Strasburg, im nördlichen Teil der Uckermark gelegen (heute Mecklenburg- Vorpommern), dürfte an der Kreuzung alter Strassen entstanden sein: der Süd-Nord-Verbindung Prenzlau - Anklam - Greifswald und der Ost-West-Verbindung Stettin - Hamburg über Pasewalk - Neubrandenburg. Eine Stadt mit Magdeburger Recht wird schon vor 1250 für möglich gehalten. Herzog Barnim I. von Pommern war vermutlich ihr Gründer. Der annähernd rechteckige Stadtgrundriss mit auffallend regelmäßiger Geviertteilung durch die rechtwinklige Führung der Straßenzüge weist auf die planmäßige Anlage einer Neugründung hin, wie sie um die Mitte des 13. Jahrhunderts typisch war. Ihre geographische Lage zwischen den Provinzen Pommern, Mecklenburg und Brandenburg machte die Stadt zum Streitobjekt territorialer Ansprüche und bescherte ihr mehrfachen Besitzerwechsel: 1250 ging sie an Brandenburg, 1323 befand sie sich unter mecklenburgischer Oberhoheit, in den folgenden Jahren stand sie durch Verpfändung und Verkauf unter verschiedenen Lehnsverhältnissen und seit 1479 war sie wieder brandenburgischer Besitz. Die Stadt wurde umgeben von einer Feldsteinmauer mit rechteckig vortretenden Weichhäusern - leider wurden sie zerstört.
Die Stadtkirche St. Marien steht nordöstlich des Marktes auf dem höchsten Punkt der Stadt - dieser Standort lässt darauf schließen, dass sie von Beginn an in der Stadtplanung vorgesehen war und vermutlich um 1250/80 zu datieren ist.
Am Außenbau sind zwei Bauphasen zu erkennen. Vom Feldsteinbau aus dem 13. Jahrhundert sind noch der rechteckige Chor mit überblendeten Dreifenstergruppen und das Untergeschoss des querrechteckigen Turms erhalten. Anstelle des alten Langhauses wurde im 15. Jahrhundert die vierjochige sterngewölbte Hallenkirche aus Backsteinen errichtet. Sie spiegelt den Wohlstand der Stadt in dieser Zeit wider. Der frühgotische Feldsteinchor trifft nunmehr mit dem spätgotischen Langhaus zusammen.
Offenbar bestand ursprünglich die Absicht, eine doppeltürmige Westfassade zu bauen. Der in 15 m Höhe aus Feldsteinen errichtete Südturm (Fachwerkaufsatz 1837) zeigt dies an; der Nordturm ist jedoch über Anfänge nicht hinausgekommen - eine in Städten mit mangelnder Prosperität öfter anzutreffende Situation. Nur Mauerreste zeigen die Absicht an.
Die einzelnen Bauteile - Chor, Langhaus und Turm - sind in Material und Stil deutlich voneinander abgesetzt und lassen die getrennten Bauphasen sichtbar hervortreten. Gerade das aber macht den Reiz dieses Bauwerks aus, das den Ehrgeiz einer kleinen Stadt und den Verlauf ihrer Geschichte lebendig widerspiegelt.
Das Innere der Kirche besticht durch die Verbindung von Altem und Neuem in schöner Harmonie. Der Chor mit seinen schlanken Spitzbogenfenstern wird von einem bemalten Tonnengewölbe beherrscht, das erst 1935 von Sandforth gestaltet wurde.
Eine Besonderheit im Kirchenschiff ist das Sterngewölbe mit den Rippen aus gemauertem Backstein, das von Kreuzpfeilern mit abgetreppten Kanten getragen wird.
Dem Gesamtbild der Kirche angepasst und zugleich einmalig ist die Orgelempore. Der dreiteilige Orgelprospekt ähnelt den Flügelaltären der Spätgotik. Die Bemalung der Emporenbrüstung mit gotisierender Ornamentik - vermutlich ebenfalls von Sandforth aus dem Jahre 1935 - schafft das Gegengewicht zum Chor.
Quellen:
Hösch, Karin: Strasburg. Evangelische Stadtpfarrkirche St. Marien. KUNSTVERLAG-PEDA.
Passau 1993
© Märkische Eiszeitstraße, M. Klebert, 2006