Schloss Bad Freienwalde

 

Auf dem Felsplateau des Barnim, mit weitem Blick auf das Oderbruch, liegt am Apothekerberg das Königliche Schloss Freienwalde - erbaut in den Jahren 1798/99. Das schlichte zweigeschossige Gebäude glänzt nicht in königlicher Pracht. Es imponiert vielmehr durch die Klarheit der Linienführung, bei sparsamen Einsatz der Auszierde - typische Merkmale des Früh-Klassizismus.


Schloss Freienwalde
Mit der Nutzung des Gesundbrunnens erregte Freienwalde, das älteste Moorbad der Mark Brandenburg, bereits seit 1684 das Interesse der Hohenzollern. Schon 1687 ließ der Große Kurfürst ein schlichtes Jagdschloss errichten, von dem heute jedoch nur noch die Grundmauern erhalten sind. Sein Sohn, König Friedrich I., beauftragte Andreas Schlüter mit der Planung eines Lustschlosses aus Holz, das aber bereits 1722 wieder abgerissen wurde. Friedrich Wilhelm I. und Friedrich II. setzten sich für weitere Projekte ein. So entstand 1787/90 nach Plänen von Carl Gotthard Langhans - zeitgleich mit der Ausführung des Brandenburger Tores in Berlin - ein zweistöckiges Wohn- und Badehaus.

 

1798/99 wurde das Königliche Schloss Freienwalde gebaut. Bauherrin war Friederike Luise von Preußen, zweite Ehegattin König Friedrich Wilhelm II.. Schon in vorangegangenen Jahren hielt sie sich öfter in Freienwalde zur Kur auf. Sie entzog sich damit den Demütigungen ihres Gemahls, der seine Mätresse, die Gräfin von Lichtenau (Tochter eines armen Musikers mit Namen Wilhelmine Encke) in aller Öffentlichkeit bevorzugte. 
Der sie verehrende, ansonsten sehr sparsame Sohn, König Friedrich Wilhelm III., gestattete seiner Mutter die Finanzierung eines "Lustschlosses im Landhausstil" als Witwensitz. Sie beauftragte David Gilly (1748 -1808), einen der Großen in der preußischen Architekturgeschichte, mit diesem Vorhaben. 
Als Hugenottenspross im uckermärkischen Schwedt geboren, beendete David Gilly 1763 seine Lehre und startete seine Laufbahn bei der Trockenlegung des Netzebruchs in der preußischen Neumark. Auch später trat er im Wasserbau hervor, so beim Bau des Bromberger Kanals und mit Hafenbauten in Elbing und Danzig (heute Republik Polen). Er avancierte 1770 zum geprüften Baumeister und Landbaumeister. 1788 wird er von König Friedrich Wilhelm II. zum Geheimen Oberbaurat und Mitglied des Oberbaudepartements nach Berlin berufen. Hier gründete er 1793 eine private Bauschule und wird 1799 Mitgründer der "Preußischen Bauakademie", der er dann 1802/03 als Direktor vorstand. Er war Lehrmeister berühmter Architekten, so seines Sohnes Friedrich Gilly und Karl Friedrich Schinkels. Sein "Handbuch der Landbaukunst" diente viele Jahre als Lehrbuch. Unbedingt sehenswert sind - neben Schloss Freienwalde - seine überlieferten Schöpfungen altpreußischer Landbaukunst wie die Schlösser und Dörfer Steinhöfel bei Fürstenwalde und Paretz bei Potsdam.
 

Das Teehäuschen am Schloß Freienwalde nach der Restaurierung 2011 Foto: H. Domnick

Das Teehäuschen am Schloß Freienwalde nach der Restaurierung 2011
Foto: H. Domnick

Im Schloss Freienwalde traf sich ab 1800 des öfteren die königliche Familie in ländlicher Idylle. Auch nach dem Tod der Königin 1805 blieb das Schloss im Besitz der Hohenzollern. Der umgebende Park, bereits zu Lebzeiten von Königin Friederike Luise angelegt, ist 1822 von Peter Joseph Lennè umgestaltet worden und lädt noch heute die Kurgäste zum Spaziergang ein.
Vermutlich in gleichem Zeitraum erfolgte ein Umbau des Schlosses im Sinne einer Modernisierung. Auffällig sind seither die geschnittenen Pilaster, die das Gebäude augenscheinlich in die Höhe streckten.


Walther Rathenau
(1867 - 1922)

1909 erwarb Dr. Walther Rathenau die ziemlich verwahrloste Hohenzollern-Imobilie aus dem Kronbesitz und ließ sie 1910 nach Plänen des Berliner Architekten Kraatz herrichten und einen Halbbalkon an der östlichen Schmalseite anbauen.1918 begründete er die "Rathenau Stift GmbH" und verfügte, dass das Schloss nach seinem Tode öffentlich zugänglich werde. Diesem Wunsch entsprechend, schenkten die Erben das Schloss 1926 dem Kreiskommunalverband Oberbarnim mit der Maßgabe, hier das Andenken an Rathenau für alle Zeiten zu bewahren. Dr. Walther Rathenau (1867 - 1922) führte ein außergewöhnliches Leben als Industrieller, Politiker und Publizist. Er ist eine der interessantesten und noch heute umstrittenen Persönlichkeiten zwischen Kaiserreich und Weimarer Republik.
Bereits sein Vater, Emil Rathenau, gehörte zu den bedeutenden Industriellen und Konzernchefs der Elektroindustrie in Deutschland: er gründete 1883 die Deutsche Edison-Gesellschaft (ab 1887 AEG - Allgemeine Deutsche Elektrizitätsgesell- schaft).
Nach Abitur, Studium, Promotion und Militärdienst bestimmte der Vater 1893 seinen ältesten Sohn Walther zum alleinigen Geschäftsführer der Elektrochemischen Werke Berlin und Bitterfeld. Damit begann für Walther Rathenau eine steile Karriere: 1904 wird er Mitglied des Aufsichtsrates der AEG und 1912 deren Vorsitzender. Bis zum 1. Weltkrieg stieg die AEG - nach Krupp - zum zweitgrößten Rüstungslieferant auf. Bei Kaiser Wilhelm II. stand Rathenau deshalb in hoher Gunst. 1914/15 wurde er zum Leiter der Kriegsrohstoffabteilung ins Preußische Kriegsministerium berufen. Für seine Verdienste erhielt er 1915 den Titel "Präsident der Allgemeinen Elektrizitätsgesellschaft".
Mit der Gründung der Weimarer Republik vollzog er eine enorme Lebenswende: er löste sich 1921 von allen Bindungen zur AEG und wurde Mitglied der DDP (Deutsche Demokratische Partei). Das Kabinett Wirth (Zentrum, SPD, DDP) ernannte ihn zum Wiederaufbauminister. Es regelte auf der Grundlage des Versailler Vertrages die Reparationsverpflichtungen Deutschlands gegenüber Frankreich. Rathenau strebte eine zentrale Wirtschafsorganisation an, um die komplizierte wirtschaftliche Situation in Deutschland zu beherrschen, stieß dabei aber auf wenig Gegenliebe der Großindustriellen.
1920 wurde er Mitglied der zweiten Sozialisierungskommission und war Teilnehmer der Konferenz von Spa. Im Januar 1922 berief ihn die Regierung zum Reichsaußenminister. In dieser Funktion nahm er im April/Mai an der Konferenz in Genua teil. Hier unterzeichnete er - zusammen mit Ministerpräsident Wirth - den Rapallo-Vertrag. Es war der erste Vertrag zwischen Sowjetrussland und Deutschland zum beiderseitigen Vorteil. Er brachte Rathenau jedoch den geballten Hass der Rechten ein. Am 24. Juni 1922 wird er durch Angehörige der rechtsradikalen Geheimorganisation "Consul" ermordet.

Rathenau nutze Schloss Freienwalde als Sommersitz und empfing hier seine Gäste, so die berühmten Dichter Gerhart Hauptmann, Fritz von Unruh, Carl Sternheim und Stefan Zweig. Vermutlich erfolgten hier auch die Niederschriften seiner umstrittenen ökonomischen und philosophischen Publikationen, in denen er unter anderem die Verstaatlichung der Schlüsselindustrien forderte.

Nach 1945 beherbergte das Schloss Büros und verschiedene Einrichtungen und nannte sich "Puschkin-Haus". Später hatte hier auch die Stadt- und Kreisbibliothek Bad Freienwalde ihr Domizil.
Ab 1991 wurde der Landkreis Märkisch-Oderland rechtmäßiger Eigentümer. In der ersten Etage des Schlosses befindet sich seither eine Rathenau - Gedenkstätte. Hier hat auch die "Walther Rathenau Stift Gemeinnützige GmbH" ihren Sitz. In der Beletage ist eine Ausstellung Bau- und Kunstgeschichte des Schlosses zu sehen.
Derzeit wird das Schloss denkmalgerecht restauriert und ist voraussichtlich ab Herbst 2003 wieder zu besichtigen.

Quellen:
• Schmook, Reinhard: Freienwalde. 2. Auflage. Berlin 1996.
   ( Reihe "Schlösser und Gärten der Mark")
• Walther Rathenau und Schloss Freienwalde. Faltblatt 1997
• Mader, Ursula: Emil und Walther Rathenau in der elektrochemischen Industrie.
   Trafo Verlag, Berlin 2002
 
� Märkische Eiszeitstraße, M. Klebert, 2003