In ihrem Aufbau und architektonischen Details unterscheiden sich die Großsteingräber in den verschiedenen Landschaften Norddeutschlands. Die Darstellung muss sich auf diejenigen Grabformen beschränken, die im Gebiet der Märkischen Eiszeitstraße und ihrer Nachbarschaft vertreten sind. Man unterscheidet Urdolmen und Blockkammern, erweiterter Dolmen, Großdolmen, Ganggrab, Hünenbett ohne megalithische Grabkammer und die Steinkisten. Letztere können aus Steinplatten oder aus Steinblöcken zusammengesetzt sein. Selten nachweisbar sind Monolithgräber. Die häufig für die Großsteingräber allgemein verwendete Bezeichnung "Dolmen" ist aus dem keltischen Sprachbereich hergeleitet und bedeutet der "steinerne Tisch" (bretonisch: taol = der Tisch und maen = der Stein). Die Bezeichnung entstand in Zeiten, als die mit Decksteinen versehenen Grabkammern von den Gelehrten als Opfer- oder Altartische angesehen wurden. Auch der brandenburgische Gelehrte J. C. Beckmann schrieb im 17. Jahrhundert noch von "Grabaltären".
Der Urdolmen ist die älteste Form der Groß- steingräber. Die rechteckige Grabkammer besteht aus vier Steinblöcken, die möglichst mit ihren annähernd glatten Seiten nach innen aufgestellt wurden. Die Wand- bzw. Träger- steine wurden liegend auf ihren Langseiten nur geringfügig in den Boden eingetieft. An die Schmalseiten wurden Abschlusssteine gesetzt. Die Grabkammer wurde nach der Bestattung mit einem Deckstein verschlossen. Diese Grabkam- mern waren ursprünglich wohl nur für die Bestattung einer Person bestimmt. Außen war die Grabkammer mit einem Hügel, der häufig aus Steinen bestand, umgeben. In der Archäologie werden diese Steine, um sie von den Großgeschieben zu unterscheiden, als "Rollsteine" (abgeleitet von Geröll) bezeichnet.
Kollektivgrab: Als man dazu überging, die Grabkammern wiederholt für Bestattungen zu benutzen, wurden sie so angelegt, dass die Möglichkeit eines Zugangs offen blieb. Somit musste nicht für jede Bestattung der schwere Deckstein abgehoben werden. Der Urdolmen wurde nunmehr aus einem Abschlussstein und zwei Wandsteinen zusammengesetzt. Vor die offene Seite setzte man einen Schwellenstein. Der so verbliebene Eingang wurde mit Rollsteinen oder Steinplatten zugesetzt. Er konnte bei Bedarf ohne größeren Arbeitsaufwand geöffnet werden.
Die Urdolmen mit Eingang werden im Gebiet der Märkischen Eiszeitstraße eindrucksvoll repräsentiert durch die Anlagen von Trebenow und Neuenfeld sowie das umgesetzte Grab von Schmiedeberg. Meist sind Reste des Rollsteinhügels vorhanden (Neuenfeld, Schmiedeberg). Diese Hügel waren zum Teil rund und an ihrer Außenkante mit einem Steinkranz umgeben. In der Uckermark kommen auch Urdolmen vor, die in die Erde eingesenkt sind. Sie sind meist kleiner als die oben erwähnten Anlagen (E. Schuldt 1975). Einige weisen Eingangsöffnungen auf. Wenn die Grabkammer vollständig in den Boden eingetieft ist, wird sie auch als "Blockkammer" bezeichnet. im bewussten Gegensatz zur "Steinkiste", die aus schmalen, plattenartigen Steinen zusammengesetzt wurde.
Die Langseiten der Grabkammer bestehen aus je zwei aufrecht stehenden Wand- bzw. Trägersteinen. Zwei Trägersteine und der darüber liegende Deckstein bilden ein Joch. Der erweiterte Dolmen ist also aus zwei Jochen zusammengesetzt. An einer Schmalseite wurde die Wand aus einen Schlussstein gebildet. An der zweiten Schmalseite wurde ein schmaler Schlussstein oder ein Schwellenstein gesetzt. Dadurch blieb eine Zugangsöffnung frei. Die Ausdehnung des Innenraums der Grabkammern in den erweiterten Dolmen konnte bis zu 2,50 Meter Länge, 1,50 Meter Breite und 1,50 Meter Höhe betragen. Die Zwischenräume zwischen den Wandsteinen wurden sehr sorgfältig durch ein Trockenmauerwerk ausgefüllt, das teilweise mit Lehm verstrichen wurde. Der Boden der Grabkammern war häufig mit einem Steinpflaster mitunter auch mit gebranntem Feuerstein ausgelegt.
Verschlossen wurde die Grabkammer durch zwei Decksteine. Der Eingang konnte mit Steinplatten oder Rollsteinen zugesetzt werden. Auch diese Grabkammern waren mit Hügeln umgeben, die ihrerseits wahrscheinlich mit aufrechtstehenden Steinblöcken eingefasst waren. Im Bereich der Märkischen Eiszeitstraße sind die Gräber von Brüssow-Hammelstall, Mürow, Schwaneberg und
Stegelitz (mit Resten der ehemaligen Steinhügel) Vertreter dieser Grabform.
Der Großdolmen entstand aus dem erweiterten Dolmen durch Hinzufügung weiterer Joche. Die Wände der Grabkammern sind aus 8 bis 12 Trägersteinen zusammengesetzt und mit 3 bis fünf Decksteinen verschlossen. Die Eingangsöffnung befindet sich immer an einer der beiden Schmalseiten. Die Grabkammern überschreiten selten die Läge von 8 Metern und sind bis zu 2,5 Meter breit.
Die Gangräber sind im nördlichen Mecklenburg verbreitet. Die Wände bestehen aus 10 bis 12 aufrecht stehenden Trägersteinen. 3 bis 5 Decksteine verschließen die Kammern. Der Zugang erfolgt immer durch eine Lücke zwischen den Wandsteinen einer Langseite. Vor die Lücke wurde aus Wandsteinen und Decksteinen ein Gang gebaut. Der Gang wurde meist an beiden Enden durch Steinplatten verschlossen. Die Ganggräber sind von rechteckigen Hügeln mit Steineinfassungen umgeben.
Sonderfall Wartin: Eine Sonderform bietet das "multikulturelle" Gräberfeld von Wartin. Hier ist in einem Hünenbett eine Grabkammer aus Steinplatten in Form eines Ganggrabes angelegt worden (E. Kirsch. 1993). Wurde dieser Grabbau vielleicht in der ungewöhnlichen Form angelegt, weil hier auf der Terrasse des Randow-Urstromtales keine Großgeschiebe zur Verfügung standen ?
1938 wurde in der Großen Warthischen Heide ein Findling ausgegraben. Seine Ausmaße entsprachen denen der Decksteine von Großsteingräbern. Unter dem Stein befand sich ein Pflaster aus Sandsteinplatten mit drei Steinbeilen und Resten einer Kugelamphore - offensichtlich Beigaben einer Bestattung. Solche Gräber, die keine Wand- oder Trägersteine aufweisen und bei denen die Bestattung von einem einzigen großen Stein bedeckt wird, werden als Monolithgräber bezeichnet (griechisch: monos = eins; lithos = der Stein). Auch in dem multikulturellen Gräberfeld von Wartin wurde ein Monolithgrab mit Hockerbestattung gefunden (E. Kirsch 1993).
Kammerlos: Als "Heldenbetten" oder "Hünenbetten" bezeichneten bereits die alten Histzoriker im 17./18. Jahrhundert die rechteckigen oder trapezförmigen Steinsetzungen um die jungsteinzeitlichen Grabhügel. Heute werden zwei Gruppen unterschieden. Die "kammerlosen" Hünenbetten enthalten keine megalithischen Grabkammern. In ihnen wurden Bestattungen gefunden, deren Grabgruben ähnlich einer Wanne mit Steinen ausgesetzt waren. Diese Grabformen sind hauptsächlich in Westmecklenburg und beiderseits der unteren Elbe verbreitet. Die Größe, vor allem die Höhe, der Anlagen ergab sich aus dem Steinmaterial, das in der Region zur Verfügung stand. Somit fällt das Hünenbett von Wollschow auf der Terrasse des Randow-Urstromtales im Vergleich zu den mecklenburgischen Anlagen eher bescheiden aus. Eine Hünenbett mit großen Wächtersteinen beschreibt Beckmann (1752) in der Gemarkung Dedelow.
Sie warten darauf, entdeckt zu werden: Bei den Großsteingräbern der Uckermark sind heute keine Hünenbetten mehr sichtbar. Nördlich der Straße Stegelitz - Groß Fredenwalde sind die Felder mit einer Vielzahl von Grabhügeln mit rundem Grundriss besetzt. Als Entstehungszeit dieser Gräber wird allgemein die Bronzezeit angenommen. Am Rande dieser Gruppe befindet sich jedoch ein auffallend langgestreckter Hügel von 35 Meter Länge, 15 Meter Breite und 4 Meter Höhe. Bei der Beräumung des dichten Gestrüpps wurden auf dem östlichen Teil des Hügels drei Trägersteine einer Grabkammer entdeckt, die nur wenig aus der Oberfläche hervorragen. Es handelt sich anscheinend um einen Urdolmen. Daneben liegt der Rest eines gespaltenen Decksteines. Möglicherweise war dieser Hügel einmal durch ein Hünenbett eingefasst, dessen Steine entweder herausgebrochen wurden oder mit den über Jahrhunderte abgelagerten Lesesteinen überdeckt sind. Auf dem bewaldeten Kaninchenberg bei Stegelitz befinden sich die stark gestörten Reste einer megalithischen Grabkammer in einem Hügel, der Reste von zwei Steinreihen aufweist. Nordwestlich von Mellenau liegt zwischen Wiesen und Brüchern der "Godenkirchhof", ein beeindruckender Grabhügel von etwa 2,50 Meter Höhe. Um das Jahr 1900 war er mit großen Steinblöcken eingefasst. Diese wurden für den Straßenbau zerschlagen und abgefahren. Auch in diesem Hügel dürfte sich ein jungsteinzeitliches Großsteingrab verbergen. Es ist anzunehmen, dass sich auch in den anderen Langhügeln unter den uckermärkischen Bodendenkmalgruppen noch weitere Großsteingräber verbergen.
Die Steinkisten gehören wegen ihrer geringeren Größe nicht mehr zu den Großsteingräbern. Hier besteht die Grabkammer aus vier eher plattenförmigen (bis zu 20 cm starken) Seitensteinen. Sie wurde vollständig in den Boden eingesenkt. Mitunter kann eine Seite auch aus zwei plattenförmigen Steinen bestehen. Die Kammern waren mit einer Steinplatte oder einem Block abgedeckt.
Der Übergang zu den Block-Kammern, deren Wände aus dickeren Steinblöcken bestehen, ist fließend. Als Baumaterial für die Steinkisten wurde das in der Region vorhandene plattige bzw. spaltbare Gestein verwendet. Die Ausmaße der Steinkisten sind in der Regel für die Bestattung einer Person ausgelegt (E. Kirsch 1994). Jedoch enthielten einige Steinkisten die Überreste mehrerer Personen. Manchmal sind Steinkisten von einem flachen Grabhügel umgeben. Bei Stolzenhagen war eine Steinkiste mit zwei bestatteten Personen offenbar in einen älteren großen Grabhügel eingetieft.
© Märkische Eiszeitstraße, R. Schulz, G. Lutze, 2003