Stolzenhagen

Ortsbeschreibung | Geologischer Garten

Geschichte

In slawischer Zeit befand sich ein Kietz an der Oder, der noch heute erkennbar ist und diesen Namen trägt. In der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts entstand im Nordwesten des Kietzes das deutsche Dorf Stolzenhagen in Form eines langgestreckten Straßendorfes mit Kirche. Der Name Stolzenhagen geht auf die ersten deutschen Siedler zurück. Der slawische Name für den Ort ist verloren gegangen, vermutet wird der Name "Linow" nach dem heute das Dorf Lunow benannt wird. Ein Teil von Lunow gehörte bis 1658 zu Stolzenhagen.
Im Süden der slawischen Siedlung, auf den alles beherrschenden Höhen an der Oder, wurde eine frühdeutsche Burg errichtet, von deren Bestehen noch heute Bodenfunde Zeugnis ablegen. Über ihre Geschichte und ihr Schicksal gibt es keine Unterlagen. Die Örtlichkeit wird heute als "Burgwall" bezeichnet.


Dorfkirche Stolzenhagen
W. Ebert 2005

1315/16 wurde "Stoltenhaghen" mehrfach urkundlich erwähnt, so in Zusammenhang mit der Schenkung von Lunow und Lüdersdorf an das Kloster Chorin. Dieses erwarb in der Folgezeit auch Stolzenhagen, welches 1335 und 1341 zum Klosterbesitz gehörig erwähnt wurde. Das Landbuch Karls IV. von 1375 vermerkte, dass der Ort 38 Hufen umfasst. Im deutschen Dorf lebten 15 Kossäten (Bauern wurden nicht genannt) und im wendischen Dorfkietz waren 11 Höfe, vorwiegend mit Fischern besetzt.
Kurz vor der Reformation, am 5.November 1536, verkaufte das Kloster den Ort Stolzenhagen an den Kurfürsten Joachim II. für 1 500 Gulden. Wenige Tage später belehnte der Kurfürst den Hauptmann zu Oderberg, Wolf von Fronhöfer, mit dem erkauften Dorf. Als 1689 Stephan Wilhelm von Fronhöfer starb, erbte seine Schwester das Gut, die 1693 Hans Jürgen von Holtzendorf heiratete. Ihr Sohn, Carl Dietrich von Holtzendorf, ließ 1730 einen Neubau des "Schlosses" errichten und veranlasste 1737 den barocken Umbau der Kirche.
Über Heirat und Erbschaft wechselten die Besitzer, bis 1788 die Familie v. Weyrach das Gut erbte. Im Besitz der v. Weyrach blieb Stolzenhagen bis 1918. Danach übernahm ein Neffe des letzten v. Weyrach, Major Ferdinand v. Boeltzig, den Besitz.
Der 30jährige Krieg hinterließ auch in Stolzenhagen große Verwüstungen. Gab es 1624 noch 8 Bauern mit 24 Hufen und 9 Kossäten im Dorf und 13 Fischer im Kietz, so waren 1687 die Besitzungen von 3 Bauern, 4 Kossäten und allen Fischern wüst. 1805 waren zwar die Bauernstellen wieder besetzt, aber nur 5 Kossäten und 5 Fischer im Dorf.

1816 kam Stolzenhagen zum neu geschaffenen Kreis Angermünde und 1952 zum Kreis Eberswalde. Kirchlich gehörte der Ort aber nach wie vor zum evangelischen Kirchenkreis Angermünde.
1945 wurde das Dorf zur Front und in den letzten Kriegstagen Kirche und Pfarrhaus sowie zahlreiche Häuser in Mitleidenschaft gezogen. Die Bewohner mussten im Februar auf Weisung deutscher Behörden das Dorf verlassen. Sie kehrten im April/ Mai wieder zurück.
1946 wurden im Zuge der Bodenreform auf dem enteigneten Gutsland neue Wohnungen gebaut. Ab 1960 erfolgt die landwirtschaftliche Bewirtschaftung in Genossenschaften. Die Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft Stolzenhagen gehörte bis 1990 mit Lunow und Lüdersdorf zu den Besten des Kreises Eberswalde.
1990 hatte der Ort 245 Einwohner.  

Durch freiwilligen Zusammenschluss der bis dahin selbständigen Gemeinden Lunow und Stolzenhagen entstand am 1. März 2002 die neue Gemeinde Lunow-Stolzenhagen.
 

Ortsbeschreibung


Gutshaus/Schloss Stolzenhagen
Foto: W. Ebert 2005

Der kleine Ort liegt vorwiegend in und an einem eiszeitlichen Erosionstal am Rande des Odertals, 10 km nördlich von Oderberg.
Das malerisch auf hügeligem Gelände gelegene Dorf wird von der im Norden stehenden Dorfkirche überragt. Sie ist im Kern eine mittelalterliche Feldsteinkirche. Aus der Tatsache, dass eine der beiden Glocken um 1280 gegossen wurde, lässt sich - vorausgesetzt die Glocke war von Anfang an in der Kirche - folgern, dass der Feldsteinbau damals bereits bestand. Die heutige Kirche wurde 1737 unter Leitung des Eberswalder Baumeisters Peter Sucrow umgebaut. Der einstige Feldsteinbau, ein einfacher Rechtecksaal, wurde nach Süden hin vergrößert und mit einem neuen Fachwerkturm versehen.
Der Kanzelaltar von 1737 besitzt kräftige architektonische Formen und einen runden Korb.


Schmiedeeisernes Freitreppengeländer

Das ehemalige Gutshaus, oft als Schloss bezeichnet, ist ein schlichter zweigeschossiger Fachwerkbau mit Walmdach. Im Kern stammt es aus dem Jahr 1730. Die verputzte Vorderfassade weist ein schmales Portalrisalit und eine doppelläufige Freitreppe mit einem hübschen schmiedeeisernen Rokokogeländer auf.
Zu DDR-Zeiten befanden sich im Gutshaus ein Kindergarten und der Gemeinderat. Nach den 1990er Restaurierungen durch die Gemeinde erfolgte eine kurzfristige Nutzung durch ein Reisebüro. Seither steht es wieder leer.
Neu im Ort entstanden ist der kleine Jachthafen für Sportboote.


 

Blick auf den Ort Stolzenhagen am Rande des Oderurstromtales . Foto: H. Domnick

Blick auf den Ort Stolzenhagen am Rande
des Oderurstromtales . Foto: H. Domnick

 

Geologischer Garten


Findlingslehrpfad / W. Ebert (2002)

Die Idee, einen geologischen Garten aufzubauen, stammte von dem leider viel zu früh verstorbenen Dr. K. Tempelhoff, einem aus Berlin zugereisten Physiker. Unter seiner tatkräftigen Leitung und Mitwirkung eines aktiven Fördervereins entstand in den letzten Jahren  ein bemerkenswerter Geologischer Garten.
Im Freigelände erwartet den Besucher ein geologischer Lehrpfad mit Findlingen, die nicht nur beschrieben, sondern auch in kleinen Fenstern geschliffen und poliert wurden und so ihre schöne Struktur zeigen. In der nahe liegenden Sandgrube kann die Entstehung der Ablagerungen während und nach der Eiszeit nachvollzogen werden. Ein kleines, neu erbautes Vorlaubenhaus beherbergt Fossilien, Mineralien und Objekte der Ur- und Frühgeschichte.


Eröffnung des Geologischen Gartens in
Stolzenhagen / W. Ebert (2002)

Umfangreiches Informationsmaterial zur Entstehung und zu den Auswirkungen der Eiszeit stehen zur Verfügung.Es können auch Videos und Dias gezeigt werden.
Das Angebot des Geologischen Gartens reicht bis zu Wandervorschlägen in die Eiszeitlandschaft.
Ein Besuch lohnt sich in jedem Falle, ist aber anzumelden : E-Mail: Stolzenhagen@geologischer-garten.de], schon um an einer sachkundigen Führung oder an Vorträgen und Videovorführungen teilnehmen zu können. Das betrifft insbesondere Gruppen. Preis je Gruppe 20 Euro. Weitere, ausführlichere Informationen können unter: http www.geologischer-garten.de/ nachgelesen werden.

Geologischer Garten_Stolzenhagen_Foto: H. Domnick
Frühlingsfest im geologischen Garten 2009
Foto: H. Domnick
Der Kinderspielplatz im geologischen Garten Foto: H. Domnick
Der Kinderspielplatz im geologischen Garten 2010
Foto: H. Domnick
Abb. 5: Geologischer Garten in Stolzenhagen Foto: H. Domnick
Blick auf das Außengelände des geologischen Gartens in Stolzenhagen Foto: H. Domnick
Blick in die umfangreiche Fossilien- und             Gesteinssammlung. Foto: H. Domnick
Blick in die umfangreiche Fossilien- und Gesteinssammlung. Foto: H. Domnick

Der geologische Garten in Stolzenhagen im Jahre 2012 Foto: H. Domnick
Ein Ausschnitt aus dem geologischen Garten in
Stolzenhagen im Jahre 2012 Foto: H. Domnick

Literatur u. a. Grundlagen:
• Dehio, G.: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler.
   Die Bezirke Cottbus und Frankfurt/Oder. Akademie-Verlag, Berlin 1987
• Die Kunstdenkmäler des Kreises Angermünde. Vossische Buchhandlung, Berlin , 1929
• Internet: Evangelisches Pfarramt Lunow

© Märkische Eiszeitstraße, W. Ebert und H. Domnick, 2010