberjägermeister Gerhart von Hertefeld als Amtmann von Liebenwalde eingerichtet und durch den Alt Grimnitzer Braukrüger und Zollverwalter Gabriel Supe als "Glasschreiber" (seit 1656) verwaltet. Aus Hessen und Böhmen herangezogene Glasmacher stellten ab 1656 einfaches Trinkgeschirr und Fensterglas her. Schwedische Truppen zerstörten die Hütte während ihrer Invasion 1674 /75.
Über den folgenden Zeitraum der Grimnitzer Glasherstellung gibt es unterschiedliche Darstellungen hinsichtlich der Zahl (2 oder 3 weitere Hütten) und in Bezug auf den Standort.
Wir folgen hier den Veröffentlichungen des Buches "Um Eberswalde, Chorin und den Werbellinsee" des Böhlau-Verlages.
Danach ließ der kurfürstliche Verwalter, der Glasschreiber Gabriel Supe, 1682 die fünfte Grimnitzer Glashütte 2 km nördlich von Althüttendorf, im heutigen Neugrimnitz, errichten. Damit rückte die Produktionsstätte erneut dem durch Rodung verdrängten Wald nach. 1684 bis 1700 pachtete Supe den Betrieb selbst, aber erst sein Nachfolger und Schwiegersohn Georg Krause erbaute sich neben der Hütte ab 1705 nacheinander Wohn-, Brau- und Backhaus sowie Ställe und Scheunen zur Bewirtschaftung der geräumten Felder.
Eine 1702 beabsichtigte erneute Verlegung der inzwischen baufälligen, aber immer wieder reparierten Hütte nach Grumsin unterblieb. Erst 1745 entstand wenige Meter neben der bisherigen die sechste Grimnitzer Hütte. Sie stellt bis zu ihrer Auflösung 1792 ausschließlich grüne Hohlgläser, darunter mit einfacher Emailmalerei in volkstümlicher Art verzierte Schnaps-, Schnupftabak- und Apothekerflaschen sowie Trinkgläser und Fensterglas her.

Die Grimnitzer Glashütten
I.  Glashütte Grimnitz 1575 - 1584
II.  Glashütte Grimnitz 1601 - 1604
III.  Glashütte Grimnitz 1603 - 1607
IV.  Glashütte Althüttendorf 1653 - 1675
V.  Glashütte Neugrimnitz 1682 - 1745
VI.  Glashütte Neugrimnitz 1745 - 1792

Aus der unmittelbaren Umgebung von Grimnitz sind unbedingt auch die königlichen Glashütten in Chorin zu nennen. Deren erster Standort war das heutige Senftenhütte (von 1706 bis 1746). Der spätere Standort war in der Nähe des Ortsteiles Amt Chorin (von 1747 bis 1772).
Weitere wichtige Hütten befanden sich in Dölln (von 1726 bis 1744) und in Annenwalde (von 1755 bis 1865).


Glasofenmodell in
Neugrimnitz (Förderverein
Grimnitzer Glashütten e.V.)
Foto: W. Ebert

Anknüpfend an die alte Tradition wurde 2003 vom Förderverein "Grimnitzer Glashütten — Kultur- und Kommunikationsforum Schorfheide e.V." ein Glasofenmodell an historischer Stelle rekonstruiert. Der Aufbau weiterer Glasöfen ist an den historischen Standorten vorgesehen.


Glasofenmodell in Neugrimnitz

Literatur:
 • Autorenkollektiv (2002): Um Eberswalde, Chorin und den Werbellinsee. Landschaften in Deutschland - Werte der Deutschen Heimat, Band 64, Böhlau-Verlag, Köln, 2002
 • Friese, G. und K. Friese (1992): Glashütten in Brandenburg. Die Geschichte der Glashütten vom 16. bis zum 20. Jahrhundert mit einem Katalog ihrer Marken. Heimatkundliche Beiträge Heft 1 /1992 Hrsg.: Stadt und Kreismuseum Eberswalde - Finow, 95 S.
 

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