Schloss Boitzenburg ist eines der größten Adelsschlösser des Landes Brandenburg und im Kern eines der ältesten. Auf einer Insel stehend, wurde es als Renaissanceschloss vermutlich in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts auf dem Terrain einer ehemaligen mittelalterlichen Wasserburg erbaut. Der südwestliche Teil dieses Bauwerks, das sogenannte "Oberhaus", ist heute noch weitgehend original erhalten und wurde in den letzten Jahren stilgetreu restauriert. Damit ist es das einzige, nicht überformte Renaissance-Bauwerk der Region. Neben dem hohen bauhistorischen Wert besitzt es einen reichen Dokumentarwert zur außerordentlich wechselvollen Geschichte der Uckermark: fast alle Landvögte der Uckermark hatten vornehmlich hier ihren Sitz. Ab 1528 wurde Boitzenburg der Stammsitz des berühmten, weitverzweigten Adelsgeschlechtes derer von Arnim.
Boitzenburg
Kupferstich von Matthäus Merian. 1652 | Die mittelalterliche Burganlage wurde erstmals 1276 urkundlich erwähnt. Vermutlich ist sie jedoch älter. Bereits 1240 wird ein pommerscher Truchseß "Johann von Boycenburch" genannt. Um 1250 gelangte die Uckermark an die Markgrafen von Brandenburg. Die Burg- anlage diente dem Schutz der Gemeinden, kommandiert von Rittern. So wird ein Ritter Heinrich von Stegelitz erwähnt, der an der Gründung des nahegelegenen Zisterzienser-Nonnen- kloster "Marienpforte" 1269 stark beteiligt gewesen ist. 1276 wurden Dietrich von Kerkow und seine Söhne und Neffen Lehenträger der Markgrafen Johann II., Otto IV und Konrad. Aus dieser Periode ist der Eingang zur Burg mit dem Wappen der Kerkows erhalten. |
Erst ab 1528 kehrte Beständigkeit ein: Boitzenburg wurde in ununterbrochener Folge Stammsitz der Familie von Arnim. Ihre "Schlossgeschichte" begann mit einem Tauschgeschäft. Kurfürst Joachim I. hatte Interesse am Jagdschloss Zehdenick, das vom kurfürstlichen Rat und Landvogt Hans von Arnim gekauft worden war. Dafür bot er Boitzenburg nebst allen dazugehörigen Ortschaften an. Hans von Arnim kaufte noch Besitzungen in Kröchlendorff und Wichmannsdorf und den Ort Petznick hinzu. Die Burg erwarb er mit Schulden- und Wertausgleich als erbliches Manneslehen. 1537 wird er Landvogt der Uckermark auf Lebenszeit.
Er gilt als erster Bauherr des Renaissanceschlosses. Dessen Finanzierung erfolgte offensichtlich durch den Erwerb der säkularisierten Güter des Zisterzienser Nonnenklosters "Marienpforte" 1539.Infolge der Erbteilung entstanden 1578 zwei getrennte Schlossbereiche: das "Oberhaus" (das eigentliche Schloss) ging an Kurt und das "Unterhaus" (Vorburg) an Bernd von Arnim, der es 1585 neu errichten ließ, dem bestehenden Renais- sancebau des "Oberhauses" angeglichen.
Das Erbe des Unterhauses trat der in die Geschichtsschreibung eingegangene Hans George von Arnim (1581 - 1641) an. |
Das "Oberhaus" und Altschloss Foto: W. Ebert |
1648 kam es zum Zerfall des herrschaftlichen Besitzes von Boitzenburg in mehrere Teile. Erst 1732 gelang Georg Dietloff von Arnim (1679 - 1735) eine Vereinigung aller Besitzungen. Er ließ um 1740 das "Unterhaus" im Spätbarock um- und einen Flügel neu anbauen. Damit entsprach seine Residenz dem Status seiner Position: 1738 wurde er 1. Staatsminister des "Soldatenkönigs" und 1753 dirigierender Minister Friedrich des Großen.
1786 wird die Familie von Arnim in den Grafenstand erhoben.
Den Landschaftspark im englischen Stil ließ Friedrich Wilhelm Graf von Arnim, dirigierender Forst-Park-Minister, im 18. Jahrhundert anlegen. 1827 wurde Peter Joseph Lennè mit dessen Umgestaltung beauftragt.
Das Schloss von Südwesten Foto: W. Ebert
| 1838 /42 erfuhr das "Unterhaus" im Auftrag des preußischen Innenministers und späteren Ministerpräsidenten Adolf-Heinrich Graf von Arnim einen Umbau in neogotischem Stil nach Entwürfen von Friedrich August Stüler. Dieser Teil des Baues wurde 1881/84 durch den Berliner Architekten Carl Doflein erneut im Stil der Neorenaissance überformt - dem alten Renaissance-Schloss angepasst. Auftraggeber war Dietloff Friedrich Adolf Graf von Arnim. Er war der letzte Präsident des preußischen Herrenhauses, dessen Funktion sich durch die Weimarer Verfassung erübrigte.
Letzter Besitzer von Boitzenburg war Joachim Graf von Arnim. Wegen seiner antinationalsozialistischen Haltung enthielt er sich jeglicher politischer Funktionen. Während des 2. Weltkrieges beherbergte er im Schloss eine Zweigstelle der japanischen Botschaft. |
Mit der Enteignung des Großgrundbesitzes nach 1945 wurde der Boden an Landarbeiter, landlose Bauern und Umsiedler aufgeteilt. Das Schloss diente nach 1946 als Genesungsheim für Typhuskranke, als Lazarett vom Roten Kreuz und als erste Wohnstätte für Umsiedler. 1949 übernahm es die Kasernierte Volkspolizei und nutzte es als Erholungsheim für Patienten, die aus den Krankenhäusern kamen. Ab 1955 - 1990 fungierte es als Erholungsheim der Nationalen Volksarmee der DDR.
Der "Einigungsvertrag" schloss nach der Wende eine Rückgabe des zwischen 1945 und 1949 enteigneten Vermögens aus. Das Bundesverfas- sungsgericht schrieb diese Entschei- dung mit seinem Urteil vom 23. April 1991 fest. Die Treuhandliegengesellschaft suchte über 10 Jahre lang weltweit nach einem Interessenten - ohne Erfolg. Erst danach überzeugte ein junger Hamburger mit seinem Konzept und erhielt die staatlichen Fördermittel. Damit konnte er in den letzten Jahren das Schloss umfassend und aufwendig sanieren lassen. Seit April 2003 wird es als Kinder- und Familienschloss betrieben. Es erfüllt den Traum vieler Kinder, einmal in einem richtigen "Märchenschloss" zu wohnen. |
Schloss Boitzenburg / Y. Knop |
Quellen:
• Beskow, Angela: Boitzenburg. Nicolaische Verlagsbuchhandlung, Berlin
(Reihe "Schlösser und Gärten der Mark")
• Dahlke, Günter: Schloss Boitzenburg in der Uckermark.
Herausgegeben anlässlich der 725 Jahrfeier. Boitzenburg 1996
• Jubiläumsblatt 725 Jahre Boitzenburg (Faltblatt)
© Märkische Eiszeitstraße, M. Klebert, 2003