Zisterzienserkloster Mariensee von Brodowin-Pelitz

Zum 750. Geburtstag des Klosters Mariensee pilgerten im Jahr 2008 zahlreiche Gäste zum Pelitzwerder am Parsteiner See. Auch wenn nur noch Rudimente des ehemaligen Klosters erhalten sind, vermittelt die Halbinsel noch immer den Zauber dieser eiszeitlichen Landschaft.


Befestigte Ruinenreste des Zisterzienserklosters Mariensee
(Foto: W. Ebert)

Der Pelitzwerder war ursprünglich eine Insel im Parsteiner See - heute ist sie eine Halbinsel an dessen Südende. Hier gründete 1258 Markgraf Johann I. von Brandenburg mit Unterstützung seines Bruders, Markgraf Otto III., ein Kloster der Zisterzienser. Neben der bereits bestehenden Zisterze in Lehnin sollte ein zweites Hauskloster der Askanier in der Uckermark entstehen. Dieses Ansinnen erlangte 1258 besondere Dringlichkeit, nachdem die Mark Brandenburg in eine ottonische und eine johanneische Linie aufgeteilt wurde. Nunmehr wurde eine johanneische Grablege erforderlich - Kloster Lehnin blieb der ottonischen Grablege vorbehalten. Pläne für die Klostergründung gab es bereits 1255, als die Markgrafenbrüder das Generalkapitel des Ordens in Citeaux baten, einem solchen Vorhaben zuzustimmen. Die versammelten Äbte billigten das Unternehmen und beauftragten die Äbte von Zinna und Dobrilugk, den neuen Standort zu inspizieren. Das Vorhaben entsprach dem Konzept des Ordens, sich weiter nach Osten auszubreiten. Dabei bevorzugten sie hier nicht wie anderswo die absolute Einöde, sondern suchten den räumlichen Kontakt mit den Siedlungen der Slawen.

Bis heute ist ungeklärt, warum kein anderes Areal ausgesucht wurde. Die Zisterzienser gingen erfahrungsgemäß bei der Auswahl der Standorte mit großer Sorgfalt vor. Arbeitsabläufe und technische Voraussetzungen wurden ebenso geplant wie der Kirchenbau. Auch die Ausdehnungsmöglichkeiten für die Klosteranlage und den Wirtschaftsbetrieb wurden geprüft. Obwohl die Lage auf einer Insel schwierige Bedingungen für den Bau und eine dauerhafte Nutzung des Klosters erwarten ließ, fiel die Entscheidung dennoch positiv für Pelitzwerder aus. Mussten sich die Zisterzienser trotz besseren Wissens dem Willen des Stifters Johann I. von Brandenburg beugen, wurden sie zum Bau auf der Insel genötigt?

In der Literatur wird diese Entscheidung gelegentlich als Laune des herrschenden Askaniers gedeutet. Dem ist zu widersprechen. Hatte er nicht vielmehr historischen Notwendigkeiten Folge zu leisten? Der Vertrag von Landin 1250 hatte die Uckermark den Brandenburgern zugeschrieben. Nunmehr ging es weniger um die Sicherung territorialer Ansprüche, als vielmehr darum, die Macht auch geistig fest zu etablieren. Aus dieser Sicht war der Klosterbau als starkes christliches Symbol gedacht, und dazu bedurfte es eines wirkungsvollen Standortes. Den bot die Insel Pelitzwerder mitten in einem Siedlungsgebiet, auf das sich die Slawen als ihrem Refugium zurückgezogen hatten. Der slawische Ort "villa Paliz" gab der Insel ihren Namen. Slawische Hügelgräber in der Nähe des Vorwerks Zaun belegen slawisches Brauchtum. Auf der Kuppe des Pelitzwerder befand sich vermutlich eine slawische Kultstätte. Sie ist heute noch sichtbar als eine ringförmige Grabenanlage, einem Burgwall ähnlich, von 26 m im Durchmesser. Sollte das neue Kloster mitten in einer slawischen Siedlungskammer Ausdruck des Triumphes über das "Heidentum" sein? Zu diesem Zwecke musste das Herz der slawischen Götterverehrung getroffen werden, eines ihrer Heiligtümer! Die Slawen verbanden ihren Glauben an Naturgewalten mit einem Toten- und Ahnenkult. Bekannt sind Götterfiguren wie Triglaw der Dreigesichtige, Swantewit mit den vier Köpfen oder der "Götze von Raddusch". Diese Figuren markieren Kultstätten. Vielleicht sind sie auch hier zu finden ... Eine archäologische Untersuchung könnte Antwort geben.

Das Kloster Mariensee unterstand dem Mutterkloster in Lehnin. Von hier aus erfolgte auch die Aussendung des ersten Konvents mit einem Abt und 12 Mönchen. Zur Grundausstattung durch den brandenburgischen Markgrafen gehörten neben dem Klosterstandort die Dörfer Pelitz, Chorin, Plawe (wüst) und Brodowin, der gesamte Parsteiner See mit allen darin liegenden Inseln und angrenzenden Sümpfen und Seen sowie die umliegende kuppige Grundmoränenlandschaft. Die Feldmark Ragösen gehörte nur zur Hälfte dem Kloster, die andere Hälfte mit der Siedlung behielt der Markgraf für sich zurück. Nur die Ragöser Mühle wurde ihnen geschenkt. In der Stiftungsurkunde wurde dem Kloster Abgabefreiheit zugesagt. Zum Besitzerbe gehörte auch das Marienhospital in Barsdin bei Oderberg, zusammen mit der Anlage des ehemaligen Prämonstratenserstiftes "Gottestadt" und dessen Grundstücke. Hier wollten die Mönche eine Eigenwirtschaft errichten, die sie als "grangie" bezeichneten. In den folgenden acht Jahren wurde der Besitz noch beträchtlich erweitert, so mit Besitzungen in der Neumark. Getreu ihrer Idee, frühzeitig agrarische Wirtschaften zu betreiben, entstand ein Wirtschaftshof in Boshove (vermutlich das spätere Vorwerk Zaun). Mit der Auflassung der slawischen Dörfer Pelitz und Plawe begannen sie, zwei weitere Grangien zu bilden. In der Folgezeit erhielten sie sieben Mühlen geschenkt, zumeist vom lokalen Adel wie den Rittern Johann von Greiffenberg, Burkhard und Heinrich von Buchholz oder Johann von Ragosen. Später schenkten ihnen die Markgrafen noch die Dörfer Liepe und Parstein. Für alle Klosterdörfer besaßen die Mönche das Kirchenpatronat, das sie später auch für die Pfarre in Oderberg erhielten.
Die Mönche von Mariensee wurden auch im Hospitalwesen wirksam, was bisher für Zisterzienser nicht üblich war. Die Übergabe von Barsdin bei Oderberg 1258 verpflichtete sie zur Weiterführung des dortigen Marienhospitals. 1261 schenkte Ritter Johann von Greiffenberg dem Kloster das von seinen Eltern gegründete Hospital in Greiffenberg.

Obwohl das Kloster nie fertiggestellt wurde, war sein Bau ein wichtiger Meilenstein der Kulturgeschichte im Nordosten Brandenburgs. Die gefundenen Fundamentreste aus Feldsteinen sowie die durchgeführten Grabungen auf dem Pelitzwerder lassen darauf schließen, dass mit dem Bau der Klosterkirche Mariensee ein wichtiger Schritt in der mittelalterlichen Baukunst und Bautechnik gegangen werden sollte. Gewisse Ähnlichkeiten gibt es zur Zisterzienserabtei in Hude bei Oldenburg mit ihrem geraden Ostschluss, die etwa 10 Jahre früher entstand. Vorgesehen war wohl eine dreischiffige romanische Pfeilerbasilika, die einen größeren Grundriss als die Klosterkirche von Chorin gehabt hätte! Erkennbar sind Arkaden, die das Mittelschiff von den Seitenschiffen trennen sollten. Auf eine geplante Wölbung des Chores deuten zwei Strebepfeiler der Ostwand hin. An den Längsseiten finden sich hingegen keine Pfeiler, da hier wohl die übliche Flachdecke vorgesehen war.

Ein stattliches Exemplar einer Wildbirne auf dem Pelitzwerder. Foto: H. Domnick

Ein stattliches Exemplar einer Wildbirne auf
dem Pelitzwerder. Foto: H. Domnick

 

Kloster Mariensee hat nur kurze Zeit, etwa 15 Jahre existiert. 1266 ist Johann I. noch in Mariensee beigesetzt worden, bevor das Kloster wegen ungünstiger Lageverhältnisse nach Chorin umzog. Der Abt von Mariensee hatte bereits kurz nach der Beisetzung ihres Gründers die Verlegung des Klosters beantragt. Die askanischen Markgrafen anerkannten die von den Mönchen bezeichneten "Unbequemlichkeiten" der Abtei und stimmten 1273 dem Umzug des Konventes nach Chorin zu. Die genauen Ursachen sind noch immer rätselhaft. Der Spielraum für weitere Forschung zur Verlegung des Klosters ist groß, sollte aber landschaftsbezogene und regionalgeschichtliche Aspekte stärker in Betracht ziehen. Ihre Ergebnisse wären insofern von Interesse, da sich mittelalterliche Konflikte hier "auffächern" ließen wie kaum anderswo.

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Spezielle Literatur:

 

© Märkische Eiszeitstraße, M. Klebert, 2009