Großwild der Schorfheide
1876 wies Kaiser Wilhelm I. an, das Rotwild zu schonen, den Bestand kontinuierlich zu erhöhen und das Hofjagdgebiet schrittweise einzuzäunen; auch verbot er den Forstbeamten den Abschuß von starken Hirschen. Der höchste Rotwildbestand wurde nach 1880 erreicht, als der Kaiser aus gesundheitlichen Gründen nur noch sporadisch die Jagd ausübte und das Rotwild durch die Zäunung nicht mehr in die angrenzenden Gebiete wechseln konnte.
Kaiser Wilhelm II. behielt sich ebenfalls den Abschuß der starken Trophäenträger vor und duldete keine grundlegende Verringerung des Bestandes. Nach wie vor sollte der Damwildbestand zugunsten des Rotwildes niedrig gehalten werden. Dies änderte sich während des 1. Weltkrieges, als infolge mangels intensiver Bejagung der Damwildbestand den des Rotwildes sogar überstieg. Nach dem Krieg wurde der Wildzaun teilweise abgebaut, das Wild wechselte in Rudeln aus und die Wilddieberei nahm in der fast rechtlosen Nachkriegszeit erheblich zu. Dies führte zu einem Absinken beider Schalenwilddichten auf einen minimalen Bestand von wenig über 2 Stück Rot- und Damwild pro 100 ha. Mit Beginn der 30er Jahre stieg der Bestand wieder an und erreichte eine kontinuierliche Dichte von etwa 8,5 Stück/100 ha (Lebus, 1992).
Im Gebiet der Stiftung Schorfheide stand nunmehr die Qualität des Rotwildes, das heißt die Erhöhung der Trophäengüte, im Mittelpunkt der Wildbewirtschaftung. Durch einen intensiven Wahlabschuß bei gleichzeitiger Verminderung des Bestandes bis auf ein niedrigeres Niveau in Verbindung mit einer Verbesserung der Äsungsverhältnisse, wurde eine optimale Geweihbildung gefördert. Rothirsch. Foto W. Ebert |
Doch dieser Zustand dauerte nur kurze Zeit. Durch Zäunung und Zufütterung
wurden die Rotwilddichten stark angehoben und erreichten Werte analog der Kaiserzeit. Mit der Errichtung des Biosphärenreservates Schorfheide-Chorin ging ein starker Wildabschuß einher, so daß die Dichten beim Rotwild in der Oberförsterei Grimnitz heute bei etwa 2,5 Stück/100 ha liegen. Der Damwildbesatz ist fast doppelt so hoch (Obf. Schmiedel, pers. Mitteilung).
Neben diesen jagdlich bedingten Einflüssen gab es aber auch naturbedingte Rückschläge, z. B. infolge harter Winter, wie der von 1739/40, 1829/30, 1863/64, 1878/80 und 1928/29, in denen mehrere hundert Stück verendeten. Oberförster v. Hövel berichtete, daß er 1878/79 100 Stück und 1879/80 200 Stück Fallwild zu beklagen hatte. Als 1848 Milzbrand ausbrach, verendeten innerhalb von 6 Wochen 450 Stück. Auch die Tuberkulose richtete 1914 erheblichen Schaden an. Andere Ursachen waren der Durchzug von Truppen im 30jährigen Krieg oder die unter Napoleon. Alle bedienten sich am Wild. Eine Begleiterscheinung des Krieges war eine große Armut mit starkem Anstieg der Wilderei. 1835 wird berichtet, daß es nur noch schwer möglich war, die Hofküche mit Wildbret zu versorgen. Ebenso einschneidend waren die Bedingungen nach dem I. und dem II. Weltkrieg.
Auch das Reh ist seit jeher bodenständig und in der gesamten Heide verbreitet. Im Vergleich zum übrigen Schalenwild spielte es aber nie eine besondere Rolle, obgleich alljährlich in allen Revieren gute Abschußergebnisse erzielt worden waren. Rehwild litt besonders unter den Wölfen, was offensichtlich auch der Anlaß für zwei Edicte war. Beide, eines vom 15. Juni 1693 und ein zweites vom 13. November 1713, befassen sich mit der "Schonung des Rehe-Wildpräts".
Wildschwein (Foto: W. Ebert) | Zu den ältesten und sehr anpassungsfähigen Wildarten unserer Heimat zählt neben dem Fuchs das Schwarzwild. Wildschweine sind wahre Überlebenskünstler. In vielen Sagen, Erzählungen und Überlieferungen spielen starke Keiler eine wichtige Rolle. Das europäische Wildschwein wird als eines der hauptsächlichsten Stammformen des Hausschweins angesehen. Diese spielten besonders im späten Mittelalter, wo sie als Weideschweine gehalten wurden, eine große Rolle für die menschliche Ernährung. Als Konkurrenten, aber auch als Verwüster der Kulturpflanzenbestände, verfolgte man das Wildschwein wo und wie man nur konnte.. |
Danach aber wurden sie, auf die Klagen der Bauern hin, gnadenlos verfolgt. Im Lucienischen Saugarten von Groß Schönebeck wurden am 3.1.1725 insgesamt 221 Stück Schwarzwild "tot gemacht". Bis 1850 war die Ausrottung des Schwarzwildes fast vollendet; es kam nur noch als Wechselwild vor. 1873 rechnete man in der ganzen großen Heide nur noch mit 30 Sauen (Seeger, ca. 1916).
Daß trotz groß angelegter Saujagden von einer Ausrottung des Wildschweins in der Schorfheide keine Rede sein kann, beweisen die hohen Bestandesdichten, die zwischen 1950 und 1990 bei 7 Stück/100 ha lagen.
Auch der Fuchs gehört zu den ausgesprochenen Überlebenskünstler. Als Nahrungskonkurrent und wegen seines begehrten Balges (Fuchspelz) schon immer stark bejagt, war es in diesem Jahrhundert vor allem die durch ihn übertragene Tollwut, die Anlaß für einen regelrechten Ausrottungsfeldzug gab. Selbst vor einer Anwendung von Giften schreckte man nicht zurück. Erst der erfolgreiche Einsatz von Schluckimpfungen erlöste ihn von dem enormen Verfolgungsdruck. Heute kaum noch bejagt, hat er sich wieder überall stark ausgebreitet.
Fast mehr als der Fuchs, litt der Dachs unter dem Einsatz des Giftes. Der zur Familie der Marderartigen gehörende Dachs ist nacht- und dämmerungsaktiv und nur selten zu beobachten, obgleich er über die gesamte Heide, wenn auch nicht häufig, verbreitet ist. Seit einiger Zeit steigen die Bestände wieder nachhaltig an.
Auch der Fischotter, eine im Wasser lebende Marderart, kommt heute in der Schorfheide wieder häufiger vor. Auch ihm wurde ob seines Felles (Otterpelz) überall nachgestellt. Heute, unter strengen Schutz gestellt, sind es vor allem der zunehmende Straßenverkehr, die Reusenfischerei und die Gewässer- verbauungen, die zu Verlusten führen.
Fischotter / W. Ebert |
Schließlich seien noch der Baum- oder Edelmarder, der Steinmarder, der Iltis und die beiden Wieselarten (Hermelin und Mauswiesel) zu nennen, die zum festen Wildbestand der Schorfheide zählen.
Schwäne gehörten früher zur hohen Jagd, wie das Patent "daß wer nicht hohe Jagdt hat, keine Trappen und Schwane schießen soll" vom 12. Mai 1668 eindeutig bestimmt. Schon am 6. November 1582 wurde ein "Edict, wider die Wilddiebe, daß solche mit dem Strange zu bestrafen, auch Verbot des Schießens derer Schwanen" erlassen (Hausendorff, 1941).
© Märkische Eiszeitstraße, W. Ebert / H. Suter, 2003