Neuendorf war wohl bald nach 1214, als Oderberg brandenburgisch geworden war, als deutsches Dorf gegründet worden. Erstmalig erwähnt wird der Ort 1267 als "nova villa". In einer Urkunde bestätigten damals die Markgrafen Otto und Konrad dem Kloster Mariensee die von ihrem Vater Johann und Oheim Otto gemachten Zuwendungen, unter anderen auch solche von Neuendorf. 1268 übergab Bischof Heinrich von Brandenburg einen zur Pfarre in Oderberg gehörigen Hof mit 12 Hufen in "villa Nyendorp". 1375 besaß die Stadt Oderberg das ganze Dorf mit Ausnahme der 12 Hufen, die dem Kloster Chorin gehörten. Das Landbuch berichtete, dass beim Dorf Weinbau betrieben worden sei, wohl auf den sonnigen Hängen an der Oder. Nach 1375 muss das Dorf wüst gefallen sein, denn erst im 16. Jahrhundert erschien es wieder in den Urkunden. Der Besitz des Amtes Chorin in Neuendorf und Oderberg war zusammengelegt und von den jeweiligen Amthauptleuten in Oderberg genutzt worden. Später wurde ein Vorwerk auf der alten Dorfstelle angelegt, das sich im Besitz der Familie von Oppen befand. Nachdem der letzte Besitzer, Jobst von Oppen, 1628 verstorben war, wurde ein kurfürstliches Amt unter einem Amtschreiber eingerichtet und dem Joachimsthalschen Schulamt zugewiesen. Seit 1685 gehört der Ort zum Schulamt Neuendorf, zu dem außerdem die Dörfer Golzow, Hohensaaten, Lunow, Bertikow, Blankenburg, Seelübbe und das Vorwerk Seehausen gehörten. Im 19. Jahrhundert bestand das Amt Neuendorf noch aus den Vorwerken Neuendorf und Steinberg und den Dörfern Lunow und Hohensaaten. 1774 lebten 79 Einwohner und 1925 234 Einwohner in Neuendorf. Die Zahl der Einwohner hat sich bis heute nicht wesentlich erhöht.
Ehemaliges Gutshaus Neuendorf Foto: W. Ebert (2002) | Neuendorf ist seit 1961 ein Ortsteil von Oderberg. Der alte Dorfkern konzentriert sich um das alte Gutshaus. Es ist ein einfacher barocker Putzbau von sieben Achsen, von denen die drei mittleren ein wenig als Risalit vorgezogen sind. Im Erdgeschoss sind die Schlusssteine über den Fenstern, wie auch die Segmentverdachung über der Tür, darin die Jahreszahl 1696, noch erkennbar. Auf dem ehemaligen Gutsgelände finden wir noch Reste der Brennerei sowie Ställe und Scheunen. Sie bestehen überwiegend aus Zyklopenmauerwerk mit Zwickeltechnik, welches vor allem im 18./19. Jahrhundert eingesetzt wurde. |
Die Außenwände des Schiffes und die untere Hälfte des Turmes sind aus regelmäßigen Feldsteinquadern in exakten Lagen errichtet und damit aus dem Mittelalter stammend. Der Ostgiebel im gemischten Mauerwerk mit gestaffelten Spitzbogenblenden, wie auch das Turmobergeschoss, sind spätgotisch. An Eingangspforten finden wir das gestufte spitzbogige Südportal im Schiff, die vermauerten Spitzbogenportale nach West und Nord sowie eine vermauerte Priesterpforte in der östlichen Südwand. Lanzettfenster finden wir noch in der Ostwand und in der südlichen Turmwand (z. T. zugesetzt); die übrigen Fenster sind barock erweitert worden.
Dorfkirche Neuendorf / W. Ebert (1992) |
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Keine Wehrkirche! Im Zusammenhang mit der Neuendorfer Kirche wird oft von einer Wehrkirche gesprochen. Das ist falsch. Sie hatte nie Wehrcharakter und keine Einrichtungen einer Wehrkirche. Die Lanzettfenster sind als Schießscharten ungeeignet. Selbst eine Schutzfunktion beschränkte sich auf kleine marodierende Truppenteile. Der Turm war, selbst wenn er kein Westportal besessen hätte, vom Schiff aus leicht einzunehmen. Für Belagerungen fehlte ein Brunnen im Turm usw.
Das Kircheninnere stammt im Wesentlichen aus der Zeit um 1615, nach 1945 fand eine Restaurierung statt. Der reich gestaltete Altaraufsatz aus dem beginnenden 17. Jahrhundert besitzt eine zweigeschossige architektonische Gliederung. Im Zentrum befindet sich ein figurenreiches Kreuzigungsgemälde, seitlich 4 Evangelisten, im Oberteil sieht man die Auferstehung. Die polygonale Kanzel mit Ecksäulchen und Muschelnischen stammt aus der gleichen Zeit. Besonders stattlich ist das Herrschaftsgestühl, inschriftlich von 1615, mit Wappenmalereien an der Rückwand.
Die Kirche besitzt fünf Inschriftgrabsteine 1623, 1736, 1780, 1822 und 1823, die beiden letzteren stehen außen (Grabdenkmal 1771 (?), in Einzelteile zerlegt). Erst im Jahre 1992 entdeckte man durch einen Zufall unterirdische Grabstätten unter dem Fußboden der Kirche. Sie bargen menschliche Skelette und zwei Ohrgehänge. Kirche Neuendorf - Altaraufsatz Foto: W. Ebert (1998) |
Etwa 500 m westlich von Neuendorf liegt am Waldrand ein großer Findling, der Große Stein. Er besteht aus Biotitgranit, einem Magmagestein, das in Skandinavien weit verbreitet ist. Mit dem Inlandeis wurde er während der Eiszeit hierher transportiert. Der größere Teil des Findlings wurde in den Jahren 1825 - 1828 abgesprengt. Das Gestein sollte ursprünglich zum Bau der großen Schale im Berliner Lustgarten genutzt werden. Der Granit erwies sich jedoch als ungeeignet, war zu weich und zerbrach. Daraufhin verwendete man später den größeren Teil des Großen Markgrafensteines aus den Rauenschen Bergen zur Fertigung der Schale. |
Großer Stein / W. Ebert (1998) |
Literatur:
Die Kunstdenkmäler des Kreises Angermünde. Vossische Buchhandlung, Berlin , 1929
© Märkische Eiszeitstraße, H. Domnick / W. Ebert , 2005
Kirche Neuendorf. Foto W. Ebert