Ergebnisse aus Untersuchungen an Dünen in Brandenburg

Die Oberflächen der Dünen Brandenburgs sind unterschiedlichen Alters. Grund dafür sind die lokal stark variierenden Überwehungszeitpunkte, die hauptsächlich mit der Besiedlung des jeweiligen Gebietes in engem Zusammenhang stehen. Der größte Teil der durch den Wind aufgeschütteten und geformten Gebilde sind in einer kalten und trockenen Periode zum Ende des Weichselspätglazials angelegt worden. Während dieser Zeit, der Jüngeren Tundrenzeit, lichteten sich klimabedingt die zuvor bereits vollständig geschlossenen Kiefern- und Birkenwälder der Allerödzeit nochmals auf, so daß der Wind Narben in die Bodenoberfläche reißen konnte. Auf den Sander- und Urstromtalflächen entstanden so die großen und zusammenhängenden Dünenfelder mit teilweise tiefen Ausblasungshohlformen.

Auch während der trockenen und warmen Phasen des Holozäns (z.B. im Boreal) kam es zu Flugsandbewegungen. Ausgelöst durch natürliche Waldbrände wurden häufig die alten Dünen überweht. Der seit dem Neolithikum (Jungsteinzeit) zunehmend sesshafte Mensch griff durch Brandrodungen und Bodenbearbeitung stark in die Landschaft ein. Er wurde damit zum Verursacher weitflächiger Bodenerosion und der Übersandung fruchtbarer Böden. Vereinzelt bildeten sich neue Dünen, in der Mehrzahl wurden jedoch, wenn auch z. T. engräumig begrenzt, die bestehenden Dünen überweht.

Dünenstratigraphie im Eberswalder Urstromtal

Am Nordrand des Barnim und im angrenzenden Abschnitt des Eberswalder Urstromtales wurden intensivere Untersuchungen zum Bau und zur Altersstellung äolischer Bildungen durchgeführt. Entscheidende Ergebnisse lieferten die Arbeiten an der sogen. &Postdüne&, 5 km südlich des Ortes Finow (Stadtteil von Eberswalde).
Deren Schlüsselprofile wurden Ausgangspunkt für weitere Untersuchungen z. B. in der Schorfheide (SCHLAAK 1998), im Glien, im Berliner-, und im Baruther Urstromtal. Sie sind auch Beispiele für die "Mehrschichtigkeit" von Flugsandprofilen.

Die Postdüne (Forstabteilung 151/152) - locus typicus für den Finowboden
(SCHLAAK 1997)

Die grundsätzlichen stratigraphischen Verhältnisse an der "Postdüne" im Eberswalder Urstromtal sind in der Profilskizze ersichtlich. Die Postdüne ist eine Parabeldüne im Bereich der mittleren Urstromtalniveaus bei ca. 39 m NN, die sich maximal 6 m über dieses Niveau erhebt. Die Deflationswanne setzt erst innerhalb der etwa 600 m langen Dünenschweife an und ist bis zu 4 m in das Talniveau eingetieft. Die nordexponierten Hänge der beiden Schweife sind mit 18-20º deutlich steiler als die südexponierten Hänge mit 7-1º. Der Winkel des nach W orientierten Innenhanges wurde mit 11º, der nach O gerichtete Dünenkopf mit 17º vermessen.
Die Bogendüne wurde im Spätglazial von W her über eine ältere Tiefenlinie geweht, welche zuletzt als periglaziale Entwässerungsbahn genutzt wurde, wovon heute noch zwei verschiedene Terrassenniveaus zeugen ("Finärze-Terrassen", SCHLAAK 1993).

Postdüne bei Melchow. Foto W. Ebert In den Restlöchern der Rinne befanden sich seit dem spätglazialen Tieftauen des Toteises Seen (so auch im heutigen Großen Postluch), deren Verlandung im Alleröd einsetzte. Samith- und Schwärzesee sind mit einer Wassertiefe von 16 und 12 m heute die größten noch vorhandenen Seen im Verlauf dieser Tiefenlinie.
Die sich seit dem Spätglazial wiederholenden äolischen Prozesse unterbrachen durch Sandeinwehungen lokal am Berührungspunkt Postdüne/Postluch die organogene Sedimentation und hinterließen damit eine datierbare Verzahnung der Sediment


Die Postdüne im Revier Melchow. Foto W. Ebert

Ein etwa 20 cm mächtiges Torf-/Sandpaket, welches sich aus dem Moor bis in die Düne hinein verfolgen läßt, wurde, wie die 14C-Datierungen ergaben, im Zeitraum zwischen 13.450 BP und 11.750 Jahren vor heute, also im Alleröd und während der Jüngeren Dryas, abgelagert. Durch Pollenanalysen und den Fund des Laacher Bimstuffes (Ablagerung vor 12.880 Jahren) im unteren Teil des Torfbandes wurde diese zeitliche Einordnung des Torfpaketes bestätigt.

Bemerkenswert ist die Tatsache, daß die Tephrenlage, gegenüber der allgemein bekannten Ausprägung in limnischen Sedimentfolgen (Mudden u. ä.) dieser Region, nicht als wenige mm dünne grauweißliche Schicht vorkommt, sondern hier, über fast 5 cm Schichtdicke in der Torfsubstanz diffus verteilt, von gelb- bis rotbräunlicher Farbe ist. Die Existenz der LST wurde daher auch gern angezweifelt. Nach einer aktuellen Begutachtung von Proben aus verschiedenen Abschnitten des Profilschnittes Postluch/Postdüne konnten alle Proben als solche bestätigt werden. Zwar enthielt nur die moorseitig entnommene Probe die für die Laacher See Tephra als so typisch geltenden vulkanischen Glaspartikel (u. a. blasige Partikel, Röhrenbimse), in den dünenseitig entnommenen Proben waren jedoch Mineralphasen nachweisbar, die als Assoziationen der LST gelten (u. a. Klinopyroxen, Sanidin mit vulkanischem Habitus).

Der hangende Abschnitt des Torfbandes ist durch sich rhythmisch wiederholende geringmächtige Sandstraten gegliedert. Deren auffällig hohen Massenanteile im unteren Feinsandbereich u. Schluff (bis 20% unter 0,08mm) stehen ebenfalls für ein zögerndes Einsetzen der äolischen Prozesse während der Jüngeren Dryas. Zum Ende der Jüngeren Dryas wurde die Torfbildung am Dünenfuß durch die massive Sedimentation von Flugsanden vollständig unterbrochen.


Exkursion der Geselschaft Märkische Eiszeitstrraße zur Postdüne. Foto W. Ebert
Exkursion der Geselschaft Märkische Eiszeitstrraße zur Postdüne. Foto W. Ebert
Da das beschriebene Torfband dünenseitig in den Finowboden übergeht, kann man von einem analogen Zeitraum von ca. 1.700 Jahren für die Bildung des spätglazialen Paläobodens ausgehen.
Nach der Flugsandphase der Jüngeren Dryas, die zu einer tiefen Ausformung der Deflationsform und zur Aufhöhung der Dünenschweife um ca. 2 m führte, wurde die Postdüne im Holozän noch acht Mal überweht. Die Datierung dieser Überwehungsphasen erfolgte durch 14C-Analysen an holzkohlehaltigen Sanden und den organogenen Lagen im Verzahnungsbereich Moor/Düne.

Die jüngsten Überwehungen von geringerer Mächtigkeit konnten in das Hoch- mittelalter datiert werden.


Literatur:
 
SCHLAAK, N. (1993) Studie zur Landschaftsgenese im Raum Nordbarnim und Eberswalder Urstromtal. Berliner geographische Arbeiten. Heft 76. S. 1-161, Berlin
SCHLAAK, N. (1997) Äolische Dynamik im brandenburgischen Tiefland seit dem Weichselspätglazial. Arbeitsberichte. Geogr. Institut der Humboldt-Universität zu Berlin. Heft 24, 58 S.
SCHLAAK, N. (1998) Der Finowboden-Zeugnis einer begrabenen weichsel- spätglazialen Oberfläche in den Dünengebieten Nordostbrandenburgs. In:Baume, O. (Hrsg.): Beiträge zur quartären Relief- und Bodenentwicklung. Münchener Geographische Abhandlungen, Reihe A, Band A49, S.143-148.

Die Pollenanalysen erfolgten durch Dr. T. Schoknecht

Aufbereitung und Analyse erfolgten durch Dr. C. v. d. Bogaard, Geomar FZ, Kiel

 

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© Märkische Eiszeitstraße, Dr. N. Schlaak, 2001

 

Postdüne bei Melchow. Foto W. Ebert