Geschichte| Ortsbeschreibung| Gestüt Görlsdorf
Der im Welsetal gelegene Ort wurde 1261 im Zusammenhang mit den Welsemühlen erstmals als Jordansdorf und um 1375 als Gherstorp erwähnt. Durch seinen Namen "Gherstorp" war das Dorf als Gründung der Kolonialzeit erkennbar. Von den 54 Hufen waren zu der Zeit nur 8 in Bearbeitung. Besitzer war Bertram von Greiffenberg. Die Kirche besaß 4 Hufen.
In Urkunden von 1473 und 1553 erscheint Görlsdorf als wüstes Feld. Auch 1571 wurde es noch als solches bezeichnet, obgleich vermutlich bereits ein Vorwerk vorhanden war. 1577 wurde erwähnt, dass der Pfarrer von Steinhöfel in Görlsdorf wohnt und 1583 soll ein v. Sparr als Einweiser in das Leibgedinge der Frau Frönhöfer hier seinen Wohnort gehabt haben. Die Sparrs verblieben in Görlsdorf, bis es 1605 Fritz v. Buch auf Polßen erwarb. Doch schon 1632 gab er es an den Oberstleutnant Adam Valentin v. Redern weiter. Es war damals ein Gut und Rittersitz mit Vorwerk, Schäferei und Wassermühlen (Getreide-, Schneide- Hirse- und Puvermühlen an der Welse, soweit sich die Feldmarken Görlsdorf und Kerkow erstreckten). Gut und Dorf waren vom Krieg ruiniert. 1687/88 verkaufte es dessen Witwe an Jobst Otto v. Hake, der die Leibeigenschaft besonders perfektionierte.
1720 erwarben die v. Redern Görlsdorf zurück und bauten das Gut nach und nach zum Sommersitz und später zum Hauptsitz der gräflichen Familie aus. Zwischen dem Dorf und der Gutsanlage, nördlich vom Mühlenteich, wurde 1717 auf einer Anhöhe die Kirche erbaut. Sie wurde 1804 und dann nochmals 1854 zur Schlosskirche umgebaut.
Inzwischen war aus Görlsdorf die Bauernschaft völlig verschwunden. Das Gut hatte das Dorf endgültig verdrängt. Es gab auch keine Kossäten mehr, sondern nur noch 17 Einlieger (Landwirtschaftliche Gelegenheitsarbeiter, die als Lohn mietfrei wohnten und beköstigt wurden).
Die wohl schillernste Gestalt der Familie war Graf Friedrich Wilhelm von Redern (1802-1883), Ober-Truchsess, wirklicher Geheimrat, Generalintendant der Königlichen Hofmusik und Oberstleutnant. 1847 berief ihn König Friedrich Wilhelm IV in die Herrenkurie des Brandenburgischen Provinzial-Landtags, später hatte er einen einflussreichen Sitz im Preußischen Herrenhaus.
Schon als junger Mann war Graf Redern sehr geschäftstüchtig und legte sein Vermögen in Grundbesitz an, u. a. wurde im Jahre 1826 die Herrschaft Lanke aufgekauft. Auch weiterhin stellte sich die Familie voll der kapitalistischen Entwicklung: die ihr gehörige Fideicomissherrschaft Greiffenberg besaß Mitte des 19. Jahrhunderts 12 Rittergüter, 8 Kirchdörfer, zahlreiche Pachthöfe und viele Waldungen.
1843 beauftragte der Gutsherr den berühmten Baumeister Eduard Knobloch mit dem Bau eines Schlosses, das in den Jahren 1843/45 errichtet und von einem schönen Landschaftspark, gestaltet von Peter Lenné, umgeben worden war. 1884 ließ sein Neffe und Erbe Graf Wilhelm v. Redern das Schloss vom Architekten Ferdinand Schorbach umbauen und eine Neuausstattung vornehmen.
Nach dem Tod des letzten männlichen Mitgliedes der Familie v. Redern im 1. Weltkrieg ging durch die Heirat der ältesten Tochter der Besitz 1917 an den Fürsten v. Lynar aus Lübbenau über. Fürst Lynar erhielt die Berechtigung, sich Graf Redern zu nennen. Die letzte Gutsherrin, Fürstin Victoria Lynar-Redern besaß 15 Güter.
Während des 2. Weltkrieges waren im Görlsdorfer Schloss Kommandostäbe der deutschen Wehrmacht, zuletzt ein Kommandostab der deutschen Oderarmee untergebracht. Nachdem die Stabsoffiziere sich in Richtung Westen abgesetzt hatten, brannte das Schloss bis auf die Grundmauern nieder, noch bevor die Rote Armee den Ort erreichte. Es wird berichtet, dass das Feuer bei einer "Abschiedsfeier" der Stabsoffiziere im Weinkeller ausbrach. Die Fürstin hatte sich Tage vorher bereits in Richtung Westen begeben.
Durch den Brand wurden nicht nur das repräsentative Schlossgebäude, sondern auch viele wertvolle Kunstschätze vernichtet.
1946 erfolgten die Enteignung und die Aufteilung des Bodens an Neubauern und Neusiedler. 290 ha erhielt das VEG Görlsdorfer Vollblutgestüt. 1957 bildete sich eine LPG Typ I, die sich 1960 in eine LPG Typ III umwandelte. 1971 erfolgte der Zusammenschluss mit der LPG Kerkow und 1975 Bildung der Kooperativen Abteilung Pflanzenproduktion Angermünde.
1990 wurde die LPG aufgelöst. Seither bewirtschaften Wiedereinrichter und das Gestüt, das von der Germania Fluggesellschaft übernommen wurde, die landwirtschaftlichen Flächen.
Am 24. Juni 1998 beschloss der Kreistag die Unterschutzstellung des Parkes als geschützten Landschaftsbestandteil mit der Bezeichnung "Görlsdorfer Lenne-Park" und 2001/02 erfolgte dessen Sanierung: die Parkwege wurden nach historischem Vorbild wieder hergerichtet, die Brücken erneuert bzw. saniert und Landschaftspflegearbeiten durchgeführt. Die noch vorhandenen Mauerreste des Schlosses wurden freigelegt und Informationstafeln angebracht. Die stark sanierungsbedürftige Dorfkirche (ehem. Schlosskirche) wurde wieder vollständig restauriert.
Die in Görlsdorf gemachten frühgeschichtlichen Bodenfunde sind rar. Als Zeichen von Leben in der Steinzeit in dieser Gegend sind 2 Steinbeile, 1 Faustkeil sowie eine Brausenadel. Weiterhin wurden 1942 und 1972 je 1 Mahlstein gefunden, beide in der Nähe des Gestüts und der Rehkaserne.
Das Umfeld der Gemeinde Görlsdorf ist durch eine kuppige Grundmoränenlandschaft mit ausgedehnten Waldgebieten und Seen gekennzeichnet. Der Ort liegt im Biosphärenreservat Schorfheide - Chorin und hat mit dem Plötzsee sowie der Blumberger Mühle festgesetzte Naturschutzgebiete. Der unmittelbare, eiszeitlich geformten Landschaftsraum wird bestimmt durch das weite, leicht S-förmig geschwungene Welsetal.
Die Dorfkirche (ehem. Schlosskirche) wurde 1717 erbaut, 1804 erfolgte der Umbau/Neuaufbau als Putzbau. 1854 wurde sie im Auftrag der Gräfin Berta von Redern ausgebaut und durch einen Turm (Höhe: ca. 18 m), Glocken und Orgel erweitert. In der Kirche befand sich die Familiengruft. Zu Beginn des jetzigen Jahrhunderts wurde die Kirche vollständig restauriert. Die Görlsdorfer Kirche ist eine Saalkirche mit Turmanlage im Norden. Das Langhaus mit rundbogigen Fenstern und Blenden besitzt eine geputzte Flachdecke und ein Krüppelwalmdach. Der Turm hat einen rundbogigen Eingang und im oberen Abschnitt zwei umlaufende Reihen Fenster in Dreiergruppen. Der Helm besitzt die Form eines Pyramidenstumpfes und ist mit Schiefer gedeckt.
Das Schloss, ein Bau aus dem 18. Jahrhundert, wurde wiederholt umgebaut und erweitert.
In seinem Ansichtswerk "Herrenhäuser in Brandenburg und der Niederlausitz" aus der Zeit von 1857-1883 veröffentliche Alexander Duncker auch ein Bild vom Schloss Görlsdorf. Es handelt sich um den Knobloch-Bau von 1845. Nur wenig später, im Jahre 1884 ließ Graf Wilhelm v. Redern das Schloss vom Architekten Ferdinand Schorbach umbauen und eine Neuausstattung der Räume durchführen. Ein nochmaliger umgreifender Um- und Erweiterungsbau im Jahre 1911 gab dem Gebäude das Aussehen, wie es vermutlich das Bild im Angermünder Heimatkalender 2004 (Beitrag von G. Schwanebeck) zeigt. Gerühmt wird von allen, die über Görlsdorf geschrieben haben, vor allem die Innenausstattung des Schlosses, angefangen vom holzgetäfelten Treppenhaus bis zum entsprechend ausgestatteten Speisezimmer. Hervorgehoben werden auch immer wieder die vielen kunstgewerblichen Kostbarkeiten und die Bibliothek, von der berichtet wird, dass sie 3000 Bände umfasst und viele bibliophile Kostbarkeiten enthalten haben soll.
Besonders in der Mitte des 19. Jahrhunderts beehrten viele hochrangige Persönlichkeiten Görlsdorf mit ihrem Besuch. Berühmte Künstler, wie die Sängerin Gräfin Rossi und der Königliche Domchor traten hier bei den musikalischen Veranstaltungen auf.
Alle diese unwiederbringlichen Schätze wurden aus Absicht oder Nachlässigkeit in einer Nacht durch einen Brand vernichtet.
Görlsdorfer Lenne-Park ist mit seinen ca. 100 Hektar eine der größten nach Ideen von Joseph Peter Lenne (1789 - 1866) gestalteten Parklandschaften. Als Hauptplan für die Errichtung des Parkes gilt der von Gerhard Körber (Schüler Lennés) 1829 erarbeitete Entwurf.
In dieser seit 1954 geschützten Parkanlage ist ein wertvoller Baumbestand vorhanden. Durch den Park fließt die Welse. In den Park gelangt man vom Ortskern Görlsdorf oder vom Parkwächterhaus an der B198. Wenn man vom Parkwächterhaus den Park betritt, dann durchschreitet man das Hirschportal. Auf jedem der beiden Sockel befand sich eine Plastik "liegender Hirsch". Es handelte sich um Duplikate der 1822 von Ch. D. Rauch für Neustrelitz gefertigten Plastiken. Die Görlsdorfer Hirschplastiken sind während oder nach dem Krieg verschwunden, weil man annahm, sie wären aus Bronze. Tatsächlich waren sie aus Stahl- oder Eisenguss mit einem Bronzeanstrich. Der für den Park zuständige Verein bemüht sich um neu gegossene Hirschplastiken. Der Park wurde in den letzen Jahren umfassend saniert. Ein Rundgang ist sehr zu empfehlen!
In Görlsdorf gibt es heute noch eine ganze Reihe historischer und unter Denkmalschutz stehender Gebäude, die im Einzelnen hier nicht beschrieben werden können. Genannt sollen hier nur zwei werden:
Zum einen das ehemalige Gefängnis, ein kleines Gebäude, welches nur einige Meter links neben dem Feuerwehrgebäude steht. Es ist aus Feldsteinen gemauert. In Görlsdorf war bis 1928 der Gendarm oder Landjäger stationiert. Dieser war für die öffentliche Ordnung verantwortlich
Nach dem 2. Weltkrieg sperrte man dort entflohene und wieder aufgegriffene Häftlinge bis zu ihrem Weitertransport ein. Das Gebäude wurde im Jahre 2000 saniert und unter Denkmalschutz gestellt. In ihm ist eine ortsgeschichtliche Ausstellung zu sehen.
Zum anderen das unter Denkmalschutz gestellte ehemalige Parkwächterhaus. Es befindet sich an der B 198 zwischen Kerkow und Greiffenberg, dort, wo ein breiter Parkweg (durch das sogenannte Hirschtor) in Richtung Westen nach Görlsdorf abzweigt (von hier sind es nur 10 bis 20 Minuten zu Fuß in den Ortsbereich Görlsdorf).
Es ist ein 1908 erbauter einzeln stehender Putzbau, mit Fachwerk in Trauf- und Giebelbereichen. Weiterhin: eingeschossiger, auf fast quadratischem Grundriß stehender, schlößchenartig gestalteter Baukörper mit vielen Ein- und Anbauten, mit Rundbogenfenstern, mit Turm (ca. 12 m), mit Walm- und Satteldach sowie Gauben mit geschwungener Bedachung. Der Besitzer hat es über Jahre hinweg in liebevoller und aufwendiger Arbeit restauriert.
Graf Wilhelm v. Redern gründete 1883 das Gestüt zur Zucht von englischen Vollblutpferden. Damit ist Görlsdorf gegenwärtig eines der ältesten Gestüte Deutschlands, in dem ohne wesentlicher Unterbrechung Vollblutzucht betrieben wird.
Redern begann mit 2 englischen Stuten. Bereits zwei Jahre später verfügte er über zehn Mutterstuten, deren Zahl sich bis 1905 fast verdreifacht hatte. Da zur unmittelbaren Gestütsfläche nur ca. 30 ha Koppelflächen gehörten, konnten nicht mehr als 20 Mutterstuten gehalten werden. Bis zum Jahre 1945 befand sich das Gestüt im Besitz der Familie von Redern bzw. von Lynar-Redern.
Nach Enteignung der Familie v. Lynar-Redern 1945, erfolgte bereits 1946 in der damaligen sowjetischen Besatzungszone ein Neubeginn der Vollblutzucht mit Pensionspferden und wenigen eigenen Stuten. Zunächst als Landesgestüt von Brandenburg wurde das Gestüt später im Rahmen der Bildung der Volkseigenen Güter ein Volkseigenes Gestüt mit zentraler Anleitung. Der Zuchtbestand wurde allmählich, insbesondere durch Ankäufe aus renomierten Zuchten der BRD, erweitert. Kurz vor der Wende befanden sich bis zu 80 Mutterstuten in Görlsdorf. Die Unterbringung und Haltung war nur durch den Neubau von Stallungen (1959/60 und 1979/80) sowie eine wesentliche Erweiterung der Betriebs- und insbesondere der Weideflächen möglich. Neben den Erweiterungen der Gestütskapazität erfolgte gleichfalls der Neubau von Wohnungen zur Unterbringung der steigenden Zahl an Beschäftigten.
Das Gestüt Görlsdorf hatte auch zu DDR-Zeiten bedeutende züchterische Erfolge. Neben 7 Derbysiegern gab es eine große Zahl von Siegen in bedeutenden Zuchtrennen und in internationalen Rennen der östlichen Staaten. Eine Domäne von Görlsdorf war bis zur heutigen Zeit die Zucht von herausragenden Siegern im Hindernisrennen. Das Gestüt zählt zu den erfolgreichsten Züchtern von Hindernispferden im wiedervereinigten Deutschland.
Seit 01.10.1990 gehört das Gestüt der GERMANIA Fluggesellschaft. Seit einigen Jahren wird es von einer gebürtigen Engländerin geleitet. Suzanne Roberts war zuvor bereits in Irland, England, Amerika und Kanada erfolgreich tätig.
Quellen und Literatur:
• Blunk, E. (Schriftleitung): Die Kunstdenkmäler des Kreises Angermünde.
Vossische Buchhandlung, Berlin, 1929
• Duncker, A.: Herrenhäuser in Brandenburg und der Niederlausitz. Berlin, 1857-1883
• Giesbrecht, S.: Friedrich Wilhelm von Redern zum 200. Geburtstag.
Angermünder Heimatkalender des Jahres 2004. Verein für Heimatkunde e. V.
• Schwanebeck, G.: Görlsdorf und sein Lenné-Park.
Angermünder Heimatkalender des Jahres 2004. Verein für Heimatkunde e. V.
• Inernet-Seite des Gestütes Görlsdorf
• Datenbank der Gesellschaft zur Erforschung und Förderung der
Märkischen Eiszeitstraße e.V.
• Ausstellung des Dorfmuseums Glambeck
• Unterlagen des Informationszentrums Blumberger Mühle
� Märkische Eiszeitstraße,W. Ebert, 2006