Südlich von Seehausen, am Nordende des Oberuckersees, liegt die Halbinsel "Marienwerder". An diesem idyllischen Platz errichteten die Zisterzienserinnen einst ihr Kloster.
Vor etwa 10 000 Jahren wohnten Jäger und Sammler der Steinzeit hier. In unmittelbarer Nähe wurden Reste einer slawischen Inselburg im Oberuckersee und Brücken aus Eichenholz aus der Zeit des 7./8. Jahrhunderts nachgewiesen. Die Sage über einen "Teufelsdamm" und ein Schloss im Oberuckersee hat somit ihren Wahrheitskern. Der Fund eines Prenzlauer Denar um 1187 lässt schließen, dass in dieser Gegend späterhin ein reger Handelsverkehr stattfand. Wahrscheinlich führte der alte Handelsweg von Magdeburg nach Stettin hier vorbei. Bereits der Standort für das Zisterzienserinnenkloster lässt darauf schließen, dass es keineswegs "hinterwäldlerisch" war. Oberirdisch ist vom Bau nichts erhalten - nur einige Hügel erinnern noch an diesen Frauenkonvent. Vermutlich war es in einem Viereck auf der Spitze der Halbinsel angelegt, wobei die Klosterkirche die eine Seite einnahm. Auch konnten Reste eines großen Wirtschaftsgebäudes nachgewiesen werden. Fundamentgrabungen zeigten, dass Feldstein als Baumaterial benutzt wurde. Auch fanden sich Ziegelsteine in Klosterformat. Funde von Gewölberippenansätzen und Fensterrosetten deuten bescheidenen Schmuck an.
Der Frauenkonvent gehörte zu den kleineren Landklöstern. Über seine Gründung vor 1250 gibt es keine Urkunde. Als weltlicher Stifter darf Ritter von Blankenburg vermutet werden, auch wenn Schenkungen von Landbesitz dieses angesehenen Rittergeschlechtes erst im 14. Jahrhundert urkundlich nachgewiesen sind. Die Landesherren kommen zu diesem Zeitpunkt als Klosterstifter weniger in Frage. Mit dem Vertrag von Landin 1250 ging die Herrschaft der Pommern an die brandenburgischen Askanier über, unter Beibehaltung der bisherigen klerikalen Herrschaft des Bistums von Kammin. Als Gast von Burg Blankenburg hinterließ Bischof Wilhelm I. von Kammin 1250 eine Ablassurkunde, wonach jedem Spender von Geld für den Bau des Klosters ein vierzigtätiger Schulderlass versprochen wurde. Es ist das erste Schriftstück über die Existenz des Klosters Seehausen und bezeugt, dass der Baubeginn schon v o r 1250 anzunehmen ist. Zwischen 1252 und 1295 datieren weitere fünf Ablassurkunden der Bischöfe von Havelberg und Brandenburg als materielle Unterstützung für den Klosterbau.
Die Konventualinnen lebten nach den Regeln der Zisterzienser. Das Kloster war jedoch nicht in diesen Orden inkorporiert, also ihm rechtlich nicht verpflichtet. Es unterstand der religiösen Aufsicht des Bischofs von Kammin und hatte dorthin Abgaben zu liefern.
Die pommerschen Herzöge und die Landesherren von Brandenburg waren in der Folgezeit als rivalisierende Herrscher an der Existenz und an der Festigung des Klosters interessiert - es lag an der Grenze zwischen beiden Ländern. Mit Schenkungen von Grundbesitz in den Dörfern Werbelow und Baumgarten und die Zueignung von Klosterdörfern wie Seehausen, Drense, Warnitz, Seelübbe, Grunow und einen Hof in Jacobsdorf (heute wüst) sorgten sie für dessen Erhalt. Später kamen Potzlow, Teile von Bietikow und Güter in Göritz, Schenkenberg und Sternhagen hinzu. In den Dörfern wurde nach dem System der Rentengrundherrschaft gearbeitet. Natural - und Geldzinsen der Hintersassen in den Klosterdörfern stehen zu Buche. Weiterhin besaßen die Nonnen vier Klosterhöfe (in Seehausen, Potzlow, Blankenburg und Drense), die als Eigenwirtschaft betrieben wurden. Zwei Mühlen und 36 Seen rundeten den Besitz ab.
Bedeutend für die Besitzerwerbung des Klosters war die Mitgift der Konventualinnen, die aus dem uckermärkischen Adel stammten. Es gab Übereignungen des Ritters von Lenz, des Henning von Blankenburg und des Ritters von Biesenbrow. 1424 bringt Mechthild von Blankenburg bei ihrem Eintritt ins Kloster als Ausstattung einen Hof mit zwei Hufen ein. Neben den Töchtern des Adels lebten auch Töchter des reichen und gebildeten Stadtbürgertums von Prenzlau bei den Zisterzienserinnen, was durch Schenkungsurkunden belegt ist.
1445 brannte das Kloster ab, wurde aber durch Stiftungen rasch wieder aufgebaut. Trotz beachtlichem Grundbesitz sahen sich die Klosterfrauen gezwungen, neue Einnahmequellen zu erschließen. 1476 erteilten sie der Stadt Prenzlau das Recht, in ihrem Klosterdorf Seelübbe Ziegelerde abzubauen. Späterhin durfte Prenzlau auf allen Klosterbesitzungen Kalk und Ton graben, wo es solche Vorkommen gab. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts war das Kloster zu Besitzverkäufen gezwungen.
Geleitet wurde das Kloster von einer Äbtissin. Genannt werden in Urkunden Vertreterinnen bekannter Adelsfamilien der Umgegend wie von Eickstedt, von Oldenflieth, von Greiffenberg, von Schwerin und von Sydow. Eine Priorin stand der Äbtissin zur Seite. Verwaltet wurde das Kloster von einem Probst, der adliger oder auch bürgerlicher Herkunft war. Konversen (Laienbrüder bzw. Laienschwestern) verrichteten die wirtschaftlichen und handwerklichen Arbeiten. Ora et labora (Bete und arbeite) war die Lebensregel der Zisterzienserinnen. Ihre Ordenstracht war weiß (Zeichen der Reinheit) mit einem schwarzen, bis über die Schulter gehenden Kopftuch (Symbol der Marienverehrung und Verlobung mit Christus). Fundstücke von Grabungen und Tauchgängen von 1984 - 1991, die im Kulturhistorischen Museum in Prenzlau aufbewahrt werden, lassen über das Leben der Nonnen eine gewisse Vorstellung zu.
Ein geborgenes Sakramentshäuschen zur Aufbewahrung der geweihten Hostien aus dem 14. Jahrhundert ist ein Indiz für die Religiosität der Konventualinnen. Auch fanden sich Reliquienkapseln und Kettenteile von Räuchergefäßen, Rosenkranzperlen aus Knochen, Bernstein, Perlmut, Bergkristall und Metall sowie "Handtreueschnallen" als Symbol der Verlobung mit Christus.
Andere Kleinfunde lassen auf Landwirtschaft, Viehzucht, Fischwirtschaft und Gartenbau schließen. Kulturpflanzen wie Gerste, Roggen, Rispenhirse, Erbsen und Knochenreste von Rind, Schwein, Schaf und Geflügel, Fischschuppen und Reste von Stein-, Kern und Beerenobst sowie Nüssen und Mohn charakterisieren ein vielfältiges Wirtschaftsleben.
Die Nonnen lebten keineswegs isoliert von der Außenwelt. Die archäologischen Funde von Münzen und deren Prägeorte zeigen vielmehr Einzugsgebiete der Reisenden aus allen Himmelsrichtungen, die hier Gäste waren und Spenden hinterließen: Lübeck, Rostock, Stralsund, Wolgast, Stolp (Slupsk), Gollnow (Goleniow), Stettin (Szczecin), Stargard, Gartz, Pyritz (Pyrzyce), Frankfurt/Oder, Mansfeld, Grafschaft Hohenstein, Halberstadt, Stendal, Perleberg, Prenzlau, Güstrow und Demmin. Eine Vielzahl von aufgefundenen Pilgerzeichen und Wallfahrtsdevotionalien (Wallfahrtsandenken) mit Bildnissen Johannes d. Täufers, des heiligen Mauritius, dem Kreuz des hl. Antonius oder von Petrus und Paulus neben Christus belegen, dass hier Pilger gastierten. Sie kamen zurück von den Wallfahrtsorten Santiago de Compostella, Einsiedeln, Maastricht, Köln, Aachen, Sternberg, Wilsnack oder Königslutter.
Der Einfluss der Nonnen auf die mittelalterliche Kulturlandschaft der Uckermark ist hoch einzuschätzen. Im Verlaufe ihres Wirkens hatten sie einen beachtlichen Reichtum entfaltet, der durch Münzfunde und kostbare Sachgüter (Zinn- und Buntmetallgefäße, wertvoller Bücherschmuck, importierte Glasgefäße) dokumentiert ist. Die Bücherkultur wurde an den gefundenen Buchrahmen, Ketten zur Befestigung der Bücher an den Pulten, Buchbeschlägen und Buchschließen sichtbar. Viele Geschirrfunde und Messer berichten von einer hohen Esskultur. Weitere Funde deuten auf handwerkliche Tätigkeiten der Nonnen hin wie Posamentenstickerei, Feinschmiedearbeit oder grafische Arbeiten. Spielzeug wie Murmeln oder Miniaturgefäße sowie Griffel lassen darauf schließen, dass im Kloster vermutlich Kinder unterrichtet wurden. Das Konventsiegel zeigt nicht zufällig eine Äbtissin mit Stab und Buch.
1543/44 wurde das Kloster aufgehoben und dem kurfürstlichen Amt Gramzow-Seehausen unterstellt. Damit gelangten alle Besitzungen in die Hand des Landesherrn. 1545 brannte das Kloster ab und wurde nicht wieder aufgebaut. 1664 gingen Teile des ehemaligen Klosterbesitzes zur Nutzung an das Gymnasium in Joachimsthal.
Spezielle Literatur:
© Märkische Eiszeitstraße, M. Klebert, 2009