Als Ergebnis eines Anpassungsprozesses traten um 4 000 v. u. Z. im Norddeutschen Flachland und darüber hinaus in weiten Bereichen Mittel- und Nordeuropas Keramikformen und auch neue Formen von Steingeräten auf. Der polnische Archäologe Konrad Jadzewski faßte sie unter dem Begriff der "Trichterbecherkultur" zusammen und gliederte sie in eine Nord- und Südgruppe sowie eine Ost- und Westgruppe. Spätere Forscher konnten zahlreiche weitere kulturelle Gruppen innerhalb der Trichterbecherkultur erkennen. Die frühe Trichterbecherkultur weist Siedlungsschwerpunkte im Havelland und in der Uckermark auf (Wetzel 1996). Auch die Träger der Trichterbecherkultur waren Bauern. Siedlungen dieser Zeit wurden bisher in unserem Raum selten untersucht. Die meisten Kenntnisse über die Trichterbecherkultur gewann man aus Grabfunden.
Unter den Gefäßtypen der Trichterbecherkultur befinden sich solche, die auf einem leicht bauchigen Unterteil über der Gefäßschulter ein Oberteil aufweisen, das ähnlich einem Trichter geformt ist. Es sind die für die Kulturgruppen namengebenden "Trichterbecher". Sie sind in unserem Gebiet anfangs entweder gar nicht oder nur sehr sparsam durch Einstiche unter dem Rand verziert.
Gefäße der Trichterbecherkultur:
1 Amphore, 2 Trichterrandschale, 3 Trichterbecher (nach E. Kirsch, 1993) |
Aus den Museen
• Angermünde: 1 Amphore der Trichterbecherkultur 2, 4, 5 Gefäße der Oderschnurkeramik • Eberswalde: 3 Kugelamphore • Neu-Kleinow: 6 Malstein und Reibestein |
Manchmal ist der Gefäßkörper mit senkrechten Rillen versehen. Vereinzelt treten auch ösenförmige Henkel auf (siehe 1 in der Abb.).
Weitere charaktistische Gefäße mit bauchigem Gefäßkörper und meist zylindrischem oder leicht trichterförmigem Hals besitzen zwei oder vier Ösenhenkel am Halsansatz oder auf dem Gefäßbauch. Sie werden als "Amphoren" bezeichnet.
Typisch für die Trichterbecherkultur sind die "Kragenflaschen", kleine Gefäße mit kugeligem oder birnenförmigem Körper (siehe 2 in der Abb.). Das Oberteil ist ähnlich einem Flaschenhals ausgebildet und weist eine kragenförmige Ausstülpung auf. Runde Scheiben aus Ton dienten als "Backteller" der Zubereitung von Fladenbrot. Sie wurden sicher auch zur Abdeckung von Gefäßen und anderweitig im Haushalt verwendet. Besonders große Gefäße wurden mehrfach als Vorratsspeicher im Siedlungsgelände eingegraben.
Charakteristisch für die Trichterbecherkultur ist in der mittleren Jungsteinzeit die Anlage von Großsteingräbern. Eine für die Uckermark typische Bestattungssitte waren Körperbestattungen in Hocklage in Steinkisten. Als Beigaben treten tassenförmige Tongefäße häufig auf.
Kugelamphorenkultur
Gefäße mit kugelförmigem Körper, zylindrischem, meist verziertem Hals und Ösenhenkeln am Halsansatz wurden namengebend für die "Kugelamphorenkultur", deren Erscheinungen in Europa von der Ukraine bis nach Dänemark verbreitet sind. Sie tauchen im Subboreal im norddeutschen Flachland auf, in einer Klimaperiode, die durch Trockenheit und erneute Temperaturanstieg gekennzeichnet ist.
Aus dem Bereich der sogenannten "Havelländischen Kultur" haben sich anscheinend
ebenfalls Bauern in der Uckermark niedergelassen. Neben Keramik- und Verzierungsformen, sowie den auffälligen doppelschneidigen Äxten weisen vor allem die ungewöhnlichen Bestattungssitten bei Dedelow und Flieth die Errichtung von Totenhütten und deren Verbrennung auf die Anwesenheit von "Havelländern" hin.
Einzelgrabkultur
Im jüngeren Abschnitt der Jungsteinzeit gehen die Bewohner Norddeutschlands vor 4300 Jahren wieder zu Einzelbestattungen über. Im bewußt gewählten Gegensatz zu den Kollektivbestattungen in den Großsteingräbern während der mittleren Jungsteinzeit wird diese neue archäologische Kultur in Norddeutschland und Südskandinavien, in der außer der Bestattungsweise auch Veränderungen in der materiellen Kultur ersichtlich sind, als "Einzelgrabkultur" bezeichnet
(J. Jacobs 1991).
Oderschnurkeramik
In der relativ dicht besiedelten Uckermark bildete sich eine Gruppe heraus, die offenbar Verbindungen entlang der Oder zu den im Süden und Südosten verbreiteten Kulturen der "Schnurkeramik" unterhielt. Sie wird von den Archäologen als Nordgruppe der "Oderschnurkeramik" bezeichnet (G. Wetzel 1969). In Mecklenburg, Vorpommern und Nordbrandenburg finden sich Bestattungen der Einzelgrabkulktur wie der Oderschnurkeramik als einfache Erdbestattungen (Prenzlau), Bestattungen mit Steinschutz und mit kleinen Hügeln überdeckt (Schwaneberg) sowie in Steinkisten (Pinnow, Criewen Meyenburg) aber auch als Nachbestattungen in Großsteingräbern.
In der Einzelgrabkultur und der "Oderschnurkeramik" sind Becherformen mit s-förmig geschweiftem Umriß charakteristisch. Sie sind im Oberteil verziert, unter anderem mit Abdrücken gedrehter Schnüre, die auch namengebend für die Kultur waren. Auch Reihen schräg gegeneinander gesetzter Einschnitte, die ein fischgrätenartiges Muster ergeben, sind öfter zu beobachten sowie mit der Spitze nach unten gerichtete ("hängende") Dreiecke, deren Flächen mit Linien ausgefüllt sind. Eine Besonderheit sind die "Zapfenbecher", bei denen
unter dem Gefäßrand eine plastische Ausstülpung zu erkennen ist.
Streitaxtkulturen
Einzelgrabkultur und Oderschnurkeramik gehören zu den Streitaxtkulturen. Ihre Äxte unterscheiden sich von denen der Trichterbecherkultur durch eine nach unten gezogene Schneide.1
In dem späten Abschnitt der Jungsteinzeit tauchen auch die ersten Metallgegenstände bei den Bauern in der Uckermark, Vorpommern und Mecklenburg auf. Die im Austausch in das Gebiet südlich der Ostsee gelangten Bronzedolche aus dem Bereich der sogenannten Aunjetitzer Kultur2 haben wahrscheinlich die dortigen Spezialisten der Feuersteinbearbeitung zur Herstellung der prachtvollen Feursteindolche inspiriert.
1 Die Äxte der Trichterbecher- und der Einzelgrabkultur wurden von dänischen Archäologen nach ihren Formen in eine Vielzahl von Typen gegliedert, die regional unterschiedlich verbreitet sind und wichtige Anhaltspunkte für ihre zeitliche Einordnung ergaben.
2 Erste metallzeitliche Kultur im nördlichen Mitteleuropa, die Kupfer und Zinn zu Bronze legierte und daraus Schmuck, Waffen und Werkzeuge produzierte. Sie hatte ihre Hauptverbreitung in Böhmen, Schlesien, Sachsen und Sachsen -Anhalt sowie in der Niederlausitz.