Der Wunderkreis auf dem Hausberg  

Auf dem Hausberg bei Eberswalde hat ehemals eine alte Burg gestanden, deren Gemäuer nochvor mehreren Jahren sichtbar gewesen, später aber zum Bau der Kirchhofsmauer benutzt worden ist. Hier läßt sich öfter eine weiße Frau mit einem großen Bund Schlüssel sehen, die sich auch zuweilen in einen großen schwarzen Hund verwandelt und so die Gegend durchstreift. Jetzt ist der Hausberg oben ganz geebnet, und der sogenannte Wunderkreis befindet sich dort; das ist ein aus vielen Kreisen bestehender, durch Rasenstücke geschaffener Gang, der so in- und durcheinander läuft, daß, wenn man ihn zu Ende geht ,man an derselben Stelle wieder ankommt, wo man hineingegangen ist. Früher wurde er von den Kindern zu Ostern ausgelaufen, das heißt, derjenige Knabe, der ihn am schnellsten durchlief, erhielt eine Belohnung in Ostereiern.Aber jetzt wird seiner nicht mehr gedacht, da die alte Sitte nicht mehr beobachtet wird. Diesen Kreis, sagt man, habe ein alter Schäfer gemacht, der sich dadurch vom Tode gerettet, denn man hatte ihm versprochen, ihm das Leben zu schenken unter der Bedingung, daß er einen solchen Wunderkreis schaffe, was er denn auch glücklich ausgeführt. Andere sagen,ein Schäfer hätte sollen hingerichtet werden und habe noch kurz vor seinem Tode gebeten, daß ihm gestattet werde, noch einmal die herrliche Aussicht auf das Tal vom Hausberg aus genießen zu dürfen. Das ward ihm gewährt, und wie er nun so auf dem Berge herumging, schleifte sein Stockhinter ihm im Sand nach und bildete so den Wunderkreis.

Quelle:Schmidt, Rudolf: "Eberswalde in Sage und Geschichte, Sitte und Brauch". Lesebuch. 1912