Schloss Kunersdorf


Ehemaliges Schloss Kunersdorf -
Eingangsfassade

Zwischen dem Oderbruch und dem westlich angrenzenden Barnimplateau liegt Kunersdorf, ein kleiner unscheinba- rer Ort, wie es viele in der Mark Branden- burg gibt. Sein Schloss wurde im 2. Weltkrieg zerstört und 1947 abgerissen. Es findet dennoch Erwähnung, da es eine bedeutende Episode rühmlicher preußi- scher Geschichte verkörpert und nicht in Vergessenheit geraten sollte: das Schloss war über Jahrzehnte Treffpunkt der fortschrittlichsten Wissenschaftler, Politiker und Künstler. Nach 1800 gab es nicht nur in Berlin Salons der Intelligenz, sondern eben auch hier in der Abgeschiedenheit von Kunersdorf! Es ist das Verdienst zweier Frauen, denen Theodor Fontane in seinen "Wanderungen durch die Mark Brandenburg" ein literarisches Denkmal setzte: Helene Charlotte von Lestwitz (1754 - 1803), genannt "Frau von Friedland", und deren Tochter Henriette Charlotte von Itzenblitz.


General Hans
Siegismund von
Lestwitz,
1718-1788

Die Schlossgeschichte beginnt 1765 mit dem Erwerb des Gutes Kunersdorf durch den Obristen und späteren General Hans Sigismund von Lestwitz, der 1760 wesentlichen Anteil am Sieg Friedrich II. über die Österreicher in der Schlacht bei Torgau während des Siebenjährigen Krieges hatte. Er baute 1773 ein Schloss in Kunersdorf zu repräsentativen Zwecken und vererbte es seiner Tochter Charlotte. Sie war für ihre Zeit eine außergewöhnliche Frau: geschieden, alleinerziehend, rastlos und energisch, leitete selbst die Wirtschaft und entwickelte ihr Gut zu einem Musterbetrieb moderner Landwirtschaft. Als aufgeklärte Reformerin schaffte sie bereits um 1800 auf ihren Besitzungen, noch vor der preußischen Gesetzgebung von 1811, die bäuerlichen Frondienste ab und setzte eigene Bauern für die Verwaltung ihrer Güter ein.


Charlotte Helene
von Lestwitz,
genannt Frau von
Friedland,
1754-1803

Im Salon Nikolai in der Brüderstrasse zu Berlin verkehrend, war sie frühzeitig an Gesprächen progressiver Intellektueller beteiligt. Ihr Schloss in Kunersdorf war deshalb geöffnet für geistreiche Besucher - nicht adlige Geburt, sondern Talent und Kraft wurden von ihr geschätzt. Vorstellbar ist, dass sich hier die Gäste nicht nur erholten, sondern dass zugleich ein reger geistiger Austausch im Sinne der Aufklärung stattfand. So entwickelte sich ein "Märkischer Musenhof", ein Zentrum hoher geistiger Kultur frei von der Beschränktheit des Hofes.
Nach dem Tod der "Frau von Friedland" setzte ihre Tochter Henriette Charlotte (1772 - 1848), verehelicht mit Peter Alexander Graf von Itzenblitz, das Begonnene fort.

Zu den Gästen in Kunersdorf zählten unter anderen solche historisch bedeutende Persönlichkeiten wie der Naturforscher und Geograph Alexander von Humboldt, der Gründer der Berliner Universität und preußische Staatsmann Wilhelm von Humboldt, der Rechtsgelehrte Friedrich Karl von Savigny, der Historiker Leopold von Ranke, der Staatskanzler und Reformer Fürst von Hardenberg, der Chemiker und Entdecker des Urans Martin Heinrich Klapproth, der Geologe und Begründer der Theorie des Vulkanimus Leopold von Buch, der Gründer der deutschen Landwirtschaftswissenschaften Albrecht Daniel Thaer, der Verleger und Schriftsteller Friedrich Nicolai, der Dichter Adelbert von Chamisso, der hier seinen berühmten "Peter Schlemihl" schrieb, die Bildhauer Johann Gottfried Schadow, Christian Friedrich Tieck und Christian Daniel Rauch.
Eine Generation später genoss 1862 auch Theodor Fontane die Gastfreundschaft auf Schloss Kunersdorf.

Die Grabkolonaden in Kunersdorf Foto: H. Domnick
Die klassizistische Grabanlage in Kunersdorf   Foto: H. Domnick


Kunersdorf - Teil der Säulenkolonade

Auch wenn das Schloss nicht mehr existiert, lohnt für künstlerisch Interes- sierte ein Besuch von Kunersdorf. Es besitzt einen einmaligen kulturellen Schatz - die Säulenkolonnade als Grab- anlage für die Familien Lestwitz und Itzenplitz an der Nordseite des Fried- hofes, geschaffen von den bedeutend- sten deutschen Bildhauern des Klassi- zismus.
Sehenswert sind auch die Reste des Schlossparks, der 1820 bei Peter Josef Lennè in Auftrag gegeben wurde.

Quellen:
• Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg.
   Zweiter Teil. Das Oderland. Aufbau-Verlag, Berlin. 1976.
• Faltblatt "Kunersdorf - Kleines Dorf mit großer Geschichte" 1997
 
© Märkische Eiszeitstraße, M. Klebert, 2003

 


 

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