Tiere und Menschen der Eiszeit


Im Alt- und Mittelpleistozän

Nach dem Vorkommen des Mammuts, dem Symbol der Märkischen Eiszeitstraße, in unserem Raum, sowie auch dem anderer eiszeitlicher Tierarten, wie Wollnashorn, Höhlenbär, Riesenhirsch und andere, wird oft gefragt. Deshalb erscheint es sinnvoll und legitim, auf die Entwicklung der Tierwelt im Eiszeitalter allgemein einzugehen, auch wenn sich die hierzu vorhandenen Fakten und Funde nicht auf das Gebiet der Märkischen Eiszeitstraße einschränken lassen.

Nachweise über Tiere und Menschen aus dem Mittelpleistozän und älter, sind in Nordostdeutschland ausgesprochen selten. Da muss man schon in Gegenden gehen, die die eiszeitlichen Gletscher nicht erreichten und die Spuren der Vergangenheit nicht verwischten. Bedeutsame Funde stammen aus der Osteifel und dem mittleren Rheintal, wo neben vielen Zeugnissen der eiszeitlichen Tierwelt auch vollständige vorzeitliche Siedlungen von Tuff- und Bimsschichten eruptierender Vulkane überdeckt oder in den Ablagerungen des Rheins konserviert wurden. Bekannt sind auch die uns räumlich näher liegenden Funde aus Jena, Weimar und Halle.

Wollhaarmammut

Das ausgehende Altpleistozän (vor 500.000 Jahren vor heute) wird durch einen Elefanten der Gattung Mammuthus gekennzeichnet. Die Gattung entwickelt sich relativ schnell vom Südelefanten (M. meridionalis) über den Steppenelefanten, auch Altmammut genannt, (M. trogontherii) zum Mammut (M. primigenius). Die Gattung Mammuthus tritt regelmäßig in den Kaltzeiten auf und zeigte dabei eine immer stärkere Anpassung an kaltes Klima.

Im frühen Mittelpleistozän - vermutlich in der Cromer-Warmzeit - erscheint bei uns zum ersten Mal der Vertreter einer zweiten Entwicklungslinie der Elefanten, der Waldelefant (Elephas antiquus). Er gehört zur selben Gattung wie der Indische Elefant. Jeweils in den Warmzeiten wanderten Waldelefant, Reh und Wildschwein sowie bestimmte Nashörner von Süden und Südosten her nach Mitteleuropa. Während des Übergangs zu den Kaltzeiten starben diese Populationen langsam und lokal wieder aus. Ein einfaches Abwandern war nur selten möglich, weil die Populationen der gleichen Art in den nicht betroffenen Gebieten kaum Platz machten. Mitteleuropa wurde dann wieder von der kaltzeitlichen Faunenvergesellschaftung mit Mammut, Rentier, Wollnashorn und zeitweise auch dem Moschusochsen, die mit den vorrückenden Gletschern nach Süden zogen, besiedelt. Mit Beginn der folgenden Warmzeiten wanderten sie mit dem zurückweichenden Eis nach Norden zurück, was durch Funde im nördlichen Schweden bestätigt wird. Das von ihnen aufgegebene Territorium wurde wieder vom Waldelefanten den anderen warmzeitlichen Tierarten in Besitz genommen. Wie oft ein solcher tiefgreifender Austausch in Fauna und Flora in Mitteleuropa erfolgt ist, kann zur Zeit wegen der noch offenen stratigraphischen Probleme nicht gesagt werden (Koenigswald und Meyer, 1994). Fest steht nur, dass der Waldelefant postglazial nicht wieder nach Mitteleuropa vordrang, da er während der letzten Eiszeit im südlichen Europa ausgestorben ist (Toepfer, 1963).
 


Wollnashorn, Mammut und Riesenhirsch am Rande eiszeitlicher Gletscher

Alle bisherigen Nachweise des frühen Menschen im älteren Mittelpleistozän gehören in die Warmzeiten. In den - bisher allerdings wesentlich schlechter belegten - Kaltzeiten fehlen Nachweise für die Anwesenheit des Menschen in Mitteleuropa. Ob der Mensch dem oben beschriebenen Muster gefolgt ist, oder ob seine Intelligenz ein aktives Abwandern in die richtige Richtung begünstigt hat, ist derzeit noch unbekannt.

Eine besonders reichhaltige Tierwelt entwickelte sich vor allem in den Warmzeiten. So wurden aus der Holstein-Warmzeit (ca. 360.000 Jahre vor heute) in Deutschland unter anderem folgende Tiere (nicht selten allerdings andere Arten als die heute noch lebenden) nachgewiesen: Waldelefant, Säbelzahntiger, Löwen, Hyänen, Nashörner, Wisente, Riesenhirsche, Wildpferde, Wildschweine, Rothirsche und Rehe. Aus subtropischen Gebieten Asiens kamen erstmals Wasserbüffel. Ein weiterer Neuankömmling aus Asien war auch der Auerochse (Probst, 1991).

Zum Ende dieser Warmzeit fand man im Gebiet des Laacher Sees in Kratermulden Siedlungsplätze von Neandertalern, die hier vor etwa 300.000 Jahren lebten. Unter den Funden waren auch Reste damaliger Jagdbeute. Meist handelte es sich um Tiere der Lößsteppe. Die wichtigsten Jagdtiere waren Wildpferd, Wildesel und Hirsch. Dazu kamen Wildrinder, Wollnashorn und Rentier. Steppenelefant und Mammut hingegen wurden nur selten gefunden.

Während der folgenden Saale-Kaltzeit (ca. 350.000 - 130.000 vor heute) bildeten sich in den eisfreien Gebieten wieder Tundren und Kältesteppen. Dort erschienen neben Fellnashörnern erstmals auch Wollhaar-Mammute der Art Mammuthus primigenius.

Mit dem letzten Interglazial, dem Eem, dessen Optimum vor etwa 125.000 Jahren lag, beginnt das Jungpleistozän. Hier treten wieder die charaktistischen Formen einer Warmzeit, wie Reh, Wildschwein und Waldelefant auf. Dazu kommen noch Nashörner, die im Gegensatz zum grasfressenden Wollnashorn, ihren Zähnen entsprechend, wohl eher Laubfresser waren. Als weitere Besonderheiten sind Flusspferd, Wasserbüffel und der Damhirsch zu nennen. Der Damhirsch ist im letzten Interglazial und vermutlich auch in den vorangegangenen Warmzeiten nach Mitteleuropa eingewandert (Koenigswald und Meyer, 1994).

Der Eem-Warmzeit ordnete man früher auch die geologisch bekannte knochenführende Sand- und Schotterablagerung, den "Rixdorfer Horizont", zu. Er ist am Originalfundort Rixdorf (jetzt Körnerpark in Neukölln) überbaut. Durch den gesteigerten Sand- und Kiesabbau wurde er aber außerhalb Berlins vielfach erschlossen, besonders bekannt ist eine Kiesgrube bei Niederlehme. Er ist an fluvioglaziale Bildungen (mit Schmelzwässern in Zusammenhang stehend) der alten Haupt- und Nebentälern gebunden. Im wesentlichen liegen die Fundstellen im und am Berliner Haupttal, im Haveltal, im Baruther Urstromtal, im Eberswalder Tal und im Odertal. Die Fauna des Rixdorfer Horizonts gilt als arktisch geprägte Großsäugerfauna, die durch die letzte nordeuropäische Vereisung in Bewegung gesetzt, mit dem Inlandeis nach Süden kam und Mitteleuropa bevölkerte. Es werden aber in dem Horizont auch Knochenreste von Tieren gefunden, die dem Interglazial zuzuordnen sind. Nach neueren Erkenntnissen wird der Rixdorfer Horizont (Dietrich, 1932) dem Weichsel-Frühglazial zugeordnet, das heißt, dass er zeitlich vor dem Brandenburger Eisvorstoß entstanden und von diesem gestört oder auch überfahren worden ist. Eine Analyse über Zustand und Färbung der Knochen lassen den Schluss zu, dass die Knochen vor ihrer Aufnahme in den Horizont schon im Wasser gelegen haben, das heißt, die Tiere sind nicht in den Schmelzwasserströmen ertrunken, sondern nur ihr Gebein ist von ihnen aufgenommen worden. Es wird angenommen, dass ein großer Teil der Reste von Kadavern und Gerippen herrührt, die aus Mooren, Tümpeln oder Seen, Wäldern und Dickichten stammten, vom Hochwasser ausgespült und im Flusskies und Sand von einer Bank in die andere verlagerten wurden bis sie zur Ruhe kamen. Somit können die Knochenreste zwar umgelagert, aber geologische gleich alt sein (primär allochthon) oder 
auch aus geologisch älteren Schichten umgelagert worden sein (sekundär allochthon). Beides kommt in Rixdorfer Horizont vor und macht deshalb die Altersbestimmung der Knochenfunde besonders schwierig. Auch gibt es keine Skelette oder Skelettteile, sondern nur Einzelknochen, was vielfach deren Zuordnung zu bestimmten Arten erschwert.

An nordöstlichen Elementen wurden Knochen folgender Tiergattungen gefunden: Mammut, Wollnashorn, Moschusochse, Wisent, Europäischer Riesenhirsch, Rentier, Wildpferd, Höhlenbär, Wolf und Eisfuchs; an südlichen Elementen Waldelefant, Hirsch, Damhirsch, Löwe und Hyäne.  

© Märkische Eiszeitstraße, W. Ebert, 2003