Die einstige "Halbinsel" Neuenhagen, auch Neuenhagener Sporn genannt, der durch Ablagerungen aller drei Kaltzeiten entstanden war, wurde von der Oder westseitig umflossen. Bis zum Durchstich des Sporns und dem Entstehen eines neuen Oderbettes im Jahre 1753, gehörte das Gebiet um Neuenhagen zur Neumark, wie "das Land jenseits der Oder" seit 1397 genannt wurde. Folgerichtig kam es danach zur Mittelmark und wurde dem Landkreis Oberbarnim zugeordnet. Die nördlich von Neuenhagen liegenden Orte Oderberg und Hohensaaten waren dem Kreis Angermünde und damit der Uckermark zugehörig.
Die Dörfer der späteren "Neuenhagener Oderinsel" (kurz auch nur Insel genannt) haben eine weitgehend gemeinsame Geschichte und wirtschaftliche Entwicklung, so dass diese hier zusammenfassend dargestellt werden sollen.
Wie Funde beweisen, war das Gebiet um Neuenhagen bereits während der Bronzezeit (3500-2700 vor heute) besiedelt. Während der römischen Kaiserzeit (0 - 375 u. Z.) lebten hier Germanen, vermutlich Burgunden. Sie wurden nach ihrer Abwanderung im 6. Jahrhundert von Slawen abgelöst.
Erwähnung fanden die Dörfer um Neuenhagen erstmals 1337 im Landbuch der Neumark.
Sie sollen damals Nicolaus Witte aus dem Burgmannengeschlecht von Zehden gehört haben. Andere Quellen nennen einen Ritter Nicolaus Albus, der auf seiner Vogtei in Neuenhagen gesessen haben soll. Den Wittes folgten die Brederlows und 1350 die Ritterfamilie von Mörner, die ihren Stammsitz in Mohrin hatte, die allerdings wohl nur Lehensverwalter, vielleicht für einen noch unmündigen Uchtenhagen, waren. Aus alten Schriften geht hervor, dass die Familie von Uchtenhagen schon seit 1333 Besitzungen in diesem Gebiet hatte. Wann genau die von Uchtenhagen das Neuenhagener Lehen antraten, ist nicht bekannt. Belegbar ist, dass 1480 Caspar von Uchtenhagen und sein Neffe in Neuenhagen lebten. Noch um 1575 ließen sie den Neuenhagener Herrensitz zu einem sogenannten "Festen Haus" umbauen, dessen Hauptbau noch heute steht. Nur drei Jahrzehnte später aber verkaufte der letzte Erbherr auf Freienwalde und Neuenhagen 1604 seine neumärkischen Besitzungen für 25 000 Taler an den Kurfürsten. Das bisherige Adelslehen wurde kurfürstliches Amt, das stattliche Herrenhaus Amtsitz. An der Spitze des Amtes stand der Amthauptmann und der Amtschreiber. Sie hatten die Polizeigewalt und das Jagdrecht. In den Dörfern wurden sie durch die Schulzen vertreten.
Im Jahre 1613 schenkte der Kurfürst das Amt Neuenhagen mit allen Leibeigenen seiner Gemahlin. Obwohl die Kurfürstin mit Schwedenkönig Gustav Adolf verwandt war, verwüsteten die Schweden im 30jährigen Krieg das Land. 1630/31 wütete die Pest und 1639 erlitt die Bevölkerung eine große Hungersnot. Noch 1659 war die Hälfte aller Fischer- und Bauernwirtschaften unbesetzt oder wüst.
1747 begann unweit des späteren Neuglietzen der Bau jenes Kanals, der die Oder zwischen Güstebiese und Hohensaaten begradigt und die Trockenlegung des Bruchs eingeleitet hat. Am 7. Juli 1753 wurde bei Güstebiese der Fangdamm durchstochen und die Oder strömte in ihr neues Bett.
Ehemaliges Tonabbaugelände der Ziegelei Hilke/Dornbusch, Foto: W. Ebert | In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden die reichen Vorkommen an Bänderschluff entdeckt und es entwickelte sich eine umfangreiche Ziegelindustrie. Auf dem sogenannten Ziegelofenfeld in Neuenhagen soll bereits zur Zeit der Befreiungskriege (1812-1815) eine Ziegelei existiert haben. Richtig los ging es mit der Ziegelherstellung aber erst Mitte des Jahrhunderts. In Bralitz erwarb der Bürger Dornbusch 1857 ein Stück Land, um sich ein Haus zu bauen. Da das Land ein Tonlager hatte, fertigte er die benötigten Ziegel selbst in einem Erdofen. |
Über den Eigenbedarf hinaus verkaufte er die gebrannten Steine. Das Geschäft lief immer besser, so dass er Arbeiter zur Ziegelherstellung einstellen konnte. 1859 wurde der Erdofen durch einen Kasseler Ofen ersetzt und 1881 wurde ein Ringofen errichtet, dem 1902 ein weiterer folgte. Später kauften er bzw. seine Söhne weitere Ziegeleien in der Umgebung von Neuenhagen auf, u. a. die Hilke'sche Ziegelei, von der der Ringofen noch heute steht.
Ringofen der ehem. Ziegelei Hilke/ Dornbusch, Foto: W. Ebert |
Vom 2. Weltkrieg blieb die Oderinsel weitgehend verschont. Zu DDR-Zeiten war Landwirtschaft vorherrschend. 1955 wurde in Neuenhagen eine Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft (LPG) gegründet, die sich 1960 mit der von Bralitz zusammenschloss. Bereits 1948 gründete sich in Neuenhagen zur Unterstützung der landwirtschaftlichen Betriebe eine Maschinen-Ausleih-Station (MAS), die sich infolge veränderter Produktionsbedingungen 1950 in eine Maschinen-Traktoren-Station und 1960 in eine Reparaturtechnische Station (RTS) umwandelte. Durch Zusammenschluss mehrere RTS entstand 1964 der Kreisbetrieb für Landtechnik (KfL), der vor allem für Instandsetzungsarbeiten der Rübentechnik zuständig war. Heute befindet sich auf dem Gelände ein Gewerbepark.
Zu Beginn der 50er Jahre des vorigen Jahrhunderts begann man nördlich der Straße Oderberg - Neuenhagen großflächig Sand und Kies abzubauen. Das Dreieck Bralitz-Neuenhagen-Hohensaaten wurde eine einzige große Kiesgrube. Viele Menschen aus den Inseldörfern fanden hier Arbeit und Brot. Nachdem das Neuenhagener Kieslager weitgehend abgebaut war, entstanden zu Beginn der 70er Jahre auch südlich der Straße unmittelbar am Dorf Bralitz neue Gruben. 1993 wurde Förderung in Bralitz eingestellt.
Ehemaliges Kiesabbaugebiet nördlich von Neuenhagen / W. Ebert |
Literatur:
Pfeil, U.: Die vier Kirchen der "Insel" Neuenhagen. Weick-Kunstführer Nr. 32, 1994
Faltblätter mit Dorfbeschreibungen und Dorflehrpfaden der Oderinsel und Broschüre "Geschichte der Ziegelei". Herausgegeben vom Verein zur Förderung von Beschäftigung und Qualifizierung Bad Freienwalde e. V.