Tiere und Menschen der Eiszeit

Im Jungpleistozän

Im Frühglazial der Weichselkaltzeit (115.000 - 40.000 v. h.) herrschten in Mitteleuropa Steppenbedingungen (Lößsteppe). Die großen Pflanzenfresser, die oft in Herden lebten, fanden ihre Nahrung in einer üppigen Krautflora. Auch wenn die Landschaft wegen des verbreiteten Dauerfrostbodens weitgehende baumfrei war, hat sie wegen des hohen Sonnenstandes in unseren Breiten die arktische Tundra in der Pflanzenproduktion bei weitem übertroffen und ist eher mit alpinen Matten zu vergleichen.
Beim Abbau des Basalts in einem Steinbruch am Unkelstein bei Oberwinter wurde im anstehenden Löß eine reichhaltige Fauna gefunden, der u.a. Mammut, Wollnashorn, Wisent, Moschusochse, Wildpferd, Elch, Rentier, Hirsch und Murmeltier angehörten. In zahlreichen Höhlen fand man aus dieser Zeit Knochen des Höhlenbären, der eigentlich nicht in Höhlen lebte, diese aber zum Winterschlaf und als Kinderstube nutzte. Da die Wurfzeit unmittelbar nach Ende des Winterschlafes lag, ist verständlich, dass sich in den Höhlen Reste von alten oder kranken sowie von neugeborenen Bären häuften (Koenigswald und Meyer, 1994).

In einer Kiesgrube bei Vogelsang bei Eisenhüttenstadt, also unweit unseres Gebietes, fand man Feuersteingeräte aus der Mittleren Altsteinzeit (Mittelpaläoli- thikum). Der Faustkeil und andere Artefakte werden Menschen vom Typus Neanderthaler aus dem Weichselfrühglazial zugeordnet. Die Artefakte fanden sich umgelagert in Kiesen der Terrassen 2 und 3 des Warschau-Berliner Urstromtales. Aus der gleichen Grube stammen auch Knochen eiszeitlicher Großsäugetiere wie Wisent, Wollnashorn, Mammut, Rentier, Rothirsch, Waldelefant und Wildpferd (Schulz, 2000).

Zeitlich noch nicht einzuordnen, aber sicher dem Rixdorfer Horizont nicht zugehörig, sind die zahlreichen Knochenreste von Mammut, Wollnashorn, Riesenhirsch und anderen eiszeitlichen Arten, die häufig in den Kiesgruben unserer Region gefunden wurden, so in Hohensaaten, Bralitz, Lunow, Groß Ziethen und anderen. Sie liegen in einer Tiefe 9 - 13 Metern, ziemlich am Boden des Sanders. Ganz offensichtlich wurden sie angeschwemmt, von wo und aus welcher Tiefe ist unbekannt. Es handelt sich dabei fast ausschließlich um Zähne bzw. Stoßzähne, die nachweislich eine größere Haltbarkeit als andere Knochen aufweisen.
Die Fossilien befinden sich vor allem im Naturkundemuseum Berlin, aber auch in den Heimatmuseen der Region, wie Oderberg, Angermünde, Eberswalde und Bad Freienwalde. Leider harren die Funde bis heute noch einer wissenschaftlichen Bearbeitung. Aus den Lagerungsverhältnisse im Sander könnte man annehmen, dass es sich um Tiere handelt, die sich bis zum Weichsel-Hochglazial im Vorfeld der Gletscher aufhielten. Damit wäre ein Vorkommen des Mammuts und anderer Tiere der Tundra bei uns bis 30.000 Jahre v. h. nicht ausgeschlossen. Exakte Zeitbestimmungen sind offensichtlich noch nicht vorgenommen worden; sie erweisen sich auch als kompliziert, da die einzige hierfür geeignete Methode, die C14-Messung, nur bis 30.000 Jahre v. h. eine verlässliche Datierung ergibt.

Die Weichsel-Kaltzeit, in der die Binnengletscher letztmals in unser Gebiet vorstießen, ist die Zeit des Jetztmenschen (Homo sapiens sapiens), der in Deutschland seit etwa 40.000 Jahren nachgewiesen ist.
Aus der Zeit des Hochgalzials fehlen Zeugnisse für Fauna und Mensch aus Mitteleuropa, während aus Südfrankreich eine kontinuierliche Besiedlung überliefert ist.

Vor etwa 15.000 Jahren begann mit einer deutlichen Klimaverbesserung in unserem Gebiet der Rückzug des Eises und damit die Endphase der Weichselkaltzeit, das Spätglazial. Langsam taute der Dauerfrostboden auf und es entwickelte sich innerhalb der folgenden 3.000 Jahre eine baumlose Tundra oder Kaltsteppe mit Moosen, Flechten und Zwergsträuchern. Moschusochsen, Lemminge, Schneehasen, Wolf, Vielfrass, Eisfuchs und andere bevölkerten sie. Im Frühjahr und Herbst durchzogen Rentiere in großen Herden die Landschaft (Schulz, 2000).

Vor ca. 11.700 Jahren setzte dann im Alleröd eine spürbare Erwärmung ein. Zusammen mit ausreichenden Niederschlägen führte dies zu einer Bewaldung der Landschaft mit Kiefern und Birken. Aus dieser Zeit stammen die ersten Spuren von Menschen im Bereich der Eiszeitstraße. Einige charakteristische Feuersteingeräte zeigen, dass Waldjäger der Federmessergruppe aus Thüringen in unserer Landschaft ihre Zelte aufgeschlagen haben.

In der scheinbar unwirtlichen Kältesteppe der Jüngeren Tundrenzeit konzentrierten sich menschliche Spuren auf klimatisch begünstigte Plätze in unserem Raum (siehe auch Schulz, 2000). Sie waren spezialisiert auf die Rentierjagd und wenn die Tiere gegen Ende des Sommers die Region verließen, folgten sie ihnen.
Die Rentierjäger kamen aus dem Hamburger Gebiet und Schleswig-Holstein (Ahrensburger Gruppe). Auch Jäger von der Weichsel stellten im nordostdeutschen Flachland den Rentierherden nach (Swidrygruppe).

Bei Potsdam gefundene Reste eines Ur-Stieres sind bedeutsame Zeugnisse der Eiszeitjäger. Die geologi- schen und pollenanalytischen Untersuchungen zeigen, dass der Ur in der ausgehenden jüngeren Tundrenzeit hier erlegt wurde (Schulz, 2000).

© Märkische Eiszeitstraße, W. Ebert, 2003