Jagdschloss Hubertusstock
Unweit des Werbellinsees, mitten in der Schorfheide, ließ 1847/49 König Friedrich Wilhelm IV. nach dem Entwurf von Ludwig Ferdinand Hesse (1795 - 1876) sein Jagddomizil im Stil eines bayrischen Landhauses errichten. Der Legende nach rammte der König hier nach erfolgreicher Jagd seinen Stock in den Boden und versprach St. Hubertus, dem Schutzpatron der Jäger, an dieser Stelle ein Schloss zu bauen. Die Wahrheit ist, dass ihm im Jagdrevier ein Absteigequartier fehlte. Einer seiner ersten Gäste war General Wrangel, der "Retter" der Monarchie, die mit der Revolution 1848/49 ins Wanken geraten war. 1851 erhielt das Gebäude in der Schorfheide den Namen "Jagdhaus am Hubertusstock". Dem Äußeren nach war diese Bezeichnung korrekt, seiner ausschließlich repräsentativen Funktion nach wurde es späterhin jedoch als "Jagdschloss" bezeichnet.
Die Kaiser Wilhelm I. und Wilhelm II. nutzten Hubertusstock ebenfalls für die hochherrschaftliche Jagd. Besonders Wil- helm II., seit 1888 deutscher Kaiser bis zu seiner Abdankung am 9. November 1918, lebte hier seine Jagdbesessenheit aus.
Bekannt ist, dass Hubertusstock auch für interne politische Gespräche genutzt wurde. Die Verbindung von Jagd und Staatspolitik hat eine lange Tradition. Hier wurden politische Entscheidungen vorbereitet, die Preußen und Deutschland, ja sogar die Weltpolitik maßgeblich beeinflussten. So waren während der Regierungszeit Bismarcks mehrfach russische Großfürsten und Generäle zu Gast. Auch Zar Alexander III. weilte in Hubertusstock. Diese Gepflogenheit fand auch nach dem Sturz der Monarchie ihre Fortsetzung. Im November 1918 zunächst vom Arbeiter- und Soldatenrat Joachimsthal besetzt und zum Nationaleigentum erklärt, ging das Schloss 1926 in den Besitz des preußischen Staates über. 1928 verbrachte der sozialdemokratische Ministerpräsident von Preußen, Otto Braun, sein Weihnachts- und Neujahrsfest hier und führte - wie gehabt - vertrauliche politische Gespräche, so mit dem bayerischen Ministerpräsidenten Held. Aber auch die Reichspräsidenten Friedrich Ebert und Hindenburg besuchten Hubertusstock.
In der Nazizeit empfing hier der Reichsjägermeister und spätere Reichsmarschall, offizieller Stellvertreter Hitlers, Hermann Göring, die Prominenz des Inn- und Auslandes. Für dessen Prunksucht war jedoch Hubertusstock zu bescheiden. 1937 ließ er am Großen Döllnsee einen pompösen Neubau, den Waldhof "Carinhall" errichten.
Nach 1945 ging das Jagdschloss in den Besitz der brandenburgischen Landes- regierung über und wurde später Ferien- und Erholungsheim der Nationalen Volksarmee der DDR. Der Staatsratsvorsitzende Walter Ulbricht und Minister- präsident Willi Stoph waren zu dieser Zeit öfter hier zu Gast.
1971 bis 1973 wurde das marode Gebäude bis auf die Grundmauern abgerissen, weitgehend im bisherigen Stil wieder aufgebaut und innen modernisiert. Bis zur Wende diente es als Gästehaus der Regierung der DDR. Der Staatsratsvorsitzende, Erich Honecker, führte in Hubertusstock interne Gespräche mit führenden Politikern aus aller Welt, so mit George Marchais (Frankreich), Edward Gierek (Polen), Luis Corvalan (Chile), Raoul Castro (Kuba), Daniel Ortega (Nikaragua), Mengistu Haile Marian (Äthiopien), Rodny Arismendi (Uruguay) u.a. Zum 30. Jahrestag der DDR wurde für den Regierungschef der Sowjetunion, Leonid Breshnew, eine Staatsjagd veranstaltet. Mit Beginn der 80er Jahre verzeichnete die Gästeliste auch Besuche namhafter Politiker der BRD, so Hans-Jochen Vogel, Herbert Wehner, Oskar Lafontaine, Berthold Beitz, Graf Lambsdorff und Franz-Josef Strauß.
Anfang Dezember 1981 hatte Bundes- kanzler Helmut Schmidt während des Besuches in der DDR seine Residenz in Hubertusstock. In seinen Memoiren schreibt er: "Wir fuhren mit dem Wa- gen ... zum Jagdschlösschen Hubertus- stock am Werbellinsee ... Diese Fahrt durch die mir vertraute Mark Brandenburg - eine Moränenlandschaft der letzten Eiszeit...hat mein Herz erfreut, und mit Befriedigung stellte ich fest, dass ich mich... ohne Karte orientieren konnte. Als wir in Bernau vorbeikamen, erinnerte ich mich an eine Wanderung zum Liepnitzsee 1944...". Anliegen seines Besuches war , "der Welt das Bewusstsein zu geben, die DDR - wenngleich ihre Politik in wesentlichen Punkten nach wie vor zu missbilligen war - gehöre selbstverständlich und als eigenständiger Partner in das gesamteuropäische Gespräch über Sicherheit und Zusammenarbeit, über Gleichgewicht und Rüstungsbegrenzung." In der Rückschau bezeichnete Helmut Schmidt 1989 dieses Treffen "als eines der wichtigsten Ereignisse meiner Kanzlerzeit".
Im Herbst 1989 traf sich der letzte Staatsratsvorsitzende der DDR, Egon Krenz, mit dem evangelischen Bischof Leich in Hubertusstock. Auf Einladung der DDR- Regierung von Hans Modrow hielten sich 1990 des weiteren Minister Reichen- bach aus der BRD und Staatssekretär Moritz hier auf.
Nach der Wende ging das geschichts- trächtige Objekt in die Hand des Landes Brandenburg über. Von ihm wurde 1992 ein Nutzungsvertrag mit dem Bildungs- werk der Wirtschaft Berlin/Brandenburg (bbw) sowie der Savoy Hotel GmbH abgeschlossen. Ein späterer Erbbau- pachtvertrag ermöglichte dem Bildungs- werk die Umgestaltung des gesamten Areals - 1995 wurden alle Wirtschafts- gebäude abgerissen und 1997/98 entstand hier ein Neubau, der höchsten Ansprüchen für Tagungen und Konferenzen mit Vertretern aus Wirtschaft und Politik genügt.
Hotel und Restaurant "Jagdschloss Hubertusstock" sind seit Juli 2001 geschlossen.
Quellen:
Schmidt, Helmut: Die Deutschen und ihre Nachbarn. 1990
Geismeier, Gregor: Wilhelm II.- Hubertusstock. In:" Die Mark Brandenburg". Heft 39, 2000/ IV
150 Jahre Jagdschloss Hubertusstock in der Schorfheide. Hrsg. v. Dirk Hilpert, 1999
© Märkische Eiszeitstraße, M. Klebert, 2003