Servitenkloster Altlandsberg ex.

Der Servitenorden, auch "Orden der Marienknechte" genannt, wurde 1233 in Florenz gegründet und hatte dort sein Zentrum. Erste Niederlassungen nördlich der Alpen gab es Ende des 13. Jahrhunderts, unter anderem in Nordhausen, Halle und Halberstadt.
Merkwürdig ist, dass 1335 in Altlandsberg von den Wittelsbachern ein Kloster der Serviten ins Leben gerufen wurde. Es war die letzte mittelalterliche Klostergründung und es blieb die einzige dieses Ordens auf dem Barnim. Stifter war Markgraf Ludwig der Ältere, der 1323 von seinem Vater schon als Kind mit Altlandsberg belehnt wurde. Warum fand gerade in Altlandsberg diese Klostergründung durch die Wittelsbacher statt, obwohl diese Stadt Anfang des 14. Jahrhunderts bereits ihre Entwicklung verlangsamte?
Die Gründungsurkunde lässt Ansätze für eine Beantwortung der Frage zu:

"Kundgetan sei all jenen, die den _self des vorliegenden Vertrages einsehen werden:
Daß wir, Ludwig von Gottes Gnaden Markgraf von Brandenburg und der Lausitz, Pfalzgraf am Rhein, Herzog von Bayern und Erzkämmerer des heiligen römischen Reiches, von frommen Eifer und göttlichem Trachten getrieben, nach reiflicher Überlegung und auf Drängen der Bürger unserer Stadt Alt-Landsberg, und wegen des ständigen Drängens der erleuchteten Fürsten, der brandenburgischen Markgrafen, unserer Vorfahren, und zum ewigen Seelenheil unserer Seelsorger, bestimmen und bewilligen..."

Unübersehbar ist zunächst die mittelalterliche Religiosität des Herrscherhauses, die aber allein wohl nicht der Anlass für die Klostergründung war. Den Schlüssel liefert, dass die Gründung "nach reiflicher Überlegung und auf Drängen der Bürger unserer Stadt Alt-Landsberg" geschah.1324 wurden der Bayernkönig Ludwig (1314 - 1347) und dessen Sohn, Ludwig der Ältere, vom Papst mit dem Bann belegt, der 1350 erneuert wurde. Als Folge des Bannes lag auf Brandenburg 1327 - 1358 das Interdikt der Wittelsbacher bei deren Machtübernahme. Es verbot alle kirchlichen Amtshandlungen wie Bestattungen, Taufen und Eheschließungen und bewirkte somit eine Lahmlegung wichtiger Bereiche des bürgerlichen Lebens. Allein die Bettelorden hatten das päpstliche Privileg, notwendige Amtshandlungen vorzunehmen. Sollte die Klostergründung ein Affront zum päpstlichen Bann sein? Zumindest sicherte das neue Kloster eine Umgehung des Interdikts für die Bürgerschaft, und die Wittelsbacher schufen sich damit eine starke Bindung der Altlandsberger an ihr Herrscherhaus.
Die Serviten waren ein kleiner Bettelorden. Er bestand in Altlandsberg etwa aus sechs Brüdern mit Priesterweihe und mehreren Laienbrüdern. Das Personal rekrutierte sich teilweise aus der unmittelbaren Umgegend. Den Konversen oblag die seelsorgerische Betreuung der Stadtbevölkerung und durch das Kirchenpatronat ebenso von Heckelberg, Leuenberg und später Neuenhagen. Daraus resultierten auch ihre eigenen Einkünfte. Das Kloster besaß jedoch nicht das Patronatsrecht der Stadtkirche Altlandsberg - das hatte sich das Prämonstratenserstift von Gramzow gesichert. Die Serviten bezogen lediglich Einkünfte vom Elendenaltar in der Stadtkirche. Weiterer, sehr bescheidener Besitz wurde von vornehmen Altlandsberger Bürgern gestiftet.

Stadtkirche Altlandsberg, Foto: W. Ebert

Gemäß ihrem Ordenszeichen verehrten die Serviten Maria. Dies entsprach den gängigen Frömmigkeitsformen des Mittelalters und förderte ihre Popularität. Vermutlich wurde in der Sprache des Volkes gepredigt. Der Servit Matthias von Beheim hatte bereits 1343 das Evangelium aus dem Latein in die mitteldeutsche Sprache übertragen. Der Gottesdienst wurde mit einer Orgel begleitet. Es war wohl das älteste Instrument in der Region.
Neben ihrer Predigertätigkeit betreuten die Serviten vermutlich ein Hospital. Ihre Anteilnahme an den Belangen der armen Stadtbevölkerung brachte ihnen Beliebtheit ein - davon zeugt die Spendenfreudigkeit und der Wunsch vieler Bürger und Adliger, im Kloster begraben zu werden. Ein im 18. Jahrhundert bereits erwähntes großes Begräbnisgewölbe mit 277 Beisetzungen belegt dies.
Von der Klosteranlage haben sich keine baulichen Reste erhalten. Zufällige Funde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts belegten in der Klosterstraße 8/9 den Standort an der Südostecke der Stadtmauer. Im Boden sind Fundamente aus Feldsteinen vorhanden, auch Backstein und Rüdersdorfer Kalkstein wurde gefunden. Die Anlage bestand aus der Klosterkirche, einem einfachen Rechtecksaal und einer anschließenden Klausur mit einem umlaufenden Kreuzgang. Die Südseite wurde von der Stadtmauer begrenzt. Das Kloster soll 1432 durch die Hussiten verwüstet, danach aber alsbald wieder aufgebaut worden sein.
Aus dem Visitationsprotokoll von 1540 geht hervor, dass es eine Klosterbibliothek gab - leider ging sie verlustig. Im Domarchiv Brandenburg finden sich fünf Inkunabeln (Wiegendrucke, die vor 1500 entstanden) und drei Frühdrucke, die eventuell zum Bestand gehörten. Sie befanden sich in der 1724 gegründeten Bibliothek der Stadtkirche von Altlandsberg. Als Autoren werden bei den Inkunabeln unter anderen benannt: Jacob von Jüterbog, Nicolaus de Lyra, Franciskus de Mayronis, Pelbartus de Themeswar- bekannt als Kirchenlehrer des Mittelalters. Bei den Frühdrucken handelt es sich um Schriften des Alexandrinus Cyrillus (375/380 - 444), dem Patriarchen und Theologen von Alexandria, der als Kirchenvater verehrt wurde. Auf dem Konzil von Ephesinus wurde seine Auffassung von der Jungfräulichkeit der Mutter Maria festgesetzt, nachdem er Nestorius besiegte, der Gegenteiliges behauptet hatte. Die Schriften lassen die Annahme zu, dass die Serviten von Altlandsberg an den theologisch-philosophischen Auseinandersetzungen ihrer Zeit teilnahmen.
Der kleine Konvent der Serviten besaß einen beachtlichen Schatz an liturgischen Gegenständen, der 1540 an die kurfürstliche Silberkammer im Cöllner Domstift abgeliefert wurde, so fünf Kelche, ein silbernes Kreuz, fünf Patenen und zwei Monstranzen. Ein weiterer Kelch aus dem Jahre 1452 verblieb vermutlich in der Altlandsberger Stadtkirche.

Der Verfall des Klosters setzte bereits vor der Reformation ein. Die Kirchenvisitation von 1540 verzeichnet nur noch einen Mönch und einen Laienbruder. 1546 belehnte der Kurfürst Joachim II. Hans von Krummensee d. Ä. mit dem Kloster und seinem Zubehör. Nach späterem Kauf gehörte es zum Besitz der Familie von Krummensee, später Graf Otto von Schwerin. Mit einem großen Brand von Altlandsberg wurde das Kloster restlos vernichtet. Graf von Schwerin ließ 1655 an dem Standort des Klosters ein Hospital errichten, das ebenfalls ein Brand zerstörte.

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© Märkische Eiszeitstraße, M. Klebert, 2009

 


Spezielle Literatur: