Ehemalige Gutshäuser im Umfeld der Märkischen Eiszeitstraße

Gutshäuser als Denkmale | Erste Rittergüter | Massive Gutshäuser 18. Jh.
Blüte und Untergang | Funktionswechsel nach 1945 | Gegenwart und Zukunft


Blüte und Untergang adliger Güter

Die Geschichte der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ist von Umbrüchen gezeichnet, die privatwirtschaftliche Kräfte mobilisierten. Die Separation und die Aufhebung der Erbuntertänigkeit führten zur Vergrößerung der Güter und zur Gewinnung billiger Lohnarbeiter. Zwischen 1800 und 1850/60 vervierfachte sich in Brandenburg die landwirtschaftliche Erzeugung. Die Nähe Berlins mit seiner sprunghaft anwachsenden Bevölkerungszahl wirkte als starker Beschleuniger dieser Entwicklung.
In der Gegend der Märkischen Eiszeitstrasse wurde der "preußische Weg" einer modernen kapitalistischen Landwirtschaft in Anlehnung an die Erfolge der englischen Ökonomie eröffnet, so vornehmlich durch August Karbe in der Uckermark, Albrecht Daniel Thaer in Möglin und Johann Gottlieb Koppe in Wollup.
In der Baukunst ist es die Zeit des frühen Klassizismus eines David Gilly, die eine neue Periode einleitet. Als Oberbaurat des "Königlich Preußischen Ober-Bau-Departements" sowie als Mitbegründer und Lehrender an der Berliner Bauakademie nahm er unmittelbar Einfluss auf das Baugeschehen seiner Zeit und wirkte weit darüber hinaus. Die preußische Landbauschule stand Pate vornehmlich beim Bau von Wirtschaftsgebäuden, wie sie als Feldstein-Ziegelbauten noch heute verbreitet in der Region sichtbar sind. Neben absoluter Funktionalität war die Symmetrie ihr oberstes ästhetisches Prinzip, sowohl hinsichtlich der Gebäudeform als auch der Gesamtanlage.

Brunow - ehem. Schnitterkaserne
Foto: W. Ebert

Das 19. Jahrhundert gilt als die Blütezeit der Gutshäuser. Bereits in der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts werden etwa ein Drittel der Gutshäuser um- oder neu gebaut. Der Bauboom setzte sich in etwa gleicher Höhe auch in der 2. Hälfte dieses Jahrhunderts fort.
Auch die Mehrheit der Wirtschaftshöfe sowie viele Landarbeiterhäuser und "Schnitterkasernen" stammen aus dieser Zeit. Die Bauherren besaßen nunmehr das nötige Kapital. Sie kommen in der Regel noch immer aus dem Adel, auch wenn der Anteil bürgerlicher Gutsbesitzer zunimmt. In der Zeit von 1820 - 1870 wechselten jedoch die Eigentümer auf etwa 2/3 der Güter der Uckermark, zum Teil sogar mehrfach.
Die Mehrheit der Gutshäuser hatte nunmehr ausschließlich Wohnfunktion. Die Abgrenzung des Wohnbereiches vom Gutsbetrieb und die Gestaltung des Wohnumfeldes nahmen zu. So wurden viele der bereits im 18. Jahrhundert angelegten barocken Gärten zu Landschaftsparks umgestaltet.

Mit wachsenden finanziellen Mitteln konnten die Gutshäuser ansatzweise in den damals in Mode gekommenen Architekturformen der Neo- Stile gebaut werden. Hier und dort bemühte man auch bekannte Architekten. So wirkte der Berliner Architekt Friedrich Hitzig aus der Schülergeneration Schinkels beim Umbau des Gutshauses in Tornow mit, und in Polßen waren Baumeister aus dem Stüler-Umkreis beteiligt.
Die letzten Baumaßnahmen erfolgten um die Wende zum 20. Jahrhundert und kurz danach. Überwiegend in der Uckermark wurde noch neu gebaut, so die Gutshäuser in Kerkow, Götschendorf, Funkenhagen, Gollmitz, Lemmersdorf und Radekow. Andere wurden umgebaut, so Herrenstein, Herzfelde oder Buchenhain.

Die 20er Jahren leiteten das Ende der ertragreichen Zeit intensivierter Gutswirtschaft ein. Nach dem Zusammenbruch des Kaiserreiches 1918 konnte der Adel seinen politischen Einfluss über monarchistisch orientierte Parteien retten, aber der weltweiten Wirtschaftskrise konnte er nicht entgehen. Besonders hart traf es die kleineren Güter. Der Landadel mit seinen jahrhundertealten Traditionen fiel in die Bedeutungslosigkeit. Die Baukultur auf dem Lande stagnierte.

 

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© Märkische Eiszeitstraße, M. Klebert, 2004