Verknüpfung von Geo-, Natur- und Kulturtourismus

dargestellt am Beispiel des Geoparks "Eiszeitland am Oderrand"

H. Domnick, Märkische Eiszeitstraße, drdomnick@freenet.de
G. Lutze, ZALF Müncheberg, glutze@zalf.de

 

Aufbauend auf den Erfahrungen und Vorarbeiten der 1993 ins Leben gerufenen Ferienstraße im Nordosten Brandenburgs, die die Kreise Barnim, Uckermark und den Nordosten von Märkisch Oderland touristisch verbindet, konnte nach längerer Vorbereitung im Jahre 2006 die Anerkennung eines wesentlichen Teiles des von der Ferienstraße umschlossenen Gebietes als Nationaler Geopark "Eiszeitland am Oderrand" erfolgen.


 

Vorausgeschickt werden soll dabei, dass schon der Rundkurs der "Märkischen Eiszeitstraße" im Unterschied zu den in den alten Bundesländern üblichen Ferienstraßen nicht nur von einer Sehenswürdigkeit zur nächsten führt. 12 Ausgangspunkte (Städte entlang der Ferienstraße) erschließen das gesamte Gebiet mit all den geologischen, natürlichen und kulturhistorischen Sehenswürdigkeiten. Diese Landschaft wurde ausgewählt, weil sie geologisch viele Gemeinsamkeiten aufweist. Die Märkische Eiszeitstraße unterstützt die touristische Erschließung des Nordosten Brandenburgs mit seiner reichhaltigen naturräumlichen Ausstattung in vier Großschutzgebieten (Nationalpark Unteres Odertal, Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin, Naturpark Barnim und Naturpark Uckermärkische Seenlandschaft).


Feierliche Einweihung der
Ferienstraße. (Foto: H. Domnick)

Über einhundert Tafeln erklären die landschaftliche Entstehung, das Wirken der Weichsel - Kaltzeit und deren bis heute in der Landschaft erhalten gebliebene Formen, aber auch kulturgeschichtliche Zeugnisse, wie Großsteingräber, slawische Burgwälle, Burgruinen u. a. In den nunmehr 14 Jahren ihres Bestehens veröffentlichte die "Gesellschaft zur Erforschung und Förderung der Märkischen Eiszeitstraße" einen Reiseführer zu den Sehenswürdigkeiten entlang der Ferienstraße von 120 Seiten Umfang in 3 Auflagen, Flyer, Poster zu bereits erschlossenen und sehenswerten Geotopen, 12 Heftnummern mit dem Serientitel "Entdeckungen entlang der Märkischen Eiszeitstraße",



Tafeln erklären die Sehenswürdigkeiten (Foto: H. Domnick)
 

die Ausstattung der Ferienstraße mit Wegweisern und den bereits genannten über 100 Tafeln, eine umfangreiche Darstellung im Internet, Vorträge, Exkursionen und Ausstellungen. Zum Tourismus gibt es seit der Wende keine wirtschaftliche Alternative in dieser Region. Die Möglichkeiten einer Ferienstraße reichen zu einer darüber hinausgehenden wirtschaftlichen Förderung nicht aus. Die Schaffung des Geoparks ist eine notwendige logische Erweiterung.

Warum nun neben der Eiszeitstraße der Geopark "Eiszeitland am Oderrand"? Die heutige Oberfläche des gesamten Gebietes zwischen Berlin und Stettin (Szczecin) wurde von der Eiszeit, insbesondere den letzten beiden Kaltzeiten, der Saale - Kaltzeit (480 000 -128 000 Jahre vor heute) und der Weichsel - Kaltzeit (20 000- 10000 Jahre vor heute) geprägt. Auf einer Entfernung von nicht mehr als hundert Kilometer befinden sich hier 6 Endmoränenstaffeln, das heißt in dem heute nur dünn besiedelten Gebiet lag im Durchschnitt aller 20 Kilometer eine Eisrandlage. Charakteristisch dafür sind in dieser Jungmoränenlandschaft eine hohe Reliefenergie und eine sehr abwechslungsreiche Landschaft.

Allein die Kreise Barnim und Uckermark verfügen über 786 Seen über einem Hektar, darunter Kessel- oder Toteisseen, Rinnenseen, Zungenbeckenseen und Faltenseen und für den Teil des Biosphärenreservates werden über 600 Moore ausgewiesen. Neben Grund- und Endmoränen, Sandern und Urstromtälern sind hier auch zahlreiche Sonderformen der letzten Vereisung, heute geschützte Geotope, anzutreffen, wie Kames, Oser, Drumlins, Binnendünen, Trockentäler, Findlinge u. a. Sehr hoch ist auch die Zahl der vielerorts anzutreffenden Sölle. Die geologische Vielfalt bildet die Grundlage für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten, vom Seeadler bis zu Biber und Fischotter, vom Dreizähnigen Knabenkraut bis zum Frühlingsadonisröschen. Dieser Vielfalt widmen sich mit ihren Präsentationen, in Zusammenarbeit mit dem Geopark im Biosphärenreservat die Blumberger Mühle, der Zoo in Eberswalde, die Ausstellung im Nationalpark Unteres Odertal in Schwedt und der Wildpark in Groß Schönebeck. Vom Geopark werden in enger Zusammenarbeit mit den Kreisen, Ämtern, Städten und Gemeinden geologische Anziehungspunkte, Geotope, erfasst und für den Tourismus erschlossen, getreu der Festlegung in Bad Urach im Jahre 2000 in der es heißt:

Der Geotourismus basiert auf dem Landschaftspotential einer Region mit den erdgeschichtlichen Zeugnissen, den Geotopen und der geologischen Entstehungsgeschichte und der dazu folgenden Industrie- und Kulturgeschichte bis heute. Geotourismus hat das langfristige Ziel, die nachhaltige touristische Entwicklung und Inwertsetzung von Regionen zur Sicherung des Geo-Naturerbes durch innovative, langfristig wirtschaftliche, touristische, natur- und ingenieurwissenschaftliche Maßnahmen und pädagogisch-didaktische Instrumente zu fördern, zum Wohle der Menschen und ihrer Existenz".

Eine erfolgreiche touristische Vermarktung der geologischen Sehenswürdigkeiten und Betätigungsmöglichkeiten ist meines Erachtens nur in Verbindung mit der Einbeziehung der natürlichen und technischen sowie der kulturellen Highlights zu erreichen.
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Blockpackung (Foto: H. Domnick)

Tafel zum Biorama (Foto: H. Domnick)

Die Bildung des Nationalen Geoparks ist eine Erfolg versprechende Weiterführung der von der Märkischen Eiszeitstraße begonnenen touristischen Arbeiten über mehrere Kreise und das polnische Gebiet.

Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit Polen wird auch von den polnischen Geologen und den polnischen Kommunalvertretern unterstützt. Zahlreiche Arbeitstreffen zwischen den Vertretern des Geoparks und den polnischen Kollegen zielen auf die Schaffung eines grenzüberschreitenden
Geoparkprojektes hin.

Die touristische Erschließung der zahlreichen Geotope, die Schaffung größerer Ausstellungen und anderer geologisch orientierter Anziehungspunkte ist allein mit den Möglichkeiten einer Ferienstraße nicht möglich. Erst die umfangreichen Strukturen des Geoparks, die enge Zusammenarbeit mit den Kreisen, Ämtern, Bürgermeistern, dem Zoo, dem Wildpark Schorfheide, der Blumberger Mühle, dem Geologischen Landesamt für Bergbau, Rohstoffe und Geowissenschaften, den 5 geologischen Lehrpfaden, der Fachhochschule in Eberswalde, dem Geologischen Garten in Stolzenhagen und den Berliner Universitäten bietet die Gewähr, dass sich der Geotourismus als Wirtschaftsfaktor langfristig durchsetzen kann.

Geologischer Garten in Stolzenhagen
(Foto: H. Domnick)

Die vorliegende umfangreiche Machbarkeitsstudie und ein Tourismus-Marketingkonzept bilden die theoretische Grundlage dafür.

Ziele sind, gemäß der UNESCO-Definition:

• Erhalt der Geopotentiale,
• Stärkung der regionalen Entwicklung,
• Umweltbildung und
• Geotourismus.

Erste Kontakte wurden in 3 Schulen aufgenommen. Das Ziel ist hier "Geoparkschulen" zu gründen, wobei im Unterricht dem Thema Geologie eine größere Bedeutung zugeordnet werden soll.

Umfangreiche Analysen des Ausflugsverkehrs und des Übernachtungsverhaltens der Besucher ergaben z. B., dass den Kreis Barnim jährlich 1,75 Millionen Tagesgäste besuchen, davon 44,6 % aus Berlin und 22,1 % aus Brandenburg. Damit überwiegt der Besucherkreis, der sich nur kurzzeitig, aber dafür öfter im Gebiet aufhält.

Von den Tagesausflugsgästen kehren über 57 % regelmäßig wieder. Sie sind die Besuchergruppe, die für den Geopark als Schlüsselklientel betrachtet wird. Beachtet man darüber hinaus, dass die Senioren - immerhin ein Viertel der deutschen Urlauber - in ihrem Urlaub aktiv, kulturell und historisch interessiert, aber auch für Naturerlebnisse, einschließlich Geologie, sehr aufgeschlossen sind, so ergibt sich hier für den Geopark eine lohnenswerte Besuchergruppe.

Abb.6: Urlaubsbuchungen im Internet
(Quelle: ADAC 2007)

 Dabei gewinnt die Selbstgestaltung des Urlaubs immer mehr an Bedeutung wie auch die INTERNET-Buchungen beweisen.
Die Arbeitsgemeinschaft "Gletschertor" definierte folgende
Besuchergruppen:
   • Kinder,
   • Familien,
   • Rentner,
   • Reisegruppen,
   • Wellness- und Fitnesssuchende
Publikum mit Bildungsanspruch:
   • Schulklassen (Projekttage und -wochen)
Fachpublikum:
   • Wissenschaftler (Geologen, Biologen, Umweltschützer u.a.)
   • Studenten,
   • interessierte Privatpersonen
Kulturtouristen :
   • Geschichtsinteressierte
   • künstlerisch ambitionierte Natur- und Kulturfreunde

Das Motto des Geoparks wurde im Antrag auf die Anerkennung als Nationaler Geopark so formuliert: "Eiszeitgeologie, Landschaft und Kultur " zum hautnahen Erleben, Entdecken und Mitmachen" .Es gilt dabei, die Entwicklung von der Eiszeit über die Natur- und Siedlungsgeschichte bis zur gegenwärtigen Kulturlandschaft zu erfassen. Hierbei sind die gut erforschten geotouristischen Potentiale mit vorhandenen Besuchermagneten, wie das Schiffshebewerk Niederfinow, das Kloster Chorin, der Zoo Eberswalde und das Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin zu verbinden.

                                
                                 Zugtaufe  (Foto: H. Domnick)

Es soll damit Tourismus, Bildung und Erholung mit einer Vielzahl an Angeboten für die Bevölkerung verbunden werden. Im Mittelpunkt stehen dabei die Schaffung möglichst dauerhafter Erwerbsgundlagen für die meist ländliche Bevölkerung und der Erhalt der wertvollen Natur- und Kulturlandschaft.

Literatur:
H. Domnick, W. Ebert, G. Lutze:
Die Märkische Eiszeitstraße, Findlingsverlag, Neuenhagen 2003
A. Pfelling:
Tourismusmarketingkonzept für den Nationalen Geopark "Eiszeitland am Oderrand",
Diplomarbeit 2007
G. Lutze et al:
Fachliche Entwicklungskonzeption Geopark Chorin-Joachimsthaler Eiszeitlandschaft.



© Märkische Eiszeitstraße, 2008