An der Grenze zu Pommern nimmt das Städtchen Brüssow seinen Platz ein. Die Geschichte des ehemaligen Gutes ist nicht nur deshalb außergewöhnlich, weil es zeitweise märkisch und zeitweise pommersch, zeitweise Rittersitz und zeitweise Domäne und späterhin Erbhof war, sondern auch, weil das Rittergut zunächst die Herrschaft über die Stadt und später die Stadt das Recht über das Gut ausübte.
An der Stelle des späteren Gutshofes stand früher eine pommersche Burg des 12. Jahrhunderts - Reste sind noch erhalten. Seit 1250 wurde die Gegend brandenburgisch. Ritter Heinrich von Stegelitz, aus der Altmark stammend, bewährte sich im Gefolge der Markgrafen Johann I. und Otto III. und wurde für seine Dienste mit Besitzungen in der Uckermark belehnt. Etwa um 1259 übernahm er die Grundherrschaft nebst Gerichtsbarkeit über die Stadt Brüssow. Es galt das Prenzlauer und Magdeburger Stadtrecht. Bis nach 1434 übten die Lehnsfolger derer von Stegelitz ihre Herrschaft aus. Nach Inbesitznahme der Uckermark durch die Pommern wurden sie Lehnsleute der Herzöge von Stettin.
Seit 1469 bzw. 1472 wurde die Stadt wieder brandenburgisch. Sie verlor als Stadt ihre Bedeutung. Nur ein "Flecken" wird 1608 mit 2 Adelssitzen urkundlich erwähnt. Die Einwohner des Gutsdorfes hatten der Gutsherrschaft Dienste zu leisten. Um die Mitte des 15. Jahrhunderts erhielt die Adelsfamilie von Ramin das gesamte Lehen von Brüssow und behielt es bis 1726. Einer der Brüder von Ramin bewirtschaftete sein Gut selbst, der andere hatte das Gut verpachtet.
In Vorbereitung der Versteigerung wegen Verschuldung der Ramins wurde 1725 deren Besitz getaxt. Er bestand aus dem "alten Rittersitz" mit einem Fachwerkgebäude und dem "neuen Rittersitz" mit einem, für damalige Verhältnisse recht kostspieligen Herrenhaus, 2 Lustgärten und 2 Baumgärten. Das Herrenhaus ist vermutlich das noch heute sichtbare Gebäude - es wurde jedoch im 19. Jahrhundert völlig überbaut.
König Friedrich Wilhelm I. erwarb für den Kronprinzen die Güter als Domäne von 1726 - 1737. Bis 1872 war dann das Kgl. Amt Brüssow zuständig und setzte zur Verwaltung Generalpächter ein. Erst mit der neuen preußischen Städteverordnung erlangte Brüssow 1809 wieder Stadtrecht. Die Domäne wurde zunächst weiterhin durch Verpachtung betrieben, 1927 jedoch als Gutsbesitz der Stadt Brüssow einverleibt.
1935 erhielt der preußische Generalfeldmarschall August von Mackensen (1849 - 1945) das Gut Brüssow als Erbgut geschenkt. Als letzter noch lebender Heerführer des 1. Weltkrieges wurde er vom Nazi-Regime hofiert und vorgeführt. Der Haupthof des Gutes in Brüssow war schon vorher baulich völlig umgestaltet worden.
1948/50 wurde die Gutswirtschaft enteignet und aufgeteilt. Das ehemalige Gutshaus fand als Schule verwendung.
Gutshaus Brüssow. Foto Katja Haase |
Nach 1948/50 wurde die Gutswirtschaft enteignet und aufgeteilt. Das Brüssower Gutshaus, das unbeschädigt durch den Krieg gekommen war, wurde zuerst sowjetische Kommandantur, danach eine Schule.
Als 2003 die Berliner Ingrid und Volkmar Haase ein Haus suchten, fanden sie das zum Verkauf stehende Gut. Der 1930 geborene Bildhauer Volkmar Haase war vor allem von den hohen Räumen und dem weitläufigen Grundstück fasziniert – ein guter Rahmen für seine großformatige Kunst. Im Garten und auf dem Hof des inzwischen sanierten Gutshauses stehen nun Haases meterhohe Edelstahlplastiken.
Der Bildhauer starb am 14. August 2012.
Nach der Zeit als Rittergut, Feldmarschall-Erbhof und sowjetischer Kommandantur fügten die Haases der wechselvollen Geschichte des Gutes Brüssow ein neues, schönes Kapitel hinzu: Es wurde Künstlerhaus und Treffpunkt Berliner Bildhauer. „Hausherrin“ Ingrid Haase hat eine Chronik des alten Gutshauses verfasst.
Quelle:
Jahrbuch des Uckermärkischen Museums- und Geschichtsvereins in Prenzlau.
Band 2: Geschichte der Stadt Brüssow. Prenzlau 1941
Haase, Ingrid: Das alte Gutshaus in Brüssow - Uckermark. Eigenverlag.
© Märkische Eiszeitstraße, M. Klebert, 2004, W.Ebert, 2013