Großsteingräber im Bereich der Märkischen Eiszeitstraße

Wollschow - Riesensteingräberfeld

Lage:
Das Ensemble von Bodendenkmalen liegt auf einer Talsandinsel im Randow-Urstromtal östlich der auf der Grundmoräne liegenden Dörfer Wollschow, Woddow und Menkin.

Zufahrt:
Von der Autobahn A 11, Anschlussstelle Schmölln, über Schwaneberg, Grünberg zum Dorf Bagemühl (Parkmöglichkeit). Hier beginnt der ausgeschilderte Steinzeitwanderweg. Der Wanderweg ist für Kraftfahrzeuge gesperrt! Weitere Zufahrtsmöglichkeit von Prenzlau auf der Landstraße über Brüssow in das Dorf Wollschow. Nahe der Kirche biegt von der Dorfstraße eine nicht befestigte Straße in Richtung Randowtal ab. Im Kiefernhochwald (Parkmöglichkeit) biegt nach rechts der Waldweg nach Bagemühl ab (Schälchensteine!). Für Kraftfahrzeuge gesperrt! Nach ungefähr 500 m auf dem Forstweg erreicht man eine Schutzhütte an der Kiefernschonung. Hier befindet sich die zentrale Gruppe des Großsteingräberfeldes.

Beschreibung:
Die Grundmoräne westlich des Randowtales, insbesondere die sanft zum Randowtal geneigten Hänge sind durch zahlreiche Funde und Befunde als Siedlungsgebiet der jungsteinzeitlichen Ackerbauern ausgewiesen.

Klick: VergrößernIn der Aue des Randowtales erstreckt sich von Menkin im Norden bis Bagemühl im Süden eine etwa 6 Kilometer lange Talsandinsel, die größtenteils mit Kiefernwald bestanden ist. Sie wird "Sandfeld" genannt. Der nördliche Teil heißt "Steinfeld". Auf diesem Gelände befinden sich jungsteinzeitliche Gräber in Gruppen verteilt und einzeln. Hugo Schumann untersuchte 1903 einige Anlagen. Viele Gräber waren bereits früher ausgeräumt und zum Teil auch zerstört worden. Der Wollschower Bauunternehmer Bresin hatte mehrere Gräber ausgegraben und eine Sammlung von steinzeitlichen Gefäßen und Geräten angelegt. 1929/30 sowie 1934/35 führte Albert Kiekebusch vom Märkischen Museum Berlin Ausgrabungen auf dem Sandfeld durch. 1972/73 stellten Mitarbeiter des Museums für Ur- und Frühgeschichte Schwerin Nachuntersuchungen in allen noch vorhandenen Gräbern an. Insgesamt waren 40 Anlagen nachweisbar.



             Plan des Gräberfeldes Wollschow (nach E. Sprockhoff, 1967)

1992 wurden von der Gemeinde Bagemühl Pflegemaßnahmen eingeleitet, die vor allem den dichten Pflanzenwuchs von den Bodendenkmalen entfernten. Das Ergebnis ist der Steinzeitwanderweg. Ein unaufdringlich markierter Rundweg führt zu den einzelnen Grabanlagen und Bodendenkmalen. 

Südlich dieser Gräbergruppe befinden sich am Waldweg Richtung Bagemühl weitere z. T. zerstörte Großsteingräber. Von einem wurde Anfang des 20. Jahrhunderts zu seiner gewaltsamen Öffnung sogar der Deckstein weggesprengt. Noch heute liegt er rund hundert Meter vom Grab entfernt im Wald.
Leider hat der Vandalismus auch vor diesem wertvollen Kulturgut nicht halt gemacht. Es wurden Wegebezeichnugen, Grabschilder und zwei von der Geselschaft Märkischei Eiszeitstraße angebrachte Erläuterungstafeln weitgehend zerstört



Hünenbett mit Steinplattenkisten
 

 
An der nördlichen Grenze der umfangreichsten Gräbergruppe liegt ein Hünenbett (Grab 1). Es besteht aus einer trapezförmigen lückenhaften Steinsetzung in der Ausrichtung Nordwest-Südost. Die Steinsetzung ist 20 Meter lang, die Maximalbreite im Südosten beträgt 6 Meter, die Breite im Nordwesten 3,5 Meter.
nnerhalb der Steinsetzung befand sich früher ein etwa 1 Meter hoher wallartiger Hügel.



Wolschow Grab 1. Foto W. Eber

Er wurde schon um 1900 durchwühlt. Viele Steine weisen Spuren von Sprengversuchen auf. Die zahlreichen Rollsteine und Blöcke hält E. Kirsch mit Vorbehalt für die Steinpackung der ursprünglichen Bestattung. Im südöstlichen Teil des Hünenbettes hatte bereits Bresin eine Steinkiste aus vier Rotsand- steinplatten gefunden. Die Innenmaße betrugen 1,7 Meter Länge und 1,0 Meter Breite. Die Tiefe unter der steinzeitlichen Bodenoberfläche erreichte 1,2 Meter. Das Grab war schon früher ausgeraubt worden. Die Steinplatten wurden in einer Brücke in Wollschow verbaut. Von den Mitarbeitern des Märkischen Museums wurde eine kleinere Steinplattenkiste mit Deckplatte im nordwestlichen Teil des Hünenbettes untersucht. Sie war von der alten Erdoberfläche 0,5 Meter eingetieft. Diese Steinplattenkiste ist im Lichten 0,85 Meter lang und 0,5 Meter breit. Die Ecken waren sorgfältig mit kleinen Steinplaten und Lehm abgedichtet. In der Steinkiste befanden sich in Hockerstellung die Skelette von zwei 6-8-jährigen Kindern, sowie die Reste eines dritten Kinderskeletts 2). Als Beigabe stand ein tassenförmiges Gefäß mit breitem Henkel in der Steinkiste. Die beiden Steinkisten wurden offenbar als "Nachbestattungen" in das früher angelegte Hünenbett eingebracht. Nach der Ausgrabung wurde das Hünenbett restauriert.

Steinplattenkiste mit Deckstein
Ungefähr im Zentrum der Gräbergruppe liegt eine Steinplattenkiste, die 1929 von den Mitarbeitern des Märkischen Museums untersucht werden konnte (Grab 34).

   


   Wollschow Grab 34 (Walfischgrab)                                                     Grabungsbefund, Bestattung
 

Wegen der eigenartigen Form des Decksteines bezeichneten die Ausgräbern die Anlage scherzhaft als "Walfischgrab". Die Kiste ist aus 4 dünnen Kalksteinplatten zusammengestellt. Der Deckstein ist zersprungen. Der größere Teil liegt noch in originaler Lage auf der Kiste. Das kleinere Bruchstück wurde nach der Ausgrabung daneben aufgestellt. Die Kiste war bis zur Oberkante der Wandplatten in die alte neolithische Erdoberfläche eingetieft.. Die Innenmaße betragen Länge 1,50, Breite 0,6 und Tiefe 0,7 Meter. Die Fugen waren mit Lehm ausgestrichen. Den Boden bildete eine Schüttung aus zerschlagenem Kalkstein, darüber befand sich eine Diele aus Lehm. Die weitgehend vergangenen Knochenreste deuteten ein auf der rechten Seite liegendes Skelett mit angezogenen Gliedmaßen an (sogen. "extremer rechter Hocker"). Als Beigaben befanden sich ein Tongefäß mit Henkel und eine querschneidende Pfeilspitze in dem Grab.

Urdolmen
In einem flachen Hügel gegenüber der Schutzhütte liegen östlich des Weges drei Steingräber nebeneinander, die als Urdolmen zu bezeichnen sind (Gräber 3-5). Die Langseiten der Grabkammern werden durch liegende Steinblöcke gebildet. Bei dem mittleren Gab fehlt ein Seitenstein (Grab 4). Decksteine sind nicht mehr vorhanden. Die Wandsteine der Gräber waren bis zu einem Drittel ihrer Höhe in eine jungsteinzeitliche Siedlungssicht eingetieft. Die geringen Innenmaße der Kammern (Länge 1,40 bis 1,60 Meter, Breite unter 1,0 Meter) erinnern daran, das hier ursprünglich nur eine Bestattung vorgesehen war. Die Gräber sind zu unbekannter Zeit ausgeräumt worden. Zwischen dieser Gräbergruppe und dem Hünenbett liegt ein weiterer Urdolmen (Grab 2), dessen Wandsteine vollzählig erhalten sind. Auch hier fehlt der Deckstein. Im östlichen Teil der Gräbergruppe liegt ein kleiner Urdolmen (Grab 14), dessen Langseiten aus einem in der Mitte zersprungenem Granitblock gebildet werden. Die nördliche Schmalseite ist mit einer Rotsandsteinplatte geschlossen. Vor der südlichen Schmalseite steht schräg eine Rotsandsteinplatte und markiert vielleicht eine Eingangsöffnung. Der Deckstein, der die Kammer vollständig bedeckte, ist zur Seite geschoben. In der gestörten Kammer wurden die Reste eines menschlichen Skelettes und einige Tonscherben gefunden.
 

Erweiterter Dolmen
Etwa 700 Meter südlich der Hauptgruppe zweigt vom Bagemühler Weg nach Westen ein Weg nach Woddow ab. Ein Hinweispfeil weist auf eine Gruppe zerstreut liegender Steingräber nördlich dieses Weges. Darunter befindet sich der einzige erweiterte Dolmen des Wollschower Gräberfeldes. Das Grab wurde schon vor 1904 vom Baumeister Bresin ausgeräumt. Durch die Ausgrabung von E. Schuldt wurde die Anlage wieder freigelegt. Die Langseiten der Grabkammer bestehen aus je zwei Wand- bzw. Trägersteinen. Die nordöstliche Schmalseite ist mit einem Abschlussstein geschlossen. Die südwestliche Schmalseite war mit Rollsteinen zugesetzt. Die Lücken zwischen den Wandsteinen waren sorgfältig mit kleinen flach geschichteten Rotsandsteinplatten gefüllt. Bei der Entdeckung lagen zwei Decksteine über der Kammer, von denen einer schon durch Sprengungen beschädigt war. Die Innenmaße betragen 1,9 Meter in der Lände, 0,9 Meter in der Breite. Die Wandsteine sind 1,0 Meter hoch. Die Wandsteine waren bis zu ihrer halben Höhe in den anstehenden Boden eingelassen.Das Grab war mit einem Rollsteinhügel umgeben. Zu einer runden Einfassung könnten die in der Umgebung verstreuten Steinblöcke gehört haben. In diesem Grab war offenbar eine Bestattung in Form einer Knochendeponierung erfolgt. Darauf läßt jedenfalls die Beobachtung schließen, daß an der südwestlichen Längswand nur noch Arm- und Beinknochen leidlich erhalten waren und der Schädel auf den Beckenknochen lag 3).

  Als Beigaben standen zwei Kugelamphoren neben dem Knochendepot. Außerdem wurden drei Feuersteinbeile, mehrere Klingen, eine querschneidende Pfeilspitze sowie Schweine- und Rinderknochen in der Kammer gefunden. Der unbeschädigte Deckstein dieses Großsteingrabes wurde als Grabstein für den 1909 verstorbenen Sanitätsrat Dr. Hugo Schumann auf dem Friedhof in Löcknitz aufgestellt.

 
Wollschow, Kugelamphoren aus Grab 23 (nach E. Schuldt, 1975)

1) Die folgenden Angaben nach H. Schumann 1904; E. Schuldt 1975; E. Kirsch 1993. Die in Klammern gesetzte Angabe der Grabnummern erfolgt nach dem Plan von E. Schuldt 1975, Abb.2. Die etwas willkürlich verteilten Nummern wurden bereits von Kiekebusch wohl in der Reihenfolge der Auffindung der Anlagen vergeben.

2) Es handelte sich eindeutig um 3 Kinderbestattungen (vergl. E. Schuldt 1975). Deshalb ist die Bezeichnung "Kinderdoppelgrab" in der Beschilderung des Steinzeitwanderweges nicht korrekt.

3) H. Schumann (1904) folgerte daraus, dass der Tote bei der Bestattung aufrecht sitzend oder hockend an die Wand gelehnt worden wäre.  zurück

© Märkische Eiszeitstraße, R. Schulz