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Biesenbrow

Frühe Geschichte | Deutsche Ostexpansion | Ortsbeschreibung | Ehm Welk

 

Wappen von Biesenbrow

Biesenbrow liegt 15 km nördlich von Angermünde. Von hier aus führt der Weg auf der B198 in Richtung Prenzlau über Greiffenberg nach Günterberg. Hier biegt man rechts ab und erreicht nach ca. 5 km Fahrt durch ein sehr reizvolles, flachwelliges Grundmoränengebiet Biesenbrow.
 

Geschichte

• Frühe Geschichte

Die günstige Lage von Biesenbrow in der fruchtbaren und gut zu bearbeitenden Grundmoränenlandschaft führte schon sehr früh zu dessen Besiedlung. So gibt es eine ganze Reihe jungsteinzeitlicher Funde, die davon zeugen, dass bereits zwischen 5 000 und 4 000 vor unserer Zeit (v.u.Z.) aus dem Donaugebiet in die Uckermark eingewanderte frühe Bauern der Bandkeramik-Kultur hier Fuß gefasst hatten und Ackerbau betrieben. Auch die nachfolgenden jungsteinzeitlichen Kulturen hinterließen hier ihre Spuren.


Gefäß aus dem bronzezeitlichen Hortfund
Foto: H. Domnick

Berühmt wurde aber Biesenbrow durch einen bronzezeitlichen Hortfund (Verwahrfund), der 1898 beim Pflügen im Gebiet der Hintermühle gemacht wurde. In einem Bronze-Eimer befanden sich 30 Gegenstände, u. a. bronzene Kessel, Schmuckdosen, Schalen, Armbänder und Halsringe, Fiebeln (Schmucknadeln), Zierscheiben vom Pferdezaumzeug u. a.. Der Fund stammt aus der jüngsten Stufe der Bronzezeit (1000 - 700 v.u.Z.). Er lieferte den Beweis, dass hier im Norden Deutschlands Bronzegegenstände nicht nur getrieben, sondern auch gegossen wurden (Schmuckdose).
In der Römischen Kaiserzeit (0 - 500 unserer Zeit [u.Z.]) wohnten im Gebiet germanische Stämme, besonders Burgunder. Eine bei Leopoldsthal gefundene Münze des Kaisers Antonius Pius wird hierfür als Beweis angesehen.

Münzen aus dem Biesenbrower Goldfund / H. Domnick

Für Aufsehen sorgt ein bereits 1859, ebenfalls bei Hintermühle aufgefundenes Gefäß mit etwa 200 Goldmünzen sowie mit Golddraht. Die Münzen stammen aus verschiedenen Regierungszeiten römischen Kaiser zwischen 400 und 610. Da die jüngste Münze von 610 u. Z. stammt, muss davon ausgegangen werden, dass die Schatzbildung nach dieser Zeit erfolgte. Dieser Zeitabschnitt fällt in das Ende der Völkerwanderung bzw. in die beginnende Einwanderungszeit slawischer Stämme (in unserem Fall der Ukranen). Dass der Schatz aber von abziehenden Germanen angelegt wurde, ist zumindest wahrscheinlicher, als eine Anlage durch ankommende Slawen. Damit wäre auch eine Verbindung zu der bei Leopoldsthal gefundenen Münze hergestellt. Beide Hortfunde befinden sich im Märkische Museum in Berlin.
Auf einem Acker am "Weinberg" wurde 1935 eine nach oben bronzezeitliche Grabstätte gefunden. In einer Urne waren die Reste einer Feuerbestattung beigesetzt.
 

• Deutsche Ostexpansion bis heute

Als um 1200 die Askanier von der Havel aus in den Barnim vorzudringen begannen, war die Uckermark in der Hand der Herzöge von Pommern. 1230 war das südliche Uckerland bis zum Welse-Fließ an die Markgrafen von Brandenburg gefallen. Greiffenberg und die angrenzenden Gebiete verblieben damit noch in der Hand der Greiffenherzöge. Um diese Zeit könnte man die Gründung von Biesenbrow annehmen. Wer den Ort im Auftrag des Herzog von Pommern als Städtchen (oppidum) gegründet hat, ist nicht bekannt. Wie Greiffenberg und eventuell auch Günterberg, dienten diese Stadtgründungen der Sicherung der durch die Welse gebildeten Grenze.
1250 wurde mit dem Vertrag von Hohen Landin die gesamte Uckermark brandenburgisch. Nun setzte auch nördlich der Welse verstärkt die deutsche Besiedlung ein.
In einer Urkunde des Klosters Chorin trat 1292 erstmals ein Johannes Byssemarowe als Zeuge auf.
Nach dem Tod von Markgraf Waldemar 1319 nutzten die Pommern das Machtvakuum und besetzten u. a. 1320 Greiffenberg. In einem Verzeichnis, der von den Herzogen von Pommern 1321 an ihre Vasallen gewährten Kriegsentschädigungen wurde sowohl das Städtchen Bysemerow als auch der Hof eines Hinricus de Bysemerow genannt.
In der auch weiterhin zwischen Pommern und Brandenburgern heiß umkämpften Uckermark veränderten sich die Herrschaftsverhältnisse ständig. Mitunter unterscheiden sich die Angaben darüber von Ort zu Ort. Für Biesenbrow wird jedenfalls im Ortslexikon berichtet, dass es sich von 1354 - 1472 unter pommerscher Herrschaft befunden habe. In der Urkunde von Oderberg, in der 1354 Markgraf Ludwig der Römer die Rückgabe großer Teile der Uckermark an Pommern bestätigte, wurde Biesenbrow auch genannt.
Nicht recht erklärbar ist, warum dann Biesenbrow 1375 im Landbuch der Mark Brandenburg genannt wurde und zwar als "municio". Dieser Begriff wird allgemein als "Befestigungsanlage" übersetzt und kann sowohl als befestigter Ort, als auch als Burg gedeutet werden.


Ehemaliges Schloss Biesenbrow
Foto: W. Ebert

Bei Pflasterarbeiten auf dem früheren Gutshof entdeckten ABM-Kräfte 2002 Mauerreste und Gewölbe aus dem 15. Jahrhundert im Erdreich. Bei den gefundenen Kellern, in denen noch Hohlräume erkennbar sind, handelt es sich nach Vermutungen von Historikern um die verschollene Burg Biesenbrow, die bereits im Landbuch Kaiser Karls IV. erwähnt wurde. Die Lage der sorgfältig gemauerten Keller lässt die Vermutung aufkommen, dass noch weitere und ältere Bereiche der Anlage im Boden verborgen sein könnten. Im Sept. 2002 war eine Grabungsfirma beauftragt worden, das Objekt zu sichern und zu dokumentieren.
In der Vergangenheit hatten Heimatforscher bereits mittels Luftbildaufnahmen versucht, die Burg zu finden. Wie erst jetzt bekannt wurde, waren die nun entdeckten Keller noch bis Anfang der 90er Jahre teilweise zugänglich und erst vor kurzem zugeschüttet worden.

Die historische Aufgabe des Städtchens Biesenbrow lag weniger in der Sicherung einer wichtigen Straßenverbindung, als vielmehr im Schutz des vermutlich nicht unbedeutenden Salzvorkommens, von dem es noch bis zum Ende des 16. Jahrhunderts Relikte gab und von dem auch Flurnamen zeugen. Hinzu kam dann noch die Sicherung des Übergangs über die Welse, des Biesenbrowschen Dammes.

Blick auf Biesenbrow
Blick auf Biesenbrow

Die vormalige Existenz zweier Kirchen ist unter anderem Ausdruck der einstigen Bedeutung und Wirtschaftskraft des Städtchens. Diese ging vor allem durch den 30-jährigen Krieg stark zurück. Doch schon vorher hatten die v. Sparr zu Greiffenberg eine gedeihliche Entwicklung erfolgreich zu verhindern vermocht, indem sie die Benutzung des Biesenbrowschen Dammes für eine Handelsstraße unmöglich machten. Die Salzsiederei, die hier betrieben wurde, ging ein. Der Krieg und Seuchen vernichteten die Bevölkerung. Seit dem Krieg war alles, was an eine Stadt erinnerte, z. B. die letzten Spuren der städtischen Verfassung ebenso wie das Marktrecht verschwunden. Die zweite Kirche (St. Marien) wie auch ein großes "Heiligenbild aus Stein" zwischen den beiden Kirchen (möglicherweise ein Roland) waren zerstört. 1699 ist noch von einem "Flecken" die Rede, doch danach sank Biesenbrow endgültig zum Dorf herab. An die einstige, wenn auch bescheidene Stadtherrlichkeit erinnern noch heute die Maße der Feldsteinkirche.
Wie so viele uckermärkische Adelsfamilien überstanden die v. Biesenbrow die langen Kriegszeiten nicht. Sie mussten schuldenhalber ihre Güter verpfänden, und als der letzte v. Biesenbrow 1695 starb und die Witwe die Güter nicht einlösen konnte, erklärte der Kurfürst Friedrich III. diese für eingezogen. Er belehnte den brandenburgischen Premierminister und Oberpräsidenten, Reichsfreiherr Eberhard v. Danckelmann, mit dem Dorf. Nach dessen Sturz kaufte im Jahre 1698 Markgraf Phillip Wilhelm zu Schwedt die Biesenbrowschen und Arnimschen Anteile auf. Über seine Tochter gelangte der Ort im Erbgang an das Herzogtum Anhalt Dessau, wo es bis 1945 verblieb.


Pfarrhaus in Biesenbrow / W. Ebert

Im Zuge der Bodenreform wurden 1946 insges. 1457 ha enteignet und aufgesiedelt. 1955 gründete sich die eine LPG Typ III, die 1957 38 Mitglieder umfasste und 630 ha LN bewirtschaftete. Daneben gab es noch 2 LPG Typ I, die sich 1975 der LPG Typ III anschlossen. Ein Jahr später schlossen sich dieser auch die LPG Grünow und Schönermark an. Mit der einsetzende Spezialisierung und Konzentration der landwirtschaftlichen Produktion kam einerseits zu einer LPG Tierproduktion in Biesenbrow und andererseits zur Bildung einer Kooperativen Abteilung Pflanzenproduktion (KAP) in Schönermark mit einem Betriebsteil in Biesenbrow. Seit 1991 bewirtschaftet die Agrar GmbH als selbstständiger Betrieb 1.100 ha landwirtschaftliche Nutzfläche.

Seit Oktober 1992 lag die Verwaltungszugehörigkeit von Biesenbrow beim Amt Angermünde- Land. 2003 schlossen sich die Gemeinden des Amtes Angermünde-Land mit der Stadt Angermünde zusammen. Trotz heftiger Proteste der Biesenbrower nach oben Bürger verlor das Dorf damit seine Selbständigkeit und wurde zum Ortsteil von Angermünde.
 

Ortsbeschreibung

Der Ort liegt auf einer wellig bis kuppig-hügligen "Gundmoräneninsel" inmitten des Welsebruches. Vom 65 m hohen Weinberg genießt man einen herrlichen Ausblick auf die außerordentlich reizvolle, eiszeitlich geprägte Landschaft, die Biesenbrow umgibt. Der Boden des Bruches besteht überwiegend aus gutem Torf, die nördlich und westlich angrenzenden Grundmoränenflächen aus fruchtbarem Lehm. In Richtung Leopoldsthal, im Bruch hinterm Berge, wo alte Kopfweiden und Erlen dem Landschaftsbild das Gepräge geben, ist ein schönes Stück Natur erhalten geblieben.


Umgebung von Biesenbrow / W. Ebert

Der Schriftsteller Ehm Welk verlebte hier seine Kindheit und Jugend. Er machte den Ort mit seinem Buch "Die Heiden von Kummerow" bekannt. Sein Geburtshaus und ein ihm gewidmetes Klassenzimmer in der alten Schule erinnern heute noch an ihn.

Schon von weitem grüßt die stattliche, auf einem Hügel erbaute Kirche von Biesenbrow die ankommenden Gäste. Es ist ein rechteckiger Feldsteinbau mit Westturm in Schiffsbreite. Als Gründungszeit wird die Mitte des 13. Jahrhunderts angenommen. Die gut bearbeiteten regelmäßigen Feldsteinquadern wurden in Schalenbauweise vermauert (außen und innen Feldsteinquader, in der Mitte mit Mörtel verbundene Steinreste). Seit 1791 hat der 35 Meter hohe Kirchturm seine heutige Gestalt. Die beiden Südportale stammen noch aus der Urprungzeit, die meisten Fenster hingegen sind verändert.


Dorfkirche von Biesenbrow / W. Ebert

1909 wurde die Kirche durch einen Brand zerstört. Der Wiederaufbau begann 1912 unter Verwendung der noch stehenden Umfassungsmauern nach Plänen des Hofrates Böttger.

Der Krieg 1945 bewirkte eine erneute teilweise Zerstörung. 1952 begann man, die Kriegsschäden zu beheben. 1976 bekam der Turm neuen Putz, neuen Anstrich und ein neues Dach. im September 1986 öffnete man die Kugel des Kirchturmes. Dabei wurde eine Dorfchronik bis 1898 von Pfarrer Dr. Klappenbach , mehrere kleine Berichte und ein handschriftlicher Bericht über den Großbrand von 1809 gefunden.
Die Kampfhandlungen von 1945 beschädigten die Inneneinrichtung der Kirche stark. Der bis dahin vorhandene Kanzelaltar wurde wie alle übrigen Einrichtungsgegenstände total zerstört. Das sich die Kirche in Crussow in einem besorgniserregenden Zustand befand, entschloss man sich Ende der 60er Jahre, den dortigen Altar und die Kanzel nach Biesenbrow umzusetzen. Der Altar, ein qualitätsvolles Schnitzwerk, stammt aus dem Jahre 1420. Im Mittelteil dieses Flügelaltars ist eine stehend Madonna zwischen zwei Heiligen. In den Flügeln sind Reliefs aus der Kindheitsgeschichte Christies dargestellt. Im Altarfuß (Predella) befindet sich ein Abendmahlsgemälde. Die Kanzel aus dem Jahre 1620 komplettiert diese Ausstattung.

Zu den Sehenswürdigkeiten des Dorfes gehört auch das alte Schulhaus von Biesenbrow.
Das Küsterhaus, das nach dem Brand von 1728 gebaut worden war, musste wegen Baufälligkeit 1886 abgerissen werden. Es wurde ein neues stattliches Schulhaus errichtet, das noch heute steht. Heute befindet sich in den alten Schulräumen eine Ausstellung zum Thema Ehm Welk.


Schulhaus in Biesenbrow / W. Ebert

Wie aus der Geschichte hervorgeht, besaß Biesenbrow ein großes Rittergut mit mehreren Vorwerken. Auf dem Gutsgelände fand man 2002 bei Grabungen Reste einer mittelalterlichen Burg, über die schon 1375 berichtet worden war. An der Nordseite des großen Hofes wurde schon früh ein ansehnliches Schloss errichtet. Nach 1945 anderweitig genutzt und verändert, ist der zweigeschossige Putzbau mit Freitreppe noch heute eine Zierde des Dorfes.
nach obenErhalten blieben auch zwei historische Backsteinbauten, die alte Brennerei und die ehemalige Schnitterkaserne.
 

Ehm Welk - ein Kind von Biesenbrow


Geburtshaus von Ehm Welk / W. Ebert

Am 29.08.1884 wurde Ehm Welk in einem kleinen Haus in Biesenbrow geboren. Sein Vater stammt aus dem Spreewald und arbeitete als Milchkühler auf dem Gut. 1890 -1898 besuchte Ehm Welk die einklassige Dorfschule in Biesenbrow und wurde von Kantor Böttcher unterrichtet. Ab1923 lebte er in Berlin und arbeitete als Journalist und Schriftsteller. 1928 war er dort als Chefredakteur der "Grünen Post" beschäftigt. Sein 1934 gegen Göbbels gerichteter Leitartikel " Herr Reichsminister ein Wort bitte ", brachte ihn ins KZ Oranienburg. Nach seiner Freilassung siedelte er in den Spreewald über, er hatte Schreibverbot. Erst 1937 erlaubte man ihm "unpolitische Bücher " zu schreiben.


Gedenktafel am Schulhaus
Foto: H. Domnick
Es entstanden: 1937 "Die Heiden von Kummerow", 1938 "Die Lebensuhr des Gottlieb Grambauer", 1943 "Die Gerechten von Kummerow", 1952 "Mein Land das ferne leuchtet".
Berühmtheit erlangte er und auch sein Geburtsort vor allem durch das Buch "Die Heiden von Kummerow" und dessen vorzügliche Verfilmung. Die handelnden Personen sind nicht erfunden, sie sind aus dem Leben gegriffen, aus dem Leben des Dorfes Biesenbrow.
Nach dem 2. Weltkrieg stellte er sich dem Wiederaufbau seiner Heimat zur Verfügung. 1949 nahmen die Schulkinder von Biesenbrow brieflichen Kontakt zu Ehm Welk auf. Er wohnte damals in Bad Doberan und arbeitete wieder als Schriftsteller. 1953 besuchte Ehm Welk mit seiner Frau Biesenbrow. Am 19.12.1966   nach obenstarb Ehm Welk und wurde auf dem Waldfriedhof in Bad Doberan beigesetzt.
 

 

Quellen und Literatur:

 

© Märkische Eiszeitstraße,   W. Ebert, 2006