Geologische Situation in der Region Oderberg

Vor ca. 15 200 Jahren schob sich der Inlandeisgletscher aus dem Ostseeraum kommend während des Weichsel-Hochglazials auf nicht mehr gefrorenem Boden erneut nach Süden vor. Der Gletschervorstoß war dadurch besonders tiefenwirksam, er stauchte den Untergrund auf, lockeres Material konnte er in mächtigen Wällen vor sich her schieben.
Es kam zur Bildung des Pommerschen Stadiums, dem die Pommersche Eisrandlage als markanter Endmoränengürtel zugeordnet werden kann. Das danach einsetzende Rückschmelzgeschehen wurde durch mehrere klimatisch gesteuerte kurze Eishalte unterbrochen. Diesen können die Eisrandlagen Parsteiner Staffel I-III, Angermünder Staffel, Zichow-Gollmer-Staffel, Gerswalder Staffel und Ucker-Staffel zugeordnet werden.

Legende:

 Endmoräne

 Sander

 Flusssande und -kiese

 Tone und Schluffe

 Auelehm

 Torf
Geologisch-morphologische Übersichtskarte von Oderberg -
verändert nach F. Brose, 1994

Der Rückschmelzprozess von der Frankfurter bis zur Pommerschen Endmoräne wird im Zeitraum von 18 400-15 200 Jahre vor heute angenommen, ein Zeitraum von 3 200 Jahren. Dies entspräche einer Entfernung von etwa 40 km.
Die Pommersche Eisrandlage prägte die Landschaft von Schleswig-Holstein bis ins polnische Tiefland und damit auch die Gegend um Oderberg. Die Endmoränenzüge sind hier geradezu lehrbuchmäßig ausgeprägt.
Die ehemals auch hier in der Endmoräne abgelagerten Blockpackungen sind heute weitestgehend abgebaut. Umfangreiche Nutzungen der Blockpackungen für die Bau- und Pflastersteingewinnung gab es bei Liepe. Der Abbau ist heute eingestellt.
Durchschnittstemperaturen von -6 ºC beherrschten das Klima. Im Gebiet der Ortschaften Bralitz, Neuenhagen und Schiffmühle erreichte die Pommersche Eisrandlage ihren südlichsten Ausläufer. Der einstige Flusslauf der Oder, der heute noch durch das Stillgewässer der "Alten Oder" gekennzeichnet ist, umging die Endmoräne in westlicher Richtung, um dann bei Oderberg wieder zurück ins alte Odertal zu fließen. Seit 1753 verkürzt ein Durchstich den Lauf der Oder und macht den Pommerschen Endmoränenzug, der hier nochmals in voller Größe sichtbar ist, zur Insel.


Der Sandberg - ein Ausläufer des
Pimpinellenberges / W. Ebert (1991)

Der Anschluss der Endmoräne erfolgt nördlich der Oderinsel hinter dem Oderberger See mit dem steilen Hang des Teufelberges und dem dahinter liegenden, steil aufsteigenden Pimpinellenberg. Sie erreicht hier die stattliche Höhe von nahezu 118 m. Die steil zum Odertal abfallende Eisrandlage bei Oderberg und Liepe besteht aus einer Kombination von Stauch- und Satzendmoränen. Der östlich anschließende Albrechtsberg bei Oderberg gehört schon zum Rückland der Pommerschen Endmoräne.
Zwischen Oderberg und dem Parsteiner See zeugen kleinere Endmoränenzüge, die Parsteiner Staffeln I-III, von kurzen Eisvorstößen während des allgemeinen Rückzuges des Inlandeisgletschers. Neben einer typischen Endmoränenstruktur im Innern konnten für jede dieser Staffeln eigene Abflussbahnen nachgewiesen werden. Sie sind für die Parsteiner Staffeln I-II Täler von etwa 200 m Breite, mit Abflusshöhen über 80 m ü. NN (Parsteiner Staffel II) bzw. 70 m ü. NN (Parsteiner Staffel III). Am sog. Hundertthaler Berg hat so ein Abflusstal 1500 m Länge. Die Parsteiner Staffel I, als südlichste dieser Staffeln endet schon vor dem Großen Plagesee.


Die Pommersche Endmoräne bei Liepe
Foto: W. Ebert (1991)

Die Abtauphase der Parsteiner Staffel III wird in die Zeit um 14 800 Jahre vor heute datiert. Der Abfluss erfolgte in 40 m Höhe über das Thorn-Eberswalder Urstromtal, zu einer Zeit, in der das Oder-Urstromtal noch durch etwa 50 m mächtiges Becken-Toteis plombiert war.
Auch zur Zeit der Angermünder Staffel, etwa 14 700 Jahre vor heute, erfolgte noch der Abfluss der Schmelzwässer über das Thorn-Eberswalder-Urstromtal in 36 m ü. NN.
Ein größerer Rückzug des Eises über etwa 15 km schloss sich, nahezu ohne Störung, bis zur Bildung der Angermünder Staffel an. Die Angermünder Staffel ist ein Endmoränenzug, der an einigen Abschnitten sehr deutlich, an anderen Stellen aber nur wenig ausgeprägt zu erkennen ist. Diese Angermünder Staffel verläuft nach heutigen Erkenntnissen von Felchow, Mürow, südlich von Greiffenberg bis nördlich des Peetzigsees.
Erst mit der Velgaster Staffel, etwa 13 700 Jahre vor heute, taute das Becken-Toteis im Oderbruch auf 30 bis 10 m zurück. Der Abfluss erfolgte hier bereits über das Netze-Randow-Urstromtal bei einer Eintiefung des Abflusstales von 36 m ü. NN auf 14 m ü. NN. Erst etwa 13 000 Jahre vor heute rechnet man mit einem endgültigen Abschmelzen des Oder-Becken-Toteises und damit mit einem Freiwerden des Oder-Urstromtales für seinen Abfluss nach Norden in die Ostsee.
Der Boden der riesigen Wanne des Oder-Urstromtales mit einer Höhe von nur etwa 2 m ü. NN beeindruckt durch seine nahezu ebene Oberfläche. Das stufenweise langsame Abfließen des Schmelzwassers führte zu einem immer tieferen Niveau der Flusssande. Es bildeten sich am Rande des Odertales Terrassen.
Die Entstehung der Wanne, in der das heutige Odertal liegt, geht schon auf die Saale-Kaltzeit zurück.


Soll bei Parstein / H. Domnick (2002)

Eine Vielzahl von Seen und Söllen kennzeichnen das Jungmoränenland und unterscheiden es vom südlich davon gelegenen Altmoränengebiet. Mit 1100 ha ist der Parsteiner See der größte See im Nordosten Brandenburgs und der elftgrößte Ostdeutschlands. Es handelt sich hierbei um einen Zungenbeckensee, der durch die ausschürfende Wirkung des Gletschereises angelegt wurde. Er besitzt eine mittlere Tiefe von 7 m und einer maximalen Tiefe von immerhin 27 m. Wegen seines klaren Wassers ist der See bei Erholungssuchenden sehr beliebt.
Die Umgebung des Parsteiner Sees ist von fruchtbaren Grundmoränenflächen geprägt, den Grund des Sees bedecken Beckentone und Beckensande.
Nördlich der Pommerschen Endmoräne, im Gebiet des Parsteiner Sees, haben wir es mit einem stark differenzierten Rückzugsgebiet des Eises mit Toteis-Hohlformen (Sölle) zu tun. Während des Gletscherrückzuges kam es hier, so wird angenommen, im Hinterland der Pommerschen Eisrandlage, zu einem Stausee, gebildet von stagnierenden Eisfeldern.


Kleiner Rummelsberg bei Brodowin
Foto: W. Ebert (1991)

Zahlreiche Kuppen bilden mit dem Eikert-Berg (90 m) nördlich des kleinen Plagesees, dem Koppelberg (70 m) bei Pehlitz, dem Rosin-Berg (ein doppelter Drumlin), dem kleinen und großen Rummelsberg (80 m und 82 m), dem Herrscherberg (74 m) und den zahlreichen kleineren Hügeln um Brodowin (10-50 m) einen Gürtel um den Parsteiner See.
Der Kern dieser Hügel besteht aus Sanden und Kiesen und einer Überdeckung mit Grundmoränenmaterial, das allerdings bei den größeren Drumlins fehlt, da es hier abgetragen wurde. Mit ihren ovalen Grundrissen, die in ihrer Ausrichtung die Gletschervorschubrichtung widerspiegeln, sind sie als typische Drumlins erkennbar.


Auffallende längliche Hügelkette bei
Neuendorf / W. Ebert (2001)

Auffallend sind die zwischen Oderberg und Neuendorf aufgereihten länglichen Hügel mit einer Höhe zwischen 80 und 100 m ü. NN, die heute landwirtschaftlich genutzt werden. Ob es sich hierbei um Drumline handelt, wie vielfach angenommen wird, ist noch nicht endgültig geklärt. Abschließende Resultate sind nur von wissenschaftlichen Bohrungen zu erwarten.
Südlich der Pommerschen Endmoräne, zwischen Liepe und Sandkrug, lagern Sande des sog. Amtsweg-Sanders und des Mönchsheide-Sanders. Sie markieren die Abfussbahnen der Angermünder Eisrandlage zum Eberswalder Urstromtal.
Am Rande des Oder-Urstromtales, zwischen Hohensaaten und Stolzenhagen, wurden in den Niederungen zwei Flussterrassen mit einem Niveau von 35-40 m und einem tieferen Niveau bei 20-25 m nachgewiesen, die den Abfluss der Schmelzwasser über das Oder-Urstromtal in Richtung Norden und weiter nach Nordwesten in das Randow-Tal markieren. Diese Schwemmsande aus anhydromorphen Sanden, das heißt von Grundwasser oder Staunässe nicht beeinflusste Böden, erstrecken sich fast bis an den Ortsrand von Neuendorf.
Am westlichen Rand der Oderniederung befinden sich im Rückland der Pommerschen Endmoräne wenig gegliederte Schwemmsand-Terrassenflächen aus dem Weichsel-Spätglazial, die heute für den Sand- und Kiesabbau (Grube Hohensaaten) genutzt werden. Die Ablagerungen enthalten Gerölle, Kiese und Sande. Die Höhe der Abbauwand beträgt etwa 10 m. Der Abbau erfolgt heute unter dem Grundwasserspiegel mittels Schwimmbaggern.
Mit dem Freiwerden des Oder-Tals vom Becken-Toteis fiel das Randow-Tal trocken und der Abfluss konnte auf kurzem Wege und auf niedrigerem Niveau in die Ostsee erfolgen. Oderschlick bedeckt heute das breite, an Mäandern reiche Tal des Oderflusses.


Mooskute - Kesselmoor bei Chorin
Foto: W. Ebert (1991)

Südlich des Parsteiner Beckens, rund um die Plageseen, befinden sich im Naturschutzgebiet Plagefenn heute Flach- und Hochmoore. Auch in der Umgebung befinden sich ausgeprägte Kesselmoore, wie die bekannten Mooskuten und das Kronenfenn. Nordöstlich von Serwest ist ein nacheiszeitlich entstandenes 0,3 ha großes Moor, ein sog. Zwischenmoor, von Bedeutung. Pollenanalytische Untersuchungen stellten in dem jetzt mit Birken bestandenen Moor eine Tiefe von 8,15 m fest. Seine Entstehung wird in die Ältere Tundrenzeit datiert. Wie in vielen Mooren im Gebiet der Märkischen Eiszeitstraße konnten auch hier die Tuffablagerungen der vor 13 000 Jahren stattgefundenen letzten Ausbrüche der Eifelvulkane nachgewiesen werden. Darüber hinaus erbrachten die Untersuchungen für die Zeit um 1250 den Nachweis größerer Rodungen.


Großer Stein / W. Ebert (1998)

Am Waldrand bei Neuendorf befindet sich, gut ausgeschildert, der Findling "Großer Stein". Seine zahlreichen Bohrlöcher erzählen noch heute von der Geschichte, die mit dem Granit in Verbindung steht: Für eine große Schale sollte nach den Entwürfen K. F. Schinkels vor dem Alten Museum in Berlin die abgesprengte Hälfte verwendet werden. Sie war aber für die Bearbeitung nicht geeignet, so dass G. C. Cantian 1827-1829 die Granitschale mit einem Durchmesser von 7 m, bei einem Gewicht von 80 t aus einem Stück des "Großen Markgrafensteins" bei Fürstenwalde herstellte. Aufgestellt wurde die Schale erstmals 1831 und wieder aufgestellt 1981.

Literatur:
• F. Brose: Weichselglaziale Rückzugsstaffeln im Hinterland der Eisrandlagen des
   Pommerschen Stadiums von Angermünde. Wissenschaftliche Zeitschrift der
   Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, Jahrgang XXVII, 1978
   Mathematisch-Naturwissenschaftliche-Reihe Heft 1/2 S. 17-19
• F. Brose: Organogene Rohstoffe. Torf In Schroeder J. H.: Geologie von Berlin und
   Brandenburg. Nr. 2: Bad Freienwalde - Parsteiner See. Selbstverlag, Berlin 1994
• U. Liebetrau: Wissenschaftliche Zeitschrift der Humboldt-Universität zu Berlin.
   Mathematisch-Naturwissenschaftliche Reihe XVII (1968) S. 554-702.
• H. Liedke: Beiträge zur Geomorphologischen Entwicklung des Thorn-Eberswalder
   Urstromtales usw. Wissenschaftliche Zeitschrift der Humboldt-Universität
   zu Berlin. Mathematisch-Naturwissenschaftliche Reihe Jhrg. VI (19956/57)
   Nr. 1, S. 3-47

© Märkische Eiszeitstraße, H. Domnick, 2005

Aufwendige Befestigung der Schwemmsand- Terassenhänge in Oderberg

Aufwendige Befestigung der Schwemmsand- Terassenhänge in Oderberg Foto: H. Domnick