Region Joachimsthal - Geschichte

Die Burg Grimnitz | Die Hugenotten

Die Hugenotten im Raum Joachimsthal

Viele Dörfer und Ortschaften unserer Gegend verdanken ihre Entstehung und ihr Aufblühen den Hugenotten, wie z. B. Groß und Klein Dölln, Vogelsang, Rosenbeck, Groß und Klein Väter, aber auch in anderen Orten siedelten sie sich im Niederbarnim und der Uckermark an. Geschlossene Kolonistendörfer entstanden in Groß und Klein Ziethen. Noch heute erinnern uns hier Namen wie Dupont, Villain, Vandamme und Rouvel an die Einwanderung der Hugenotten vor über 300 Jahren.


Hugenottenkreuz

In Frankreich erschütterten fast 7 Jahrzehnte lang, von 1562-1627, die Hugenottenkriege das Land. Die Hugenotten wurden verfolgt und viele getötet, alle reformierten Kirchen wurden dem Erdboden gleichgemacht, es bestand für sie Versammlungsverbot und man nahm den Hugenotten die Kinder weg, um sie katholisch erziehen zu lassen.
In dieser Situation erließ der brandenburgische Kurfürst Friedrich Wilhelm am 29.10.1685 das Edikt von Potsdam. Den Zuwanderern gewährte er eine Reihe von Privilegien.
Die politischen Verhältnisse in Brandenburg-Preußen und der Erlass des Edikts von Potsdam schufen günstige Bedingungen für eine Einwanderung der Hugenotten und Kurfürst Friedrich Wilhelm zog so den größten Teil von ihnen in sein Land. Etwa 20 000 Hugenotten kamen in die Mark Brandenburg.
Schon kurze Zeit nach Erlass des Edikts von Potsdam kam es auch zur Ansiedlung von Hugenotten im Ziethener Raum. Der 30jährige Krieg hatte der Mark Brandenburg furchtbare Wunden geschlagen und das Land teilweise völlig verwüstet. Chronisten berichten, dass in Groß-Ziethen nur noch 2 Bauern und einige Witwen, in Klein Ziethen 1 Bauer und 2 Witwen die Kriegswirren überlebt hatten. Um 1700 hatten sich in Groß-Ziethen 17 französische Familien angesiedelt, in Klein Ziethen waren es 16 Siedler. Die Hugenotten arbeiteten hart am Aufbau ihrer Existenz. Die meisten waren völlig mittellos und mussten sich alles neu schaffen.


Edikt von Potsdam
Ein wesentlicher Aspekt der Ansiedlung der Hugenotten ist ihre außerordentlich fruchtbringende Auswirkung auf die Entwicklung der Landwirtschaft. Wurden zuvor in Brandenburg fast ausschließlich Roggen, Gerste und Hafer angebaut, führten die französischen Neuankömmlinge nun in breitem Umfang den Weizen ein. Die Kartoffel, vorher mehr exotische Kuriosität, fand jetzt Einzug als Massennahrung. In den Unterlagen des Heimatmuseums Eberswalde finden sich Hinweise darauf, dass die Kartoffel im Jahre 1716 in Groß-Ziethen als Nutzpflanze eingeführt wurde. Desgleichen finden sich Hinweise auf den Tabakanbau in unserer Gegend. In Ziethen, wo die französischen Familien den Ausschlag gaben, baute man den Tabak auch auf dem Brachland an und konnte so höhere Erträge und Einnahmen als in anderen Dörfern erzielen. In den Gärten wurden neben Obstgehölzen und Blumen hauptsächlich Küchen- und Heilkräuter sowie Gemüse gezogen. Der Anbau zahlreicher Gemüsearten, wie Salat, Spinat, Blumenkohl, Spargel und Rosenkohl, ist auf die Hugenotten zurückzuführen. Desgleichen zeigten die Franzosen den Märkern, dass Erbsen und Bohnen auch grün essbar waren und machten sie mit Tee und Kaffee bekannt. Eine weitere Neuerung war die Anpflanzung von Maulbeerbäumen für die Seidenraupenzucht.


Bauernhaus in Groß-Ziethen um 1690

Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Hugenotten die Entwicklung des gesamten gesellschaftlichen Lebens unserer Region nachhaltig beeinflusst haben. Noch heute kann man Spuren ihres Lebens und Wirkens in Brandenburg erkennen. Das trifft auch für den Ziethener Raum zu. Bis zum heutigen Tag gibt es den französisch-reformierten Pfarrsprengel Groß-Ziethen, wozu die Dörfer Groß-Ziethen, Klein Ziethen und Senftenhütte gehören.
Desweiteren erinnern die bereits eingangs genannten französischen Namen an die Herkunft der jetzt hier lebenden Menschen. Nicht aus unserem Leben wegzudenken sind der von den Hugenotten eingeführte Kartoffelanbau und die Züchtung zahlreicher Gemüsearten. Auch die typische Form von Bauerngärten ist in Ziethen noch vorzufinden. Ebenso birgt Groß-Ziethen noch viel alte bäuerliche Bausubstanz, wobei das älteste Haus des Dorfes, ein ca. 300 Jahre altes Fachwerkhaus mit Rohrdach (Dorfstr. 24) besonders erwähnenswert ist.
Im Laufe der Jahrhunderte sind französisches Kulturerbe, Familiennamen und Bausubstanz immer mehr mit deutschen Traditionen vermischt worden.
Die Hugenotten sind längst zu Deutschen geworden, allerdings zu Deutschen, die sich in den meisten Fällen ihrer Abstammung wohl bewusst sind und mit Stolz auf die Leistungen ihrer Vorfahren zurück blicken.

Die Dokumentation stützt sich in wesentlichen Teilen auf die Veröffentlichung eines Autorenkollektivs "Aus der Geschichte und Gegenwart der Dörfer Groß und Klein Ziethen", herausgegeben vom Vereinigten Presbyterium des Französich-reformierten Pfarrsprengels Groß-Ziethen.

� Märkische Eiszeitstraße, W. Beuster / W. Ebert, 2004