Schloss Reichenow

 

Am Ortsrand von Reichenow wird der Besucher überrascht von einem prächtigen Bauwerk mit Zinnenkranz, Ecktürmchen und einem hohen, schlanken Turm. Erst in den Jahren 1897 - 1900 im Auftrag von August Freiherr von Eckardstein erbaut, ist das Schloss dem Stil der englischen Landsitze der Tudorzeit nachempfunden. Den Entwurf lieferte der Berliner Hofbaumeister, Architekt G. Hauer. Der neugotische Bau ist umgeben von einem Park, der die natürlichen Gegebenheiten bis hin zum "Langen See" vorteilhaft nutzt.


Schloss Reichenow / W. Ebert

Vorgängerbauten gab es nicht, aber die Besitzer der Güter lassen sich bis ins Jahr 1375 zurückverfolgen. Frühere Guts- herren waren die von Lype, von Pfuel, von Barfuß, von Reichenbach und von Kamecke. Letzterer musste 1801 Reichenow, wie auch das unweit gelegene Schloss Prötzel, an Ernst Jakob von Eckardstein verkaufen.
Sein Sohn, Arnold von Eckardstein, erbte Reichenow. Er und wiederum dessen Sohn August studierten bei Albrecht Daniel Thaer in Möglin, dem Begründer der ersten Landwirtschaftsakademie in Deutschland. Vater und Sohn erwarben sich hohes Ansehen in der Entwicklung der Landwirtschaft Preußens. Die teilweise noch erhaltenen Wirtschaftsgebäude zeugen von einer modernen Wirtschaftsorganisation auf dem Lande.


Johann Gottlieb Koppe
(1782 - 1863)
Arnold von Eckardstein engagierte für die Verwaltung seiner Güter ab Juni 1814 bis 1827 den Landwirt Johann Gottlieb Koppe, der die Stellung als Administrator unter der Bedingung einer fünfprozentigen Gewinnbeteiligung annahm. Als Sohn eines Büdners wurde er zum Wegbereiter der kapitalistischen Entwicklung der Landwirtschaft in Preußen! Prägend war auch für ihn die Zusammenarbeit mit Thaer in Möglin. Das Geheimnis seiner Erfolge - auch späterhin als selbständiger Domänen- pächter in Wollup - bestand darin, dass er die Schaffung rentabler landwirtschaftlicher Großbetriebe verband mit industriellen Folgeeinrichtungen (Kartoffelspirituosenbrennerei, Ziegelei, Ölmühle und 1837 die erste Rübenzuckerfabrik im Oderbruch). Nicht Fronarbeit, sondern freie Tagelöhner waren nach seiner Ansicht die "nützlichste Menschenklasse". In Reichenow konnte er neue Bodennutzungssysteme praktisch erproben und sie 1818 theoretisch in seiner Veröffentlichung "Revision der Ackerbausysteme" darstellen.
August Friedrich von Eckardstein als Erbe von Reichenow führte ab 1856 das Begonnene erfolgreich weiter. Die Gewinne schufen vermutlich die finanzielle Voraussetzung dafür, dass er 1897 für seinen Sohn Julius das prächtige Schloss in Reichenow bauen konnte, das von den Nachkommen bis 1945 genutzt wurde.
1943 wurden in einem Teil des Schlosses Flüchtlinge aus dem Ruhrgebiet untergebracht Nach der Enteignung übernahm die Gemeinde 1946 die Rechtsträgerschaft und nutzte das Gebäude ab 1949 als Schule, Gaststätte, Friseursalon und bis 1992 für Wohnzwecke. 1994 wurde das Schloss in die Brandenburgische Schlösser GmbH aufgenommen. In Zusammenarbeit mit dem Brandenburger Landesdenkmalamt erfolgte der Umbau zu einem Seminar- und Gesundheitshotel, das 1997 eröffnet wurde. Besonders beliebt ist es für Hochzeiten und andere große Familienfeste.

Quellen:
• Beeskow, Angela: Reichenow. H. Henemann, Berlin 1997.
   ( Reihe "Schlösser und Gärten der Mark")
 
© Märkische Eiszeitstraße, M. Klebert, 2003