Unmittelbar an der östlichen Stadtgrenze zu Berlin befindet sich das brandenburgische Dahlwitz. Es wurde 1921 mit dem durch die Pferderennbahn berühmten Hoppegarten als Gemeinde verbunden. Sein Gutshaus ist baukünstlerisch bemerkenswert. Es gehört zu den wenigen erhaltenen Bauten des prominenten Schinkelschülers Hitzig in spätklassizistischer Tradition.
Zugleich erinnert es an eine wichtige Phase deutscher Geistesgeschichte. 1703 wurde das Gut Dahlwitz an Carl Hildebrand Freiherr von Canstein (1667 - 1719) als Familienerbe seines Schwagers von Canitz übertragen. Von Canstein stand im Gefolge der bekannten Pietisten Philipp Jacob Spener und August Hermann Francke. Sie gingen als Vertreter des Halleschen Pietismus in die Geschichte ein. Durch ein neues Bibelverständnis, die Ablehnung der Dogmatik der Kirche und die Konzentration auf die eigene Innerlichkeit der Religion versuchten sie, die Protestanten zu reformieren. Von Canstein setzte seinen Kammerdiener als Verwalter des Gutes in Dahlwitz ein, um sich seinem "Bibelwerck" zu widmen. 1710 gründete er die "Cansteinsche Bibelanstalt zu Halle" und gab hier in der Technik "mit feststehenden Lettern" massenhaft Billigbibeln heraus: 1713 ein Neues Testament und 1717 die gesamte Bibel.
Das erste Gutshaus baute Samuel von Marschall, der Dahlwitz 1718 kaufte. Seine Karriere in königlichen Diensten gipfelte 1723 im "Geheimen Finanz-, Kriegs- und Domänenrat". Neben einem Stadtpalast in Berlin und dem ausgebauten Schloss in Altranft besaß er weitere Landgüter.
1821 wurde Peter Joseph Lennè mit der Umgestaltung des Gartens zum Landschaftspark beauftragt. Die ursprüngliche Gliederung der Parklandschaft ist in Teilen noch heute sichtbar.
1850 kaufte Karl Heinrich von Treskow das Gut. Er ließ das alte Herrenhaus abreißen und beauftragte den Berliner Architekten Friedrich Hitzig mit einem Neubau, der 1856 bezugsfertig war. Es entstand ein malerisch gruppierter verputzter Ziegelbau von eineinhalb Geschossen mit flachem Zeltdach nach Art italienischer Landhäuser. Der Ostseite wurde ein Belvedereturm vorgesetzt. An der Eingangs- und an der Gartenfront schmücken übergiebelte Bogenloggien das Bauwerk.
Als 1868 das erste Pferderennen in Hoppegarten gestartet wurde, hatte das Rittergut in Dalwitz mit einem Vollblutgestüt bereits erste Erfolge. Bis 1945 blieb Dahlwitz im Besitz der Witwe von Treskow.
1948 fand Charlotte von Mahlsdorf als Flüchtling hier Zuflucht. Ihr ist es zu verdanken, dass hier 1949 ein Waisenheim eingerichtet wurde. Seit 1991 ist in dem Gebäude ein Kinderheim untergebracht
Quellen:
• Die Kunstdenkmäler der Provinz Mark Brandenburg. Kreis Niederbarnim.
Deutscher Kunstverlag. Berlin 1939
• Bickhardt, Peter: Ein Jurist gibt Bibelstunden. In: Brandenburger Blätter v. 13.2.2004
© Märkische Eiszeitstraße, M. Klebert, 2005