Die Askanier und die Große Werbellinsche Heide

Die Eroberung des Finowtals 

Nachdem die Askanier mit der Burg Spandau ihre Position an dem strategisch wichtigen Zusammenfluss von Spree und Havel gefestigt und sie zum Zentrum eines Verwaltungsbezirkes gemacht hatten (bereits 1197 wird Spandau als Vogteiort genannt), stießen sie nach Norden vor. Wenn auch keine schriftlichen Zeugnisse über die Entstehungszeiten der Burgen Bötzow (das heutige Oranienburg) und Zehdenick vorhanden sind, so geht man gewiss nicht fehl in der Annahme, dass dies bereits in der Regierungszeit von Markgraf Otto II. (1184 - 1205) geschah. Von einigen Historikern wird sogar vermutet, dass Markgraf Otto I. bereits 1170 solche vorgeschobene Befestigungen anlegen ließ. Der Name Bötzow (Bothzowe oder Botzow) ist slawischen Ursprungs. Die Burg erhob sich dort, wo heute das Schloss steht. Sie wird, ebenso wie die in Zehdenick, 1216 erstmals urkundlich erwähnt.


Das Alte Jagdschloss Bötzow, um 1550
von Joachim II. errichtet.

Als die Askanier Ende des 12./Anfang des 13. Jahrhunderts von Bötzow und Zehdenick nach Osten vorzudringen begannen, errichteten sie als erstes mitten im Havelbruch auf einem slawischen Burgwall die Burg Liebenwalde. Einige Historiker nehmen an, dass dies schon zeitgleich mit Bötzow erfolgte. Die Burg sollte, wie schon der Burgwall, den Havelübergang und die in die Uckermark führende Straße sichern. Liebenwalde wurde der Sitz eines landesherrlichen Vogtes und für Jahrhunderte Verwaltungsmittelpunkt des ehemaligen Retschanenlandes.

Von diesen Positionen aus konnte Otto II. 1198 zur Oder vorstoßen und die dortigen Slawen unterwerfen. Zum Gegenschlag ausholend, fuhren die Dänen die Oder aufwärts und es kam vermutlich im Bereich der Mündung der Finow in die Oder zu einer blutigen Schlacht, in der Markgraf Otto siegte.
Als 1211 die Dänen erneut Pommern angriffen, konterte Markgraf Albecht II. (1205-1220) wahrscheinlich von Oderberg aus. Hier hatte er zwischen 1212 und 1214 die später so genannte Albrechtsburg am Südrand der Endmoräne zur Oder, als Gegenbastion zur pommerschen Burg Stolpe, erbauen lassen.

Um die wichtige Heer- und Handelsstraße von der Havel zur Oder zu sichern, legten die Markgrafen Burgen an. Wann diese Burgen im Urstromtal zwischen Liebenwalde und Oderberg errichtet wurden, ist nicht bekannt, erstmals in einer Urkunde erwähnt wurden sie wesentlich später. Fest steht lediglich, dass eine Tagesetappe von Liebenwalde entfernt, an der Finow die nächste Burg in Steinvörde (Steinfurth, heute Finowfurt) entstand. Erstmals erwähnt wird sie erst 1324. Ihr genauer Standort konnte bisher nicht festgestellt werden. Eine weitere Burg mit ebenfalls einer Tagesetappe war Eberswalde (Ersterwähnung 1276).
Joachim Hermann (1986), Spezialist für brandenburgische Burgengeschichte, unterteilte die Burgen in 5 unterschiedliche Grundtypen und vermerkte das Jahr ihrer Ersterwähnung.
Charakteristisch für die landesherrlichen (markgräflichen) Burgen im Urstromtal (Liebenwalde, Steinvörde, Biesenthal, Eberswalde und die Albrechtsburg in Oderberg) ist, dass sie alle dem Burgtyp A angehörten. Es handelt sich hierbei um große runde Burganlagen mit umlaufenden Holz-Erde-Wällen oder steinernen Mauern und einem oder mehreren Vorgräben und Vorwällen. Die Mindestgröße des Burginnenraumes betrug wenigsten 40 - 50 m im Durchmesser. Alle diese Burgen dienten der Sicherung der Macht der Askanier in den eroberten Gebieten und dem Schutz von Heeres- und Handelsstraßen. Drei von ihnen, Liebenwalde, Biesenthal und Oderberg, waren Sitz von Vogteien und damit auch Verwaltungszentren.

Nördlich des Urstromtales erstreckte sich der große Uckersche Wald. Ihm vorgelagert, entstanden Burgen in Werbellin, Grimnitz, Groß Schönebeck und in Altenhof. Einige Historiker, wie zum Beispiel L. Enders (1992), vermuten, dass die Burgen Werbellin und Grimnitz in Zusammenhang mit der Eroberung des Finowtales zum Ende des 12. Jahrhunderts entstanden seien. Dafür gibt es aber weder Unterlagen noch sachliche Gründe.


Schloss Oranienburg heute. Foto W. Ebert

So nimmt es nicht wunder, dass seit Mitte des 13. Jh. das Waldgebiet zwischen Havel und Oder in zeitgenössischen Urkunden als Große Werbellinsche Heide, Große Heide Werbellin, Grosse Werbellin Heyde, lateinisch Magna merica Werbelin, aufgeführt wird.

©  Märkische Eiszeitstraße, W. Ebert, 2004