Hohenfinow
Geschichte | Ortsbeschreibung | Karlswerk | Struwenberg
Geschichte
Der Name Hohenfinow lässt sich aus dem Flussnamen Finow ableiten, "oberhalb der Finow".
Die Gegend um Hohenfinow gehört zu einem spätslawischen Siedlungsgebiet, dessen Wohnplätze sich an den kurzen, wasserführenden Tälern befanden, die den Rand des Barnimplateaus zerschneiden. Hier, an der Nordspitze des ,Schlossberges' bei Amalienhof, ist durch einen etwa 3 m tiefen Graben ein kleines rechteckiges Plateau abgesetzt. Unter dessen Kante zieht sich eine Terrasse um den Berg, deren Rand wallartig erhöht ist. Da eindeutige archäologische Befunde bisher fehlen, steht nicht fest, ob es sich hierbei um einen slawischen Burgwall handelt, der später mit der urkundlich erwähnten Burg Hohenfinow überbaut wurde oder um einen deutsche Wachtturm. Ein Münzfund im Graben des Burgwalls aus der Zeit um 1220 (mecklenburgischer Stierkopfbrakteat) lässt darauf schließen, dass diese
Zu seiner Zeit wurden die Dorfauen mit Walnussbäumen bepflanzt, der Tabak- und Obstbau eingeführt, die Viehzucht stark vermehrt und die Erträge aus dem Getreideverkauf erhöht. So stieg der Taxwert von Hohenfinow mit Tornow von 14.500 Talern im Jahre 1668 auf 169.725 Taler im Jahre 1721, als der Sohn des Generals als Beamter nach Berlin verzog. Der Käufer, Franziskus Matthäus von Vernezobre (1690-1748), hatte mit Bankgeschäften als Kassierer der Indischen Kompanie in Paris ein Vermögen von über einer halben Million Taler erworben und dieses in Gold nach Berlin verlagert. Vom König dafür in den Freiherrenstand erhoben, passte er sich den Gewohnheiten des märkischen Adels an, erwarb außer Hohenfinow-Tornow noch Sommerfelde, Güter in der Uckermark und in der
Die seit 1855 auf Hohenfinow nachweisbare Familie von Bethmann-Hollweg gehörte zu den herausragenden Stützen der preußischen Monarchie. Felix (1824-1900), der aus der rheinischen Bourgeoisie stammte, kam mit den ostelbischen Verhältnissen gut zurecht und entwickelte den mit Tornow und Sommerfelde insgesamt 8.965 Morgen umfassenden Besitz zu einem wirtschaftlichen Großbetrieb. Zur traditionellen Getreideproduktion, die mit eigenen Landarbeitern und Saisonkräften aus dem Osten auf riesigen Schlägen betrieben wurde, gesellte sich eine Brennerei, eine Dampfschneidemühle und eine Ziegelei am Bahnhof Niederfinow. 1860 kam an der Südgrenze der Flur das Vorwerk Maxberg hinzu.
Sowohl Felix von Bethmann-Hollweg als auch sein Sohn Theobald schreiten als Landräte rücksichtslos gegen das Anwachsen der Sozialdemokratie ein, konnten aber deren wachsenden Einfluss nicht verhindern (1890 gab es die ersten 13 Stimmen für die Arbeiterpartei in Hohenfinow). Seit 1896 stieg Theobald die Stufenleiter der preußischen Verwaltungsbürokratie aufwärts und wurde 1909 Reichskanzler und preußischer Ministerpräsident. Als solcher hatte er vielfach Regierungsgeschäfte von Hohenfinow aus geführt. Er verfolgte eine "Politik, die auf einen Ausgleich zwischen Junkern und Großbourgeoisie und eine Integration der Arbeiterbewegung in den imperialischen Staat gerichtet war". Ziel seiner Reformpolitik war die Spaltung der Arbeiterbewegung. 1917 musste er wegen Meinungsverschiedenheiten mit der Obersten Heeresleitung (Hindenburg/Ludendorff) zurücktreten und zog sich nach Hohenfinow zurück. 1945 wurde der Besitz enteignet.
Die Grabanlage derer von Bethmann- Hollweg Foto: H. Domnick |
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Hohenfinow kann als typisches Beispiel dafür gelten, wie die Gutsherrschaft ursprüngliches Bauernland in Besitz nimmt. 1480 gehörten zum Rittersitz, damals als Schäferei genutzt, 4 von insgesamt 54 Hufen; zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges war der Herrschaftsanteil bereits auf 59 % angewachsen. Für die Ablösung der Dienste 1823 mussten die Bauern etwa die Hälfte ihres Besitzes abtreten, so dass das Verhältnis Gutsland zu Bauernland 1858 zugunsten der Gutsherren bei 2.880 Morgen Ackerland 83 % : 17 % und bei 831 Morgen Wiesenland 79 % : 21 % betrug.
Nach 1945 wurde der Gutsbesitz enteignet. Es entstand das Volkseigene Gut Hohenfinow (VEG), welches sich nach 1990 in eine Agrar- und Handelsgenossenschaft e. G. und in eine Agrargesellschaft mbH umwandelte.
Ortsbeschreibung
Die Siedlung mit dem rechteckig langgestreckten, von 4 Baumreihen bestandenen Anger wird von einer Bachgabelung umschlossen, die auf 3 Seiten natürlichen Schutz gewährt. Die offene Südseite sichert die höher gelegene Dorfkirche, ein stattlicher Feldsteinmauerbau aus der Mitte des 13. Jahrhunderts.
Er war ursprünglich eine dreischiffige Basilika mit Chor und halbrunder Apsis sowie einem querrechteckigen Westturm über Mittelschiffsbreite. Nach dem Dreißigjährigen Krieg wurde die stark beschädigte Kirche ohne Seitenschiffe (die geschlossenen spitzbogigen Arkaden sind gut erkennbar) und ohne die erst 1906-1910 rekonstruierte Apsis wiederhergestellt. Die Fenster in der Wand des ehemaligen Mittelschiffes (Obergaden-), die Chorfenster, das große, zweifach abgetreppte spitzbogige Westportal und die mit einem Rankenornament verzierte Priesterpforte waren erhalten geblieben.
Karlswerk, Wohnplatz von Hohenfinow
In der Nähe des Wohnplatzes entdeckte man im Finowbruch als Moorfund ein Schwert der jüngeren Bronzezeit (Möriger Typ). Die Sitte, Waffen, Schmuck und Arbeitsgeräte in Mooren oder Gewässern zu versenken, war im Nordischen Kreis üblich und hat wahrscheinlich mit dem Totenkult zu tun.
Am Nordrand der Hohenfinower Ackerfläche ließ Mathäus von Vernezobre 1752 eine Krappmühle errichten und nahm 1757 eine Krappfabrik in Betrieb, die er 1759 nach seinem verstorbenen Sohn Henry Charles Frederic Carlswerk nannte. Erst 1929/30 wurde die heutige Schreibweise Karlswerk festgelegt. Aufbau und Betrieb erfolgten mit Hilfe eines holländischen Fachmannes, der die Wasserkraft des in Sammelteichen gestauten Buldernfließes nutzte. Durch Aufkauf von krapphaltigen Pflanzen (so die Färberröte, Rubia tinctorum) aus rund 200 Kleinbetrieben aus der Umgebung von Angermünde, Eberswalde und Freienwalde konnte das Werk jährlich rund 6.000 kg des in der Textilindustrie für die Farbstoffherstellung (gelb, rot) verwendeten Mehls der Krappwurzel produzieren. Noch vor der synthetischen Herstellung des Farbstoffs (ab 1870) wurde die Krappmühle stillgelegt und 1864 abgerissen. 1770 verlegte man die Nagelfabrik von Sophienhaus nach Karlswerk und schaffte Arbeiterwohnungen sowie 9 Büdnerstellen. Da der Gewinn gering blieb, verpachtete die Gutsherrschaft die Draht- und Nagelfabriken in Sophienhaus und Karlswerk 1783 an die Königliche Bergwerks- und Hüttenadministration. Ein Zainhammer entstand. Die Werksangehörigen schmiedeten gussstählerne Stabeisen und benutzten dazu seit 1846 die Dampfkraft. 1817 wurde anstelle der Drahtfabrik ein Stahlhammerwerk errichtet. 1834 reprivatisierte der Staat den Betrieb. 1860 gehörten zum Hüttenwerk 14 Wohn- und 21 Wirtschaftsgebäude (Dampfgussstahlfabrik). 1858 erwarbt der Industrielle O. Grubitz das Werk und ließ Achsen, Federn und Räder für die Bahn produzieren (R. Schmidt 1930). Die seit 1863 begonnene Produktion von Gussstahlgeschützen scheiterte an der Konkurrenz der Kruppwerke. Nach dem Bankrott des Eisenbetriebes 1869, der 200 Arbeiter beschäftigt hatte, kaufte Felix von Bethmann-Hollweg die Anlage zurück, ließ sie abreißen und nutzte die verbliebenen Gebäude als Landarbeiterwohnungen. Nach 1865 wurde unweit der Bahnstation Niederfinow ein Ziegelringofen angelegt, der ehemaligen Karlswerkern Arbeit bot. Nach 1928 entstand westlich davon eine moderne Ziegelei, deren Maschinen 1945/46 durch die Besatzungsmacht demontiert wurden. 1959 legte man die Teiche von Karlswerk trocken und bepflanzte sie.
Struwenberg, Ortsteil von Hohenfinow
Struwenberg umfasste nur wenige Häuser südlich des Bahnhofs Niederfinow am Fuße des Barnimplateaus. Bis 1791 hatte die Hohenfinower Gutsherrschaft hier den Bau von Büdnerhäusern als Garnweberkolonie gestattet. Die Büdnerstellen "am Damm nach Niederfinow" (1707) übernahmen 1751 den Flurnamen ,Am Struwenberg'. Das mittelniederdeutsche struf = emporstarrend, rauh, uneben, nicht glatt gibt die topographische Situation des steil ansteigenden Berges wieder, der nach 1863, zur Zeit der Karlswerker Geschützproduktion den Namen Kanonenberg erhielt. Erst nach dem Eisenbahnbau errichtete man eine Ziegelei, eine Schneidemühle und um 1900 eine Pappfabrik, die eine Vergrößerung des Wohnplatzes nach sich zog. 1969 gründen sich hier die PGH Tischlerhandwerk und Schädlingsbekämfung.
Der 42,5 m hohe Kanonenberg verdient vegetationskundlich besonderes Interesse, da auf ihm ein südkontinentaler (pontischer) Trockenrasen ausgebildet ist, der auch als Haargras-Steppenrasen bezeichnet wird. Neben dem Haargras (Stipa capillata) wachsen hier Boehmers Lieschgras (Phleum phleoides), Karthäusernelke (Dianthus carthusianorum), Fiederzwenke (Brachypodium pinnatum) und Rheinische Flockenblume (Centaurea rhenana). Zu dem stark vertretenen Blauschwingel (Festuca trachyphylla) gesellen sich Zypressenwolfsmilch (Euphorbia cyparissias), Scharfer Mauerpfeffer (Sedum acre) und eine ganze Reihe wärmeliebender und trockenheitsertragender Arten.
Literatur:
Landschaften in Deutschland - Werte der deutschen Heimat. Um Eberswalde, Chorin und den Werbellinsee. Böhlau Verlag, 2002
© Märkische Eiszeitstraße, K. Rohlfien, Verein für Heimatkunde Eberswalde, 2004