Die Stadt Oderberg

Geschichte | Ortsbeschreibung | Das Museum der Stadt

Aus der Geschichte der Stadt

Der kleine Ort hat etwa seit 1259 das Stadtrecht, so dass 1981 Oderberg sein 750jähriges Bestehen feiern konnte. Die erste urkundliche Erwähnung geht aber schon auf das Jahr 1231 zurück.
Der Vorläufer war siedlungsgeschichtlich das slawische Dorf Barsdyn. Mönche eines katholischen Ordens errichteten im Dorf ein Kloster, das aber nur 27 Jahre bestand. Von Bedeutung ist dieser Umstand, da in Stiftungsurkunden der Ort Oderberg hier erstmals neben Barsdyn erwähnt wird.
Doch blicken wir noch etwas weiter zurück. Funde beweisen, dass die Gegend um das heutige Oderberg schon in der Mittelsteinzeit ( (8 000 Jahre v. u. Z.) besiedelt war. Für die Jungsteinzeit (3 500 bis 1 700 v. u. Z.) konnte Ackerbau und Viehzucht nachgewiesen werden. Zahlreiche Funde weisen auf eine dichte Besiedlung in der Bronze- und vorrömischen Eisenzeit hin. Es folgte während der Völkerwanderungszeit eine schwächere Besiedlung durch Germanen. Eine slawische Besiedlung ist ab 600 u. Z. nachgewiesen. Um 1210 stieß das deutsche Fürstengeschlecht der Askanier im Zuge der deutschen Ostexpansion bis Oderberg vor und errichteten hier die erste deutsche Burganlage.


Oderberg mit dem Albrechtsberg hinter
der Kirche, Foto: W. Ebert (1998)

Folgen wir hier den ausführlichen Darstellungen des ehemaligen Mitarbeiters des Oderberger Museums Herrn Horst Fleischer zur Geschichte der Oderberger Burgen. Durch archäologische Funde sind zwei slawische Burgen für Oderberg nachgewiesen: eine auf dem Albrechtsberg und eine andere im Bereich der Festung Bärenkasten. Die erste deutsche Burg entstand zwischen 1211 und 1214 unter Markgraf Albrecht II. auf dem Albrechtsberg. Diese Burgen waren vorwiegend aus Holz mit vorgelagerten Palisadenzäunen. Sie waren feuergefährdet und so brannte diese Burganlage auch kurze Zeit später nieder. Eine zweite Burg wurde an gleicher Stelle wieder errichtet. Hundert Jahre später zerstörten die Pommern im Ergebnis eines Kampfes in der Höhe der heutigen Brodowiner Straße (2000 Mann unter Ludwig I. gegen eine dreifache Übermacht der Pommern) diese Anlage. Insbesondere nach Süden und teilweise nach Osten schützte die Burg der Steilhang, während im Norden, Westen und teilweise im Osten ein tiefer, heute noch sichtbarer Graben die Burganlage schützte. Diese Burg wurde nach der Zerstörung nicht wieder aufgebaut. 1966 konnte Oberstudienrat Hermann Seidel durch archäologische Grabungen diese Angaben bestätigen.
Eine weitere deutsche Burganlage stand auf dem Schlossberg. Über sie gibt es kaum schriftliche Unterlagen. Es handelte sich vermutlich um einen Herrschaftssitz oder um ein Jagdschloss, von dem nach dem 30jährigen Krieg keinerlei Unterlagen mehr vorliegen.

 
  Der Pass Oderberg an einem Arm des Oderstromes [Daniel Petzold]

Im Auftrage von Ludwig dem Römer wurde 1353 - 1355 auf einer Insel südlich der Oder eine weitere Festung gebaut. Ihre Aufgabe bestand darin, den Oderübergang der Handelsstraße zu sichern, die Zolleinnahmen zu garantieren und Oderberg im Grenzgebiet zu Pommern zu schützen. Mit dem Bau der Burg war für Oderberg 1415 die "Niederlags- und Fischereigerechtigkeit" verbunden. Oderberg war einst ein wichtiges Handelszentrum an der Straße Berlin-Stettin. Die Einnahmen, die die Stadt wohlhabend machte, versiegte jedoch mit der Verlegung des Oderüberganges von Niederfinow nach Eberswalde. Um 1600 hat sich die Stadt zum zweitgrößten Fischmarkt Brandenburgs entwickelt. Da das Oderbruch noch nicht trocken gelegt war, gab es entlang der Oder einen Fischreichtum, von dem die Quellen geradezu Sagenhaftes berichten.
Der Name der Burg "Bärenkasten" geht auf Braunbären zurück, die hier tatsächlich gehalten wurden. Das belegt eine Urkunde von 1623 im Staatsarchiv Merseburg, in der die Bürger Oderbergs aufgefordert wurden, die Luderknochen aus dem Bärenkasten zu entfernen. Im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) wurde die Festung ausgebaut. Unter Hauptmann von Kötteritz dienten zu jener Zeit 150 Mann. 1637 versuchten die Schweden vergeblich die Festung zu erobern. Der Bärenkasten mit seinen 3 Meter dicken und bis zu 8 Meter hohen Mauern war uneinnehmbar. Aus Rache vernichteten die Schweden die Stadt Oderberg vollständig, so dass von 1639-1645 keine Einwohner mehr in der Stadt lebten. Wenige Überlebende hausten in den Sümpfen des Oderbruchs.
1668 wurde die Festung als dreistöckiges, viereckiges, mit vier Türmen versehenes Gebäude mit Innenhof, beschrieben.


Bärenkasten mit dem letzten Haus an der
Festungsmauer, Foto: W. Ebert (1992)

1720 kam Vorpommern zu Preußen und der Bärenkasten verlor an Bedeutung. Die Kanonen transportierte man auf Flößen nach Stettin. Das Baumaterial wurde für eine Zollstation in Hohensaaten, eine Schnallenfabrik in Wriezen und für ein Wohnhaus in Oderberg verwendet. Überwiegend Schiffbauer, etwa 100 Personen, bewohnten neu erbaute Häuser an den Resten der Festungsmauer. Ein Gebäude davon ist heute noch erhalten.
Der durch den 30jährigen Krieg zerstörte und nahezu in Vergessenheit geratene Finowkanal wurde wieder schiffbar gemacht. Er verbindet ab 1846 wieder Oderberg mit Berlin. Rund um den Oderberger See befand sich von 1870 bis 1920 eine Anzahl von Betrieben der Holzindustrie. 1871 avancierte Oderberg, bedingt durch die nun mögliche Holzflößerei, zum größten Holzumschlagsplatz Norddeutschlands. Es gab 11 Sägewerke und 15 Kahnbauereien. Den Winter verbrachten bis zu 100 Schiffe im Winterhafen der Stadt.
Am 8. Juni 1996 wurde in der Stadt das 250jährige Bestehen des wiedererrichteten, zweiten Finow-Kanals gefeiert.

 

Ortsbeschreibung


Blick auf Oderberg / W. Ebert (1998)

Oderberg befindet sich im südöstlichen Zipfel des Biosphärenreservates Schorfheide-Chorin und an der Oder-Havel-Wasserstraße, eingebettet zwischen Hügeln, Tälern, Seen und Wasserläufen. Oderbergs Altstadt liegt an der Alten Oder. Herausragendes Bauwerk der Altstadt ist die Stadtkirche St. Nikolai am Fuße des Albrechtsberges, ein nach Plänen von Stüler 1853 - 1855 errichteter neugotischer Backsteinbau. Weithin sichtbar ist der achteckige Kirchturm mit der vergoldeten Wetterfahne in Form eines Segelschiffes. Sehenswert in der Kirche ist eine funktionsfähige Darstellung des Glockenspiels.
Die Kirche wurde 2012 grundlegend restauriert und am 24. März 2013 wieder eingeweiht.
Die ältesten erhaltenen Fachwerkhäuser Oderbergs stammen aus dem 18. und 19. Jahrhundert. In der Berliner Straße wurden einige alte Fachwerkhäuser, die vor der Trockenlegung des Oderbruchs erbaut wurden, auf Pfähle gestellt. Auf dem etwa 200 Jahre alten jüdischen Friedhof befindet sich das geschützte Bodendenkmal "Steinkreis", eine urgeschichtliche Kultstätte. Das Binnenschifffahrtsmuseum zeigt umfangreiche kulturhistorische und naturkundliche Ausstellungen.


Altes Fachwerkhaus im Kietz
Foto: W. Ebert (1991)

Vom Aussichtspunkt des Albrechtsberges hat man eine herrliche Sicht auf die Stadt Oderberg und das Niederoderbruch. Von hier aus erkennt man die Ruine des Bärenkastens, deren 3 Meter dicken und bis zu 8 Meter hohen Kastellmauern man heute noch besichtigen kann. Beim Abstieg vom Albrechtsberg kann man noch Reste des Burggrabens der einstigen Burganlage erkennen.
Empfehlenswert ist ein Spaziergang zum westlich der Stadt gelegenen 120 m hohen Pimpinellenberg mit seiner bemerkenswerten Flora und Fauna. Von dem unter Naturschutz gestellten Pimpinellenberg aus hat man einen herrlichen Blick auf den Oderberger See, das Niederoderbruch und die Neuenhagener Insel. Die waldreiche Umgebung und die zahlreichen Seen laden zur aktiven und passiven Erholung ein. Sie können die Oder mit Paddel- oder Motorbooten befahren oder Sie genießen die Landschaft von einem Fahrgastschiff aus. Auch Angler sind willkommen. Es gibt in Oderberg einen Kanuverleih und eine Marina mit Zugang zum Binnenwassernetz Brandenburgs und Mecklenburg-Vorpommerns. Die Umgebung kann zu Fuß oder per Rad erkundet werden.

 

Blick auf Oderberg vom Bollwerk aus. Foto: H. Domnick


Das Museum der Stadt

Sehenswert ist das Binnenschifffahrtsmuseum in Oderberg. 2004 feierte das Museum sein 50jähriges Bestehen. Erste Ideen für ein Museum gehen schon auf das Jahr 1884 zurück. Die Realisierung in Form einer Heimatstube erfolgte unter Leitung des Oberstudienrates Hermann Seidel jedoch erst 1954. Bis 1930 beherbergte das Gebäude eine Wagenbauerei und danach eine katholische Kapelle. Später, nach dem 2. Weltkrieg, waren hier mehrere Wohnungen untergebracht.

 Als späterer Kreisbodendenkmalpfleger veranlasste Herr Seidel umfangreiche archäologische Grabungen im Gebiet um Oderberg, so dass geologische und archäologische Funde hier ihren Platz fanden. 1957 umfasste das Museum schon zehn Ausstellungsräume, heute sind es fünfzehn. 1978 wurde vom damaligen Direktor Günter Hoffmann der Seitenraddampfer "Riesa" von der Weißen Flotte Dresden erworben. Baujahr des Schiffes ist das Jahr 1897. Bis 1919 fuhr der Raddampfer unter dem Namen "Habsburg". Mit der Anschaffung dieses Schiffes stiegen die Besucherzahlen um das Zehnfache. Auch im Schiff werden den Besuchern wechselnde Ausstellungen gezeigt, die sich großen Interesses erfreuen. Das Haus nannte sich von nun an "Binnenschifffahrts- und fischereikundliches Heimatmuseum.



 

Stein mit Gletscherschliffen vor dem Museum Foto:H. Domnick

Blick in einen der Ausstellungsräume Foto: H. Domnick
Stein mit Gletscherschliffen vor dem Museum   Foto:H. Domnick Blick in einen der Ausstellungsräume
Foto: H.
Der heute zum Museum gehörende Elbdampfer Riesa vor auf dem Gelände des Museums. Foto: H. Domnick
Der heute zum Museum gehörende Elbdampfer Riesa auf dem Gelände des Museums.  Fotos: H. Domnick
Ausstellungsschwerpunkte sind: die Entwicklung der Oderschifffahrt, der Schiffbau, der Wasserstraßenbau, die Binnenfischerei, die Geologie und Siedlungsgeschichte von der Steinzeit bis zum Dreißigjährigen Krieg, die Flößerei und Holzindustrie, Schleusen- und Hebetechnik sowie ortsansässiges Handwerk und Wohnkultur um 1900. Im Freilichtbereich sind darüber hinaus u. a. Bereisungsboote der Strommeisterei und Motore zu besichtigen.

© Märkische Eiszeitstraße, W. Ebert und  U. Weber (Museum Oderberg), 2005