< style type="text/css">

Neukünkendorf

Geschichte:
Neukünkendorf im Mittelalter
Angermünder Kämmereibesitz
Neukünkendorf nach dem 2. Weltkrieg
Ortsbeschreibung
 

Der 340 Einwohner zählende Angermünder Ortsteil Neukünkendorf liegt 6 km südöstlich der Kernstadt. Zu Neukünkendorf gehören die Ackergehöfte Wilhelmsfelde.

Neukünkendorf befindet sich im Bereich der Grundmoräne der Pommerschen Eisrandlage, die sich als flachwellige Landschaft mit eingelagerten Wasserläufen und Waldinseln darstellt. Einzige markante Erhebung ist der 105 m hohe Gottesberg westlich der Ortslage. Sein alter Name war Gathenberg, weil ehemals das Kirchen- oder Gottesland (Gathenland) auf und neben demselben lag.
In der Gemarkung liegen zwei Seen, der Haussee Neukünkendorf und der Schleisee; letzterer weist eine besonders gute Wasserqualität auf.
Auffallend ist der Reichtum an Pflanzen- und Tierarten in der Umgebung des Ortes. Sie ergibt sich aus der Vielzahl natürlicher Standortbedingungen und Biotopausbildungen.
 

Geschichte

Neukünkendorf im Mittelalter

Aus den Akten des Bistums Brandenburg lässt sich folgendes Szenario über die Gründung des Dorfes ableiten (H.-G. Henning, 2003): Im Jahre 1161 bestätigte Kaiser Friedrich I. die bereits 968 von Kaiser Otto I. getroffene Festlegung, dass die Uckermark (Land der Ukranen) Diözese des Bistums Brandenburg sei. Der Bischof von Brandenburg bestimmte Stolpe an der Oder zum Hauptort der Diözese. Um diesen Stützpunkt zu stärken, bedurfte es der Bildung deutscher Ansiedlungen in der Umgebung. Zur Lösung dieser Aufgabe beauftragte der Bischof seinen getreuen Dienstmann Konrad von Stolzenhagen, genannt "Koncke" (Kosename von Konrad), in die Diözese zu reisen und Neuansiedlungen vorzubereiten. Er schlug u. a. dem Bischof vor, an einem geeigneten Ort in unmittelbarer Nähe von Stolpe ein Dorf zu gründen. Das neu entstandene Angerdorf nannte man "Konckendorf". Der Kirchenmann wurde aber in dem Ort nicht ansässig, sondern zog weiter und gründete später in der Nähe des Wolletzsees ein zweites Konckendorf. Die Erstgründung wurde deshalb "Olden Konckendorph" und die am Wolletzsee "Newen Konckenorph" genannt.
Entsprechend den Akten des Bistums Brandenburg war Koncke zwischen 1200 und 1220 als Lokator tätig. Als Gründungsjahr des heutigen Neukünkendorf kann deshalb etwa das Jahr 1210 angenommen werden.


Neukünkendorfer Kirche / W. Ebert

1354 schlossen der brandenburgische Markgraf Ludwig der Römer und der Pommernherzog Barnim III. einen Vertrag der u. a. die Rückgabe der östlichen Uckermark mit Brüssow, Gramzow, Schwedt und Angermünde an die Pommern vorsah. In dem Vertrag wurde auch Olden Konckendorph genannt, was als erster urkundlicher Nachweis des Ortes gewertet wird. Die Zugehörigkeit zu Pommern war auch der Grund, weshalb dieses Dorf 1375 im Landbuch Kaiser Karl's IV. nicht näher beschrieben, sondern nur mit der Bezeichnung "Kunykendorp" ohne jeglichen Zusatz genannt wurde. Der Ort am Wolletzsee war nicht an Pommern abgetreten worden und fand deshalb unter dem Namen "Künckendorp nova" Aufnahme in das Landbuch.

Die Pestepidemie und die ihr folgende Agrarkrise forderte auch von Kunykendorp ihren Tribut. Es wurde sehr still um den Ort und die Gebäude verfielen. Wenn in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts überhaupt jemand das Dorf erwähnte, dann war nur vom Wüsten Kunkendorf die Rede. 1459 wurde der Ort als wüstes Kirchdorf erwähnt.
 

Angermünder Kämmereibesitz

Im Zuge der Rückeroberung der Uckermark kamen 1446 Burg und Ort Stolpe in die Hand des Kurfürsten Friedrichs II., genannt der Eiserne, der es aber kurz darauf wieder an Hans v. Buch als Lehen vergab. Des Kurfürsten Sohn, Johann Cicearo, gab schließlich 1476 neben anderen Dörfern dem Herrn v. Buch auch das 40 Hufen umfassende Wüsten Kunkendorf zu Lehen. Bereits 6 Jahre später entschloss sich dieser, den Großteil des wüsten Dorfes an die Stadt Angermünde zu verkaufen. 1500 gehörten ihr 27 Hufen, die sie erfolgreich aufsiedeln konnte und zu Kämmereihöfen machte.
Das ehemalige Newen Konkendorf am Wolletzsee nannte sich inzwischen auch nur noch Künkendorf. Um Ordnung zu schaffen, einigte man sich darauf, das ehemalige Wüsten Kunkendorf nun als die neuere Gründung anzusehen und es von nun ab Neukünkendorf zu nennen. Folgerichtig hieß das westlich von Angermünde gelegene Dorf Altkünkendorf.


Die Dorfstraße heute / W. Ebert

Kurz nach 1600 hatte Neukünkendorf wieder einen gewissen Wohlstand erreicht. Den Bauern ging es gut, obgleich keiner von ihnen nach der Wiedereinrichtung des Dorfes mehr ein freier Eigentümer seines Hofes war, sondern nur noch Pächter beim Angermünder Stadtrat oder bei v. Buch. Mit ihren Pachtherren kamen sie gut zurecht.

Diese glückliche Zeit hielt aber nicht lange an, denn mit dem 30jährigen Krieg brach erneutes Unheil über Neukünkendorf herein. 1628 nahmen die kaiserlichen Truppen unter Wallenstein in Angermünde Quartier und plünderten auch die Umgebung. Als dann 1631 die protestantischen Schweden unter König Gustav Adolf Angermünde eroberten, änderte sich nichts an der schlimmen Lage der Bevölkerung. Nach dem Tod von Gustav Adolf besetzten und plünderten die Kaiserlichen 1632 erneut Angermünde und Umgebung. Hinzu kamen Pest und Hungersnot. Nachdem umherstreunende Söldner die Bauern bis zum Letzten ausgepresst hatten, setzten 1643 durchziehende Truppen, die wirklich nichts Brauchbares mehr vorfanden, das ganze Dorf in Brand. 1652 wurde berichtet, dass das Vorwerk der Stadt Angermünde und die Schäferei eingeäschert und das Dorf abgebrannt und noch wüst sei. Nur drei Untertanen hätten sich kürzlich wieder dorthin begeben.
Die Bevölkerung kam nicht zur Ruhe, denn 1671-1675 brachte der brandenburgisch-schwedische Krieg erneute Zerstörungen und Raub.
Die Wiederbesiedlung der verwüsteten Ortschaft stieß jetzt auf größere Schwierigkeiten alsin der Zeit um 1500. So holte Friedrich Wilhelm 1685 französische Hugenotten ins Land, von denen auch einige nach Neukünkendorf kamen. Da sie mit weitgehenden Privilegien ausgestattet waren, stieß ihre Einbürgerung vielfach auf Widerstand der Einheimischen, die aber schließlich doch die Neuerungen, wie neuartige Nutzpflanzen und Anbaumethoden anerkannten und sie übernahmen.
Da das aufstrebende Berlin viele Nahrungsmittel brauchte, erhöhte sich der Absatz landwirtschaftlicher Produkte und es lohnte sich auch wieder der Getreideanbau.


Ortsansicht westlich der Kirche / W. Ebert

Als 1734 der Kurfürst eine Volkszählung und Steuererhebung durchführte, ergab sich folgendes: Neukünkendorf hatte eine landwirtschaftliche Nutzfläche von 50 Hufen, 17 Morgen und 300 Quadratruten. Es gab im Dorf 14 Bauern, 5 Kossäten, 7 Häuslinge, 1 Schmied, 1 Schneider, 1 Schäfer, 3 Hirten, 25 Knechte und 9 Mägde. 10 Bauern waren "Angermünder Kämmereibauern" und 4 waren "Buch'sche Bauern". Als Knechte wurden die Bauernsöhne bezeichnet, die selbst noch keinen Hof pachten konnten, die Mägde waren unverheiratete Bauerntöchter.
Die aufgeführten Herrschaftsverhältnisse, die seit 1482 so bestanden hatten, blieben auch bis zum Abschluss der Separation 1827 bestehen.
Nach Abschluss der Separation (Flurneuverteilung und Auflösung der gemeinsamen Dorfflur sowie Ablösung der Herrschaftsuntertänigkeit) waren 1856 die Pachtverhältnisse in Neukünkendorf endgültig beseitigt und die Bauern Eigentümer ihrer Hofstellen und ihrer Felder geworden.

Bereits im Jahre1625 hatte die Angermünder Kämmerei in Neukünkendorf ein Vorwerk errichtet. Es war aber kein gesondertes Grundstück oder gar ein Gut, sondern zunächst nur die Zusammenfassung einiger getrennt gelegener Bauernhöfe zu einer gemeinsamen Verwaltung. Dieses ehemalige Vorwerk wurde nach der Separation Rittergut genannt, es war also ein eigenständiger Gutshof in städtischem Besitz.
 

Neukünkendorf nach dem 2. Weltkrieg


Chor und Schiff der Dorfkirche / W. Ebert

Im Zuge der Bodenreform wurden 1946 fünf Höfe mit insges. 857 ha enteignet und an Neubauern u. a. verteilt. 52 ha wurden in Volkseigentum überführt.
1952 wurde die erste Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft gegründet. Auf dem Grundstück der LPG-Verwaltung wurde als Stützpunkt auch eine MTS (Maschinen und Traktoren-Station) eingerichtet. Die LPG bestand aus 14 Mitgliedern und hatte 113 ha landwirtschaftliche Nutzfläche. Sie wurde 1954 in eine LPG Typ II und 1954 in eine solche vom Typ III umgewandelt.
1960 wurde Neukünkendorf vollgenossenschaftlich. Die Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft bestand aus 160 Mitgliedern und verfügte über eine landwirtschaftliche Nutzfläche von 879 ha. 1979 trat eine Spezialisierung ein und die LPG Neukünkendorf wandelte sich zur LPG Tierproduktion um. Durch die LPG Pflanzenproduktion - Sitz in Crussow, wurde die landwirtschaftliche Nutzfläche im Territorium bewirtschaftet.
1991 löste sich die LPG Tierproduktion auf und die landwirtschaftlichen Flächen im Neukünkendorfer Bereich werden nunmehr von der Agrar GmbH Crussow, an die es die diejenigen, die ihr Land zurück bekommen hatten, verpachtet haben, bewirtschaftet.
 

Ortsbeschreibung


Das Westportal / W. Ebert

Neukünkendorf wurde einstmals als Angerdorf angelegt. Um den Dorfanger, auf dem Kirche und Pfarrhof angelegt wurden, wurde beidseitig die Dorfstraße herumgeführt. Eine Skizze des Dorfes aus dem Jahr 1710 zeigt noch die vom Lokator 500 Jahre zuvor vorgenommene Einteilung der Wege und der Hofstellen, um die zentral gelegene Kirche herum. Später ist der südliche Straßenteil des Angers aufgegeben worden und heute ist Neukünkendorf ein reines Straßendorf.

Die Dorfkirche ist ein frühgotischer Feldsteinbau mit eingezogenem Rechteckchor. Erbaut wurde sie in der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts. Das noch unbeschädigte Mauerwerk besteht aus exakten Lagen regelmäßig behauener Feldsteinquadern. Die Kirche verfügt über ein spitzbogiges, abgestuftes Westportal. Die Fenster im Chor befinden sich noch im Originalzustand, während sie im Schiff später verbreitert worden sind. Der Südseite des Chores hat man im 17. Jahrhundert einen Anbau vorgesetzt, der anfangs als Sakristei, später zeitweilig als Leichenhalle genutzt wurde. Er besteht aus einem Mischmauerwerk aus unbearbeiteten Steinen und Ziegeln und ist deshalb wohl auch verputzt worden. Der Giebel ist in Renaissanceformen gestaltet. Der aus Backstein gemauerte und verputzte quadratische Dachturm über dem Westgiebel stammt wohl aus dem 18. Jh. Er hat ein kurzes, stumpfes Spitzdach.Die Bronzeglocke mit einem Durchmesser von 95 cm ist aus dem Jahre 1704 und wurde von Johann Heinrich Schmidt aus Stettin gegossen. Eine zweite Glocke musste im 1. Weltkrieg abgegeben werden.


Neukünkendorfer Kanzelaltar
Foto: W. Ebert

Der schlichte Kanzelaltar mit gotisierenden Formen entstand Mitte des 19. Jahrhunderts. Aus dieser Zeit stammt auch die Kunststeintaufe.
Die Orgel aus dem Jahre 1852 ist im Jahre 1993 restauriert worden und befindet sich in einem guten Zustand.
Das Innere der Kirche war um 1600 farbig ausgemalt und Kanzel und Gestühl mit geschnitzten Verzierungen geschmückt. Von alldem hat sich auf unsere Tage nichts erhalten.Nicht nur in Neukünkendorf hielt man die aus alter Zeit stammenden Schmuckelemente für überholt. Der Criewener Pfarrer Lüpnitz fand 1976 heraus, dass auch hier bei Renovierungen viel Altes zerstört worden war. Der vermutlich etwa seit 1600 in der Kirche stehende, geschnitzte dreiteilige Altaraufsatz ist vermutlich in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts entfernt worden. Vier der Holzplastiken kamen in das Angermünder Heimatmuseum. An seine Stelle kam der schlichte Kanzelaltar, der mit geringfügigen Veränderungen heute noch steht.

Während die Kirche in Neukünkendorf einstmals eine eigene Mater war und einen eigenen Pfarrer besaß, ist sie schon seit 1577 eine Filiale von Dobberzin. Kirche und Pfarre wurden während des 30 jährigen Krieges wüst. Seither existiert auch kein Pfarrgebäude mehr.


Ehem. Bahnhof Neukünkendorf / W. Ebert

1877 wurde die Eisenbahnlinie von Angermünde nach Bad Freienwalde in Betrieb genommen. Neukünkendorf bekam eine Bahnstation. Nach 118 Jahren wurde am 27. Mai 1995 der Bahnbetrieb eingestellt, das Bahnhofsgebäude privatisiert und die Gleise sind inzwischen zugewachsen.

Das "Schloss" auf dem Rittergut hatte den Krieg überstanden und war zum Kriegsende noch völlig intakt. Es hatte zunächst mehreren Umsiedlern als Wohnung gedient. Anfang der 50er Jahre wurde es dann als Steinbruch für Neubauten genutzt. Heute sieht man an der Stelle, an der es einst stand, nur noch einen mit Gras bewachsenen Hügel.
Der im Dorf gelegene Naturpark beheimatet eine reiche Anzahl seltener Baumarten, darunter z. B. Maulbeerbaum, Blutpflaume und Eibe. Geschichtliches Interesse erwickt auch der Ort befindliche Phallusstein (siehe Abb.).


 


Anmerkung

Es ist das Verdienst von Prof. Henning, die mit der Namensgebung und Namensänderung der beiden Künkendorf zusammenhängenden Ungereimtheiten und Missdeutungen aufgeklärt zu haben. In der Literatur findet man ganz offensichtlich zahlreiche Beispiele, wo Fakten den beiden Ortschaften nicht richtig zugeordnet wurden. So findet man zur Geschichte des heutigen Neukünkendorf immer wieder Angaben, nach denen eine Familie v. Arnsdorf mit diesem Dorf belehnt worden sei. Die v. Arnsdorf waren aber mit großer Wahrscheinlichkeit mit dem heutigen Altkünkendorf belehnt worden, denn dort waren sie noch bis zum Ende des 17. Jahrhunderts ansässig.

 

Quellen und Literatur:

© Märkische Eiszeitstraße, W. Ebert, 2006