Die Burg Vierraden
"Rote Burg" hatte der Ritter sein Bauwerk genannt, als es fertig war, denn rot war auch sein Wappenschild. Nun sollten alle seine Untertanen diesen Namen verwenden.
Es stand aber an dieser Stelle, wo die alte Handelsstraße von Schwedt nach Stettin die Welse überquerte, schon lange eine Mühle mit vier Mahlgängen, also vier Rädern. Den Bauern war die Mühle natürlich wichtiger als die neue Ritterburg. Sie waren gewohnt, den wichtigen Welseübergang in dem weiten Sumpfgebiet nach der Mühle zu benennen, und bald nannten sie die Burg ebenso, sehr zum Ärger des Ritters. Da er dem Müller in seiner Vierrädermühle, der überall angesehen war und sich sogar der Gunst des Landesherren erfreute, nichts anhaben konnte, er sann er eine List und lud den Müller freundlich zum Abendessen in die Burg ein.
Als sie beim schönsten Schmausen waren, erhob sich der Ritter, trat ans Fenster und sprach: "Ich sehe einen Stern, den sehe ich gern!" Der Müller ahnte nichts Gutes. Er blickte ebenfalls hinaus und sagte ganz ernst, denn seine Mühle stand in hellen Flammen: "Ich sehe den Stern aber gar nicht gern!"
Was war geschehen? Der Müller wollte den ihm verhaßten Namen für seine Burg abschaffen und hatte einen begnadigten Mörder gedungen, die Mühle in Brand zu stecken!
Das ist nun lange her. Der Ritter aber fand wegen seiner Untat keineRuhe im Grab. Oft soll er Leuten um die Mittagszeit im Wirbelwind begegnet sein mit dem Ruf "Rote Burg! Rote Burg!" Aber es blieb dabei, jedermann nannte Burg und Stadt immer nur "Vierraden".
Quelle:"Der Schatz von Chorin". Sagen und Märchen aus der Mark Brandenburg, ausgewählt und bearbeitet von Albert Burkhardt. StappVerlag Berlin. 1991 |