Gutshaus Hirschfelde [bei Werneuchen]



Ehem. Gutshaus Hirschfelde - Vorderansicht / W. Ebert
Das Gutshaus Hirschfelde besitzt eine außergewöhnliche Geschichte.
Zunächst fing alles ähnlich wie auf anderen Gütern des Oberbarnim an. Der ehemalige Zinnaer Klosterbesitz ging 1450 an die ureingesessenen Adligen von Krummensee, jedoch erst durch den Aufkauf mehrerer Bauernhöfe durch die nachfolgende Familie von Röbel entstand um 1586 ein Rittergut. Bekannte und unbekannte Adlige wechselten sich als Eigentümer ab. Allen gemeinsam war, dass sich keiner von ihnen selbst als Landwirt betätigte. Amtmänner und späterhin Administratoren übernahmen die oft recht mühsame Bewirtschaftung.

1753 kam Hirschfelde in den Besitz des Wirklichen Geheimen Etats- und Justizministers Levin Friedrich von Bismarck (1703 - 1774). Vermutlich in diese Zeit fiel der Bau des bescheidenen Gutshauses, bestehend aus einem Corps de Logis unter hohem Mansarddach mit zwei Stummelflügeln zum damals angelegten Park hin.

Der Sohn, August Wilhelm von Bismarck, bekannt als Geheimer Staats-, Kriegs- und dirigierender Minister, zugleich Chef des Akzise-, Zoll-, Handels- und Fabrikwesens in Preußen, erbte das Anwesen. Er wurde 1783 nach seinem Tode in Hirschfelde beigesetzt.

Das Gut übernahm 1815 Friedrich Wilhelm Karl von Kröcher, Landrat und Landesdirektor der Altmark. 1845 wurde die bürgerliche Familie Schmidt aus Prädikow neuer Besitzer, späterhin als "Schmidt von Hirschfelde" geadelt. Um 1852 ließ Otto Paul Heinrich Schmidt das Gutshaus modernisieren und mit allem neuzeitlichen Komfort ausstatten. Er gilt auch als Erbauer des stattlichen Gutshofes mit seinen großen Stallungen, Scheunen und der Brennerei. Das Rittergut Hirschfelde entwickelte sich zu einem ertragreichen Landbetrieb.

Ehem. Gutshaus Hirschfelde -
vom Park her gesehen / W. Ebert

1893 wurde das Gut an den Berliner Korn- und Spiritushändler Simon Böhm verkauft, der es seinem Sohn Richard überlässt. 1904 kaufte es Eduard Arnhold (1849 - 1925), ein Berliner Kohlengroßhändler und Millionär. Er ist ein typischer Vertreter der Gründergeneration der Kaiserzeit. Er forcierte den Kohleabbau in Oberschlesien und übernahm mit seinem Unternehmen den Transport nach Berlin. Intern arbeitete er mit der preußischen Regierung zusammen, die ihn 1901 zum Geheimen Kommerzienrat ernannte. Gleichzeitig wurde er in viele Aufsichtsräte oder Vorstände großer Unternehmen beordert und hatte somit maßgeblichen Einfluss auf das Wirtschaftsgeschehen in Deutschland. 1913 erfolgte seine Berufung in das Preußische Herrenhaus, in das seit dem Tode Baron Rothschilds kein Jude mehr eingezogen war.

Symbol von Hirschfelde -
der Bronzehirsch / W. Ebert
Gut Hirschfelde war für Arnhold Landsitz. Hier engagierte er sich vor allem als Kunstmäzen. Besonders förderte er Berliner Künstler, darunter Max Liebermann, August Gaul und Louis Tuaillon. In Hirschfelde ließ er den Park vergrößern und einen Skulpturengarten anlegen. Der neoklassizistische Bronzehirsch, eine Plastik von Lous Tuaillon (1862 - 1919), dem Schöpfer der berühmten "Amazone" vor der Berliner Nationalgalerie, erinnert am Dorfteich noch daran.
1909/10 ließ er durch seinen Schwiegersohn Paul Baumgarten (1873 - 1946), einem Schüler von Alfred Messel, das Gutshaus Hirschfelde umbauen. Alle bisherigen Überformungen wurden beseitigt. Der Bau erhielt ein strenges barockklassizistisches Gepräge und der verlustig gegangene linke Flügel wurde wieder angebaut. Der Komfort im Innern ist teilweise noch heute sichtbar. Das Gutshaus befindet sich derzeit in Privathand und wird restauriert.
1933 musste die Familie Arnhold emigrieren, um sich der Judenverfolgung durch die Nationalsozialisten zu entziehen. Das Gutshaus übernahm der Tenor Carl Clewing, der es bis 1945 besaß. Nach dem 2. Weltkrieg diente das Anwesen als Schulhaus und als Wohnhaus. In Hirschfelde erinnert der "Eduard-Arnhold-Wanderweg", der zum romantischen Gamengrund führt, an die historisch bedeutsame Persönlichkeit.

Quelle:
Geismeier, Gregor: Hirschfelde - Von Gutsherren und guten Herren.
In: Die Mark Brandenburg, Heft 34, 1999

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