Schloss Neuhardenberg
(früher Quilitz, später Marxwalde)

Panoramabild vom Schloss Neuhardenberg Foto: H. Domnick

Panoramabild vom Schloß Neuhardenberg Foto: H. Domnick

Schloss Neuhardenberg am Rande des Oderbruchs ist eine der bauhistorisch bedeutendsten Anlagen des frühen Klassizismus, die in Schlichtheit, Großräumigkeit und Gradlinigkeit ihre Würde präsentiert. Zugleich steht das Schloss für die Reformpolitik Preußens und für den militärischen Widerstand gegen den Nationalsozialismus.
Die Vorgeschichte des Schlosses beginnt mit dem Tode des Markgrafen Carl Albrecht von Brandenburg-Sonnenburg (1705 - 1762), dessen Besitzungen in Quilitz an die Krone fielen. Friedrich II. schenkte sie 1763 dem Rittmeister Joachim Bernhard von Prittwitz (1726 - 1793) als Dank für des Königs Rettung vor der Ge-


Joachim
Bernhard von
Prittwitz auf
Quilitz, Preuß.
Generalleutnant

fangennahme nach der katastrophalen Niederlage in der Schlacht bei Kunersdorf am 12. August 1759. Wie die Legende erzählt, hatte der König seinen Degen in den Sand gestoßen und wartete, nahezu apathisch, auf ein Ende mit Schrecken. Prittwitz war mit einer Schar von Husaren dabei, sich von den verfolgenden Russen abzusetzen und entdeckte den König. Fast gegen dessen Willen setzte er ihn auf sein Pferd und rettete ihn vor den heranpreschenden Kosaken. Der völlig erschöpfte König versicherte dem Rittmeister: "Herr, darauf verlasse Er sich, dass Ich Ihm das nie vergessen werde". Bis 1775 war Prittwitz Kommandeur der berühmten Zietenhusaren und später Generalleutnant der Kavallerie. Nach 1785 begann er in Quilitz mit dem Bau eines Landschlosses, einer eingeschossigen Dreiflügelanlage im barocken Stil. Wahrscheinlich hat der berühmte Architekt des Brandenburger Tores, Karl Gotthard Langhans, dabei mitgewirkt. Vestibül und Gartensaal sind bis heute erhalten. Nach den
Befreiungskriegen gab sein Sohn Quilitz nebst Schloss an die Krone zurück.

Staatskanzler
Karl August Fürst
von Hardenberg
(Neuhardenberg)
1814 wurde der Besitz von König Friedrich Wilhelm III. erneut verschenkt als Dank für die Dienste des Reformers und Staatskanzlers Karl August von Hardenberg (1750 - 1822), der kurz davor in den Fürstenstand erhoben wurde. Ihm zu Ehren erfolgte auch die Umbenennung des Ortes Quilitz in Neuhardenberg. 1820 beauftragte er den berühmten Berliner Architekten Karl-Friedrich Schinkel (1781 - 1841) mit dem Umbau des Schlosses im Stil eines klassizistischen Stadtpalais, unter Beibehaltung des Grundrisses und bei Aufstockung eines Geschosses. Gleichzeitig gewann er Joseph Peter Lennè für die Umgestaltung des Parks, unter Mitwirkung seines Schwieger- sohnes Fürst Hermann von Pückler-Muskau.

Karl August von Hardenberg setzte die von Karl Reichsfreiherr vom und zum Stein (1757 -1831) begonnenen Reformen fort. Für diese Lebensaufgabe hatte er sich mit seinen Verwaltungserfahrungen im Dienste des Hauses Hannover, des Herzogs von Braunschweig und in Ansbach-Beyreuth, aber auch durch umfassende Studien neuester staatswissenschaftlicher und ökonomischer Theorien qualifiziert. Sein reformerischer Weitblick erfasste die historische Notwendigkeit von Veränderungen der feudalen Staats- und Rechtsordnung, wenn Preußen nicht untergehen sollte. Für ihre Umsetzung bedurfte es jedoch auch des richtigen Zeitpunktes.


Schloss Neuhardenberg / W. Ebert
Erst die Niederlage Preußens 1806/07 gegen Napoleon schuf jene Ausnahmesituation, die den wankelmütigen König zu Handlungen gegen die privilegierte Adelskaste zwang. Seine Programmatik lautete: "Wir müssen dasselbe von oben her machen, Majestät, was die Franzosen von unten auf gemacht haben". Die Abschaffung von alten Adelsprivilegien, die Bauernbefreiung von Erbuntertänigkeit und Frondiensten, Gewerbefreiheit für jedermann mit freier Berufswahl, der Abbau von ständischen Schranken, die Neuordnung der Verwaltung auf staatlicher und kommunaler Ebene, die Gleichstellung aller vor dem Gesetz, die Reformierung der Bildung und des Heeres sowie die Neuordnung der Finanzen schienen ihm folgerichtig. Diese Vorgehensweise stieß auf ärgsten Widerstand der märkischen Adelsopposition, angeführt von Friedrich August Ludwig von der Marwitz auf Fredersdorf und Friedrich Ludwig Karl Reichsgraf Finck von Finckenstein auf Altmadlitz, gefolgt von der Fürstin von Schönburg-Waldenburg auf Gusow und anderen führenden Adligen Preußens. Dennoch wurden solche Regelwerke wie zur Gewerbefreiheit und das "Regulierungs- und Landeskulturedikt" 1811, die Emanzipation der Juden 1812 und die "Deklaration" von 1816 auf Veranlassung Hardenbergs verabschiedet.
Von Hardenberg vertrat Preußen auf dem Wiener Kongress und auf den Kongressen der Heiligen Allianz. Nach den Karlsbader Beschlüssen (1819) fiel er auf Betreiben von Metternich in Ungnade, blieb aber bis zu seinem Tode 1822 im Amt. Die Stein-Hardenbergschen Reformen wirkten als Vorbild für die Entwicklung in ganz Deutschland. Trotz widerspruchsvoller und kompromissbeladener Vorgehensweise, trotzdem viele Reformansätze auf halbem Wege steckenblieben und trotz teilweiser Rücknahme von Regelungen unter den Bedingungen der Restauration nach 1815, wurde damit die Tür für die notwendige Entwicklung der bürgerlichen Gesellschaft geöffnet.
Schloss Neuhardenberg - Hauptgebäude
Foto: W. Ebert

Ab 1918 verwaltete den Familienbesitz Carl-Hans von Hardenberg (1891 - 1958), der Ururgroßneffe des Staatskanzlers. Er entschied sich für eine Militärkarriere. Sein um viele Jahre älterer Freund Generaloberst von Hammerstein, Chef der Heeresleitung, machte ihn frühzeitig auf die Gefahren des sich herausbildenden Nazi-Regimes aufmerksam. Im 2. Weltkrieg ist von Hardenberg persönlicher Adjutant von Generalfeldmarschall Fedor von Bock. Nach dessen Absetzung nimmt er Verbindung auf zu Kreisen des Widerstandes gegen Hitler und begann, sich als einer der wenigen Adligen aktiv gegen das Nazi-Regime aufzulehnen. Es war für ihn ein ungeheurer Schritt, über den er in seinen Erinnerungen schreibt: "Es galt, zu aktiven revolutionären Taten zu schreiten, mit allem zu brechen, was uns von unseren Vätern gelehrt und was mit der Ehre eines preußischen Soldaten verbunden war. Besitz, Familie und Stammesehre mussten in die Waagschale geworfen werden." Auf seinem abgelegenen Schloss Neuhardenberg trafen sich die Beteiligten der Verschwörung, die am 20. Juli 1944 im Attentat auf Hitler durch Graf von Stauffenberg in der "Wolfsschanze" bei Ratzeburg ihren glücklosen Abschluss fand. Carl-Hans von Hardenberg wurde von der Gestapo verhaftet und in das berüchtigte KZ Sachsenhausen verbracht. Im September 1944 wurde sein Besitz von den Nazis enteignet. Mit Hilfe der Kommunisten überlebt er und wurde am 22. April zusammen mit den anderen Häftlingen von der Sowjetarmee aus dem KZ befreit.


Schloss Neuhardenberg -
Blick von der Parkseite / W. Ebert

Im September 1945 erfolgte im Zuge der Bodenreform die Aufteilung seines Land- besitzes auf Einzelbauern. Das Schloss wurde Eigentum des Landes Branden- burg. 1947 übernahm es die Gemeinde in Treuhand. Die Nebengebäude nutzte die "Vereinigung für gegenseitige Bauern- hilfe". Mit Gründung der DDR 1949 erhielt das Dorf den Namen Marxwalde. 1956 wurde der Ort Musterdorf der Deutschen Bauakademie. In der Zeit von 1949 - 1978 war im Schloss die Zentralschule untergebracht. 1978 übernahm die Kulturakademie Frankfurt/Oder das Objekt. 1988 wurde es mit staatlichen Mitteln restauriert.

Nach der Wende erhielt der Ort seinen Namen Neuhardenberg zurück. Gemäß dem Deutschen Staatsvertrag erfolgte die Rückgabe des Eigentums an die Opfer des Nazi-Regimes. So erhielt 1996 auch die gräfliche Familie Hardenberg ihr Schloss zurück, die es an den Deutschen Sparkassen- und Giroverband verkaufte. Nach umfassender Sanierung konnte es im Mai 2002 als internationales Bildungs- und Tagungszentrum des DSGV wieder eröffnet werden. Die ihm zugehörige "Stiftung Schloss Neuhardenberg GmbH" präsentiert für die Öffentlichkeit ein vielfältiges Programm von Kunst und Wissenschaft und eine ständige Ausstellung informiert über die Geschichte Neuhardenbergs.

Schloss Neuhardenberg Blick vom Park aus. Foto: H. Domnick
Neuhardenberg: Schloss mit Park Foto: H. Domnick 

 

Quellen:
• Hardenberg, Friedrich-Carl von: Neuhardenberg 1814 - 1991.
   In: Katalog zur Ausstellung "Burgen, Schlösser, Guthäuser in Brandenburg und Berlin" 1992
• Schloss Neuhardenberg. Sonderbeilage der "Märkischen Oderzeitung" vom 8. Mai 2002
• Geismeier, Gregor: Prittwitz und der Dank des Königs.
   In: "Die Mark" Heft 38, 2000/III
• Aldenhoff-Hübinger, Rita: Adelsopposition und Reformgeist.
   In: " Brandenburger Blätter" v. 16.Februar 2001

© Märkische Eiszeitstraße, M. Klebert, 2003