Entwicklung der Landschaft
 

Der Beginn der nacheiszeitlichen Warmzeit (Holozän) war bis zu den ersten anthropogenen Eingriffen durch die natürliche Vegetations- und Klimaentwicklung geprägt. Eine geschlossene Vegetationsdecke schützte seit dem Präboreal das verglichen mit heute wesentlich bewegtere und lokal steilere Relief des meist kalkhaltigen Untergrundes vor Veränderung durch Bodenerosion. In die anfangs verbreiteten Birken-Kiefernwälder drangen Hasel, Eiche und Ulme ein. Birken und Kiefern wichen schließlich zurück und die Hasel verbreitete sich ebenso wie die neu hinzugekommene Erle. Während der klimatisch wärmeren Phase des Atlantikums entwickelten sich Eichenmischwälder, in denen nun auch Esche und Ahorn wuchse


Waldrodung mit Steinzeitaxt. Zeichnung U. Schwert
Durch die Rodungen der Wälder erstmals während der Jungsteinzeit sowie der folgenden Bronze- und der Eisenzeit wurde auf den genutzten Flächen eine erste schwache Reliefveränderung ermöglicht: Auf der Bodenoberfläche abfließendes Niederschlagswasser transportierte Bodenmaterial hangabwärts. Die extensive Landnutzung mit flacher Bodenbearbeitung, langen Phasen mit Gras- und Wildkräuter-, wahrscheinlich auch Strauch- und Baumbewuchs bot aber über die meiste Zeit einen ausreichenden Schutz vor den wahrscheinlich nur schwachen Niederschlägen, so dass überwiegend nur schwache Reliefveränderungen eintraten. Ökologische Krisen deuten sich in der Phase starken Bevölkerungswachstums in der späten Bronzezeit / frühen Eisenzeit an. Nun wurden auch steile Hänge und unfruchtbare Böden genutzt. Die Verlagerung von fruchtbarem Bodenmaterial durch Wasser und durch Wind nahm hier zu. Wirkungen starker Winderosion auf die Bevölkerung sind nachweis-
bar.

 
 

In den weiterhin bestehenden unberührten Waldgebieten entwickelte sich die Vegetation in Abhängigkeit von Klima- und Bodenentwicklung weiter. Die Hasel ging zurück. Mit nachlasssender Wärme und wechselnder Feuchte wanderte die Buche und die Hainbuche ein.

 Mit Beginn der Völkerwanderungszeit am Ende des 4. Jahrhunderts unserer Zeitrechnung wanderte der weit überwiegende Teil der Bevölkerung ab oder fiel verheerenden Seuchen zum Opfer und es breiteten sich erneut Wälder aus. Das zu Beginn des Subatlantikums abkühlende und niederschlagsreichere Klima und der unter Wald veränderte Wasserhaushalt bewirkten eine Weiterentwicklung der bis dahin oberflächennah bereits schwach entkalkten Böden. In den wahrscheinlich anfangs noch carbonathaltigen Kolluvien entstanden humose Oberböden. Die zunehmende Versauerung führte zu einer weiteren Differenzierung der Böden durch Verbraunung und Tonverlagerung, in nährstoffarmen Sanden ggf. auch durch Podsolierung.

Mit Eindringen slawischer Siedler im 6. Jahrhundert wurde die Phase der Oberflächenstabilität und Bodenbildung lokal unterbrochen. Noch während der Jungslawenzeit wurden die genutzten Flächen weiter ausgedehnt, erst mit der deutschen Ostsiedlung im 12./13. Jahrhundert aber wurde der Wald weitgehend zurückgedrängt und im Rhythmus der Dreifelderwirtschaft genutzte Ackerflächen dominierten die Landschaft. Dabei wurden vor allem auf den Grundmoränenplatten nun auch Flächen gerodet, die bis dahin durchgängig unbesiedelt geblieben waren. Während der früh- und hochmittelalterlichen Landnutzungsphase blieb die Reliefveränderung durch Bodenerosion auf den genutzten Flächen aber relativ schwach.

Im Zusammenhang mit einem verstärkten Bevölkerungswachstum und weiteren Rodungen setzte aber bereits in der Jungslawenzeit ein allmählicher Anstieg des Grundwasserspiegels ein, der sich mit den beschleunigten Rodungen der deutschen Siedler weiter fortsetzte. Mit der verminderten Transpirationsleistung der nun größere Flächen einnehmenden Ackervegetation gegenüber den vorher verbreiteten Wäldern stieg der Grundwasserspiegel an und führte in vielen Tälern zu einer Vernässung der Talauen bis in die Randbereiche und in vielen Mooren zum Einsetzen verstärkten Torfwachstums. Die terrestrischen Böden wurden durch Vergleyung und Pseudovergleyung überprägt.

Katastrophale Wirkungen hatten extrem starke Niederschläge in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Durch starke Bodenerosion ging auf Ackerflächen stellenweise der fruchtbare Oberboden vollständig verloren und Flächen wurden aufgegeben. In stärker reliefierten Gegenden riss das abfließende Wasser teilweise noch heute erhaltene, bis zu Meter tiefe Kerben in den Boden. Die Nahrungsmittelversorgung ging dramatisch zurück. Hungersnöte, Pestepidemien, ein infolgedessen starker Bevölkerungsrückgang und die nachfolgende spätmittelalterliche Wüstungsperiode folgten auf eine etwa 30- jährige Phase extremer Starkregenereignisse und starker überwiegend flächenhafter Bodenerosion in Nordost-Deutschland.

Der Beginn der folgenden Landnutzungsphase des Spätmittelalters und der frühen Neuzeit war wegen©© der niedrigen Bevölkerungsdichte, der reichen Flächenausstattung sowie der gesunkenen Bodenfruchtbarkeit durch eine extensive Bewirtschaftung gekennzeichnet. Nur allmählich dehnten sich mit dem Bevölkerungswachstum wieder Ackerflächen auf wüstgefallenem Land aus. Durch die Zerstörungen des Dreißigjährigen Kriegs (1618-48) wurde diese Entwicklung erneut zurückgeworfen, so daß erst am Ende des 17. Jahrhunderts wieder ein erneuter Aufschwung einsetzte, der ab der Mitte des 18. Jahrhunderts an Geschwindigkeit gewann, als staatliche Maßnahmen die Melioration und Inkulturnahme weiterer Flächen vorantrieben. Dabei wurde neues Ackerland vor allem durch Trockenlegungen gewonnen. Fortschritte in der Agrartechnik, wie das System der verbesserten Dreifelderwirtschaft mit Besömmerung der Brache, begünstigten nun eine Intensivierung auf den sich ausdehnenden Ackerflächen. Bodenerosion trat nun auch in den häufig durch Weide, Holzwirtschaft und Streuentnahme genutzten Wäldern auf, veränderte aber das Relief nur schwach.

Außergewöhnlich starke Niederschläge traten in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts auf. Ober- und Mittelhänge wurden durch starke Bodenerosion mehrere Zentimeter tiefergelegt. Die Schäden und die sozialen Folgen blieben aber schwächer als im Spätmittelalter. Die zu Beginn des 19. Jahrhunderts auftretende Agrarkrise, die Ausweitung der Schafhaltung, die Abnahme der Bevölkerung in zahlreichen nordostdeutschen Orten durch Auswanderung können dennoch in diesem Zusammenhang interpretiert werden. In der Mitte des 19. Jahrhunderts setzte sich die Intensivierung der Landwirtschaft durch Einführung neuer Fruchtfolgen und die Zurückdrängung der Brache auf den separierten Gemarkungen fort und die Mechanisierung und der Mineraldüngereinsatz in der Landwirtschaft nahm langsam zu.

Das 20. Jahrhundert kennzeichnet eine anfangs verhaltene Entwicklung der Agrarproduktion. Technischer Fortschritt setzte sich bis 1945 wegen beider Weltkriege nur langsam durch. Nach 1945 bestimmte die sozialistische Landwirtschaft durch Ausweitung und Zusammenlegung von Flächen und starke Intensivierung in allen Produktionsbereichen die Entwicklung und erreichte eine starke Steigerung der Erträge. Die Bodenerosionsrate stieg stark an.

© Märkische Eiszeitstraße, Th. Schatz, 2003