Sydow

Die einst selbstständige Gemeinde Sydow vereinigte sich 1928 mit Grüntal und verfiel zum Wohnplatz. 1973 wurde es ein Ortsteil von Grüntal. Die heutige Gemeinde Sydower Fließ entstand am 27. September 1998 aus dem freiwilligen Zusammenschluss der Gemeinden Grüntal und Tempelfelde.


 Ortsgeschichte

Luftaufnahme von Sydow. Foto Das Luftbild lässt erkennen, dass der Schlosspark Sydow als geschlossene Waldfläche inmitten einer ausgedehnten Agrarlandschaft liegt. Im Schlosspark sind noch die Reste des ehemaligen Schlosses erkennbar .  







Sydow im Luftbild. Foto H. Schröder
 
Der einstige See ist heute weitgehend versumpft und zugewachsen. Ostwärts wird der Park begrenzt durch das Sydowfließ, welches einst auch die Grenze zwischen Sydow und Grüntal markierte.
Sydow ist uraltes Siedlungsgebiet, das bezeugen gefundene Schalmeisel aus Feuerstein und mehrere Urnen. Auch ein Opferstein soll hier gewesen sein, er wurde aber gesprengt. Man vermutet, dass all diese Funde einer germanischen Frühsiedlung entstammen.
Der Name Sydow stammt vermutlich von dem uradeligen märkischen Geschlecht derer von Sydow ab, das bereits im Jahre 1259 durch den „Maschalk Henricus de Sydow“ bei dem askanischen Markgrafen Otto II. in der Mark Brandenburg vertreten ist. Ortschaften gleichen Namens im Magdeburgschen,  im Teltow und später auch in der Uckermark und in der Neumark scheinen das zu betätigen. 
Erstmals erwähnt wird unser Sydow 1375. Der Hauptlandbesitz gehörte damals der Familie von Uchtenhagen. Daneben bezogen die Familien Bercholz, Dolwitz und von Bone Einnahmen aus Sydow.







Einstiger Schlosssee in Sydow. Foto H. Schröder
Anfang des 15. Jahrhunderts ging der Uchtenhagensche Besitz an die von Krummensee und der Bonesche an die von Arnim zu Biesenthal über. Otto von Arnims Sydower Besitz wird 1439 unter die Erben aufgeteilt, ist aber wenig später vollständig in den Händen derer von Holzendorf. Erster Besitzer war Poppe von Holzendorf. Von seinem beiden Söhnen Werner und Dietrich war besonders Ersterer als Raubritter, der zusammen mit den Quitzows in ganz Brandenburg sein Unwesen trieb, allgemein bekannt geworden.
Wegen Untreue gegenüber dem Lehnsherrn wurde Werner von Holzendorf ein sog. Felonieprozess gemacht. Er wurde geächtet und all seiner Güter enthoben. Erst 6 Jahre später verzieh ihm der Kurfürst und gab ihm sein Eigentum zurück.
Eine weitere Sydower Persönlichkeit war Dietrich von Holzendorf. Ganz im Gegensatz zu seinem Vorfahren war er ein besonderer Vertrauter von Kurfürst Johann Georg und 1577 Amtsrat, 1584 Hauptmann zu Biesenthal, 1588 Hofrat und Inspektor der kurfürstlichen Hofmusik, 1595 Oberhauptmann. Im Lehnbrief von 1588 werden ihm verschrieben: „Das Dorf Sidow samt dem Rittersitz, Mühle und Weinberg und dazugehör. 9 Hufen Landes, neben darin wohnenden 6 Hüfnern und 3 Kossäten, die Fischerei auf dem Wehr, …“ Er starb 1598 in Berlin und wurde in der Sydower Kirche beigesetzt.
Der 30jährige Krieg hinterließ auch in Sydow schwere Schäden. Als 1635 der Gutsherr starb, war der Besitz stark verschuldet und musste an den Oberst Karl Rotten verpfändet werden. 1646 brannte das Gut vollständig ab. Noch 1678 war es laut Revisionsprotokoll weitgehend wüst.  Bereits 1652 wird von Dietrich Steffen von Holzendorf das Gut wieder eingelöst und seiner Tochter, die den Kapitän Balthasar von Sydow geheiratet hatte, als Heiratsgut vermacht. Von dessen Erben kauften es die Holzendorf erneut zurück.
Da aber der Herr auf Sydow, Carl Dietrich von Holzendorf 1742 kinderlos starb, erhielt es dessen Witwe, eine geborene von Beeren, an deren Familie nunmehr Sydow überging. Damit endete die 300jährige Herrschaft der Holzendorf über Sydow, einem bedeutenden Rittersitz im Oberbarnim. 

Alte Ansichtskarte - Sammlung Poppe Alte Ansichtskarte - Sammlung Poppe
Danach wechselten die Besitzer von Sydow sehr häufig (bis 1945 insgesamt 11 verschiedene Eigentümer) von denen hier nur August Wilhelm Jacob von Wedel erwähnt werden soll. In Teschendorf (Hinterpommern) 1770 geboren, erwarb er Sydow, nachdem er seinen Besitz in Beerbaum verkauft hatte. In den Chroniken wird allgemein der Übernahmezeitpunkt mit 1806 angegeben. Aus seinen eigenen Überlieferungen ist aber ersichtlich, dass er auf  Wunsch seiner Frau bereits 1805 das Gut erwarb. Er schreibt selbst dazu: „Das lebhafte der Poststraße, die heitere Lage zwischen grünen Wiesen und die schattigen Alleen hatten ihr immer sehr gut gefallen. Es ward wie in Beerbaum ein neues Haus erbaut.“ Somit ist erwiesen, dass er der Erbauer des neuen Herrenhauses war und nicht sein Vorgänger.
August von Wedel starb schon 1812 mit nur 42 Jahren. Sydow wurde danach verkauft, um die alten  hinterpommerschen Familiengüter erhalten zu können.
Der letzte Besitzer von Sydow war der Landschaftsrat und Hauptmann a. D. Wilhelm Ferdinand Koch. Sein Vater, der Berliner Baumeister Wilhelm Koch hatte das Gut Sydow im Oktober 1899 gekauft.  W. F. Koch war ein tüchtiger Landwirt und versetzte das Gut in einen guten Zustand. Er starb 1943 und wurde auf dem Sydower Friedhof beigesetzt.
1946 wurden die Kochs enteignet und das Land aufgeteilt.
1969 entstand in Grüntal ein Betriebsteil des volkseigenen Meliorationskombinats Frankfurt/Oder. Er wurde im Gutshaus in Sydow untergebracht.


Ortsbeschreibung

Sydow ist ein durch Gutsbildung deformiertes Straßen- oder Straßenangerdorf. Es ist noch nie groß gewesen. Entsprechend dem Landbuch von 1375 zählte es mit 33 Hufen zu den kleineren Dörfern. Aber immerhin wohnten damals hier 9 Kossäten. Eine Zahl, die später nie wieder erreicht worden ist. 1579 wurden 8 Hüfner genannt, deren Zahl dann auf die Hälfte absank und nie wieder mehr als 4 erreichte.
Im 30jährigen Krieg hat das Dorf schwer gelitten. Im Jahre 1645 wurden Dorf und Gut durch Feuer vollständig eingeäschert. Ein nochmaliger Dorfbrand ereignet sich 1851. Zwei Wirtschaften gingen in Flammen auf und drei Menschen fanden dabei den Tod. 1678 waren nur ein Bauer und 3 Kossäten noch ansässig. Die Äcker waren gänzlich verwachsen und es wollte sich keiner finden, um die wüsten Bauernstellen wieder aufzubauen.
Auch die Franzosenzeit (1806-1813) hat Sydow stark mitgenommen.
Bei der 1805 erfolgten Acker-Separation gab es 4 Bauern und 4 Kossäten, daneben einen Schmied und einen Müller.
Ein Krug war schon 1375, allerdings als verfallen, erwähnt. 1450 wieder in Betrieb, wurde er im 30jährigen Krieg gänzlich zerstört.
Seit 1699 war das Dorf auch im Besitz einer Windmühle. 1734 verkaufte der Gutsherr dieselbe an einen Mühlenmeister. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde sie, um ein Rossmühlenwerk erweitert, durch das Gut rückgekauft, später abgebrochen und vom Windmüller mitgenommen. 
Dorfkirche von Sydow. Foto W. Ebert Ältestes Gebäude ist die Dorfkirche. Das Mauerwerk und die beiden Pforten an der Südseite erlauben die Annahme, dass es sich um einen Rechtecksaal aus dem 13. Jahrhundert handelt. Die zahlreichen Unregelmäßigkeiten im Mauerwerk deuten jedoch darauf hin, das die Kirche zeitweilig stark verfallen war und später wieder instand gesetzt wurde.



Dorfkirche Sydow. Foto W. Ebert
In der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde sie restauriert und der gotisierende Westturm angefügt.
Der Innenraum der Kirche präsentiert sich zur Zeit als Baustelle. Auch die Turmspitze fehlt noch immer. Ebenso existieren auch keine alten Ausstattungstücke mehr.
Der die Kirche umgebende ehemalige Friedhof wird von einer Feldsteinmauer eingefasst.

Laut Aussage von Rudolf Schmidt besteht kein Zweifel, dass in der ältesten Zeit Sydow eine Wasserburg besaß, die etwa der in Trampe ähnlich gewesen sein mag. Wo sie gestanden hat, ist unbekannt, vermutlich aber am Westufer des Sydower Sees, der allerdings seit dem 13./14. Jahrhundert stark verlandet ist.
Die erste Beschreibung des Gutshofes rührt aus dem Jahre 1579. In dem „Register über dero von Holzendorfe Güter“ werden ein Gutshaus mit Küche, Darr- und Brauhaus, mehrere Ställe, ein Vieh- oder Meyerhaus sowie zwei Scheunen aufgeführt. Erwähnt wird weiter ein Weinberg von 4 Morgen, dazu ein Weinhaus mit gemauertem Keller sowie ein Wohnhaus für den Weinmeister.
1645 ist das ganze Gut abgebrannt und auch das übrige Dorf sei desolat gewesen. Als Steffen Dietrich von Holzendorf 1652 das verpfändete Gut zurückkaufte, sollen alle Gebäude „ganz wüst“ gewesen sein und er „im Gezelt eine zeitlang wohnen mußte“.
Als eine Kommission 1705 den Rittersitz taxierte, finden wir u. a. folgende Beschreibung:
„Das Wohnhaus von 20 Gebinden, 37½ Fuß breit, 138 Fuß lang, zwei Stockwerke hoch, von Holz mit Lehm ausgeflochten und einem Rohrdach, auch vier gemauerten Schornsteinen, davon zwei aus dem Grunde aufgeführt sind, mit 7 Stuben und etlichen anderen Kammern, nebst zwei Kornböden übereinander.“
Im Lehnbief von 1716 wird der Weinberg noch erwähnt, später nicht mehr.
Gutshaus Sydow Im Sommer 1780 bereiste Johann Bernoullis (1744 - 1807), Reiseschriftsteller und Enkel des berühmten Schweitzer Mathematikers gleichen Namens, den Barnim und besuchte u.a. auch Herrn von Beeren in Sydow. Er schrieb dazu: „Das Herrenhaus ist nur von einem Stock mit Mansarden und fällt von außen nicht sonderlich in die Augen, …“




Gutshaus Sydow um 1705. Bild aus Beitrag
Bernoulis.
In seinen Erinnerungen schreibt August Wilhelm Jacob von Wedel, der 1805 das Gut kaufte. "Es war wie in Beerbaum ein neues Haus erbaut.“ (Pers. Mitt. von Frau. v. Wedel). Es ist stark anzunehmen, dass dieser Neubau dem des späteren Gutshauses mit Mittelrisalit entsprach.
Das Gutshaus Sydow mit Mittelrisalit. Es ist vermutlich das von Wedel neu erbaute Haus.
Alte Postkarte aus der Sammlung Poppe.
„Es war wie in 1928 schreibt Rudolf Schmidt von einem “neuen Haus am Kirchhof“ und setzt in Klammer dahinter „das jetzige Gutshaus“. Nach Roland Gabsch handelt es sich dabei um einen um 1880 erfolgten Anbau eines Küchentraktes, der zurückgesetzt in Richtung Kirche errichtet wurde. Das Gutshaus wird von Schmidt jetzt wie folgt beschrieben: 13 Gebinden, zweistöckig, 24 Fuß breit, 75 Fuß lang, mit Dachstein gedeckt; woran ein Stall, Speise- und Rollkammer. Oben zwei Kornböden, unten ein gemauerter Keller mit Balken überlegt… Bis 1990 bekochte im Anbau die LPG ihre Mitarbeiter.
Nach 1910 baute der Rittergutsbesitzer Koch an die Osteite des Kerngebäudes, ebenfalls zurückgesetzt, eine Bürogebäude. Im Gegensatz zum Küchentrakt lagen die Räume aber ebenerdig, nicht hochparterre.




Ostanbau von 1914.
Foto K. Klebert
Auch hatte dieser Trakt einen eigenen Eingang, damit Besucher nicht durch das Wohngebäude gehen mussten. Insgesamt umfasste dieser Anbau 4 Räume, darunter eine sog. Festhalle fürs Dorf, in der u. a. zu Festtagen die Kinder beschenkt wurden.
Die Einweihung des Anbaus fand am 14.4. 1914 in Form eines sog. Nonnenfestes statt (alle Anwesenden verkleidet sich als Nonnen oder Mönche.
Nach 1945 war hier u.a.die Arztpraxis untergebracht.
Bis 1990 diente das Gebäude als Bürounterkunft für das Meliorationskombinat. Danach ging diese Immobilie an die Treuhand und von hier aus weiter er an eine Tiefbaufirma. Die Firma verschwand eines Tages, womit offenbar auch das Schicksal des Gutshauses besiegelt war.
Im November 1999 wird das leer stehende Gutshaus Sydow durch ein Großfeuer bis auf die Grundmauern zerstört .


Literatur:
Aus der Pfuelen Land - Zur Geschichte von Dannenberg,..., Grünthal und Sydow".
Hrsg.: Kreisausschuss des Kreises Oberbarnim, bearbeitet von Rudolf Schmidt. Bad Freienwalde (Oder), 1928
Johann Bernoullis Lustreise durch Oberbarnimer Land im Sommer 1780. Oberbarnimer Kreiskalender 1931, 62 ff.
Kein Happyend fürs Dornröchenschloss. Von Brigitte Horn. Barnimer Echo, 3.12.2009


Ich danke besonders der Ortschronistin von Biesenthal, Frau Gertrud Poppe, für Literatur, Bildmaterial und persönliche Informationen. Mein Dank gebührt auch Herrn Henry Schröder, Grüntal, Herrn Dipl.-Kunstwissenschafter Roland Gabsch, Grüntal, Frau Dr. Vita von Wedel, Hamburg und  Herrn Albrecht Lange, Berlin (Enkel von Wilhelm Koch) für die wertvolle Unterstützung.

© Gesellschaft Märkische Eiszeitstsraße  / W. Ebert  2010