Stadtpfarrkirche St. Nikolai Bad Freienwalde

Am Steilabfall der Barnimplatte zum Niederoderbruch liegt der älteste Kurort der Mark Brandenburg - Bad Freienwalde. Dank der günstigen Lage an der Kreuzung alter Handelswege von Berlin nach Stettin und Frankfurt/O. und zum Schutz des Oderübergangs (die Oder floss bis 1753 unmittelbar hier vorbei) entstand wohl schon im ersten Drittel des 13. Jahrhunderts ein Marktort. 1316 wird eine erste Siedlung beurkundet. Der unregelmäßige Stadtgrundriss zeigt vielmehr an, dass es eine aus "wilder Wurzel", vermutlich als Kaufmannssiedlung gewachsene Stadt ist. 1373/74 erhielt die Familie von Uchtenhagen aus der Hand des Markgrafen das Lehen über die Stadt. Dieses einflussreiche Uradelsgeschlecht herrschte bis 1618 - danach fiel die Stadt an den Kurfürsten von Brandenburg zurück.

 


Stadtkirche St. Nikolai
Foto: H. Domnick

1542 wird ein fester Damm urkundlich erwähnt, der eine Verbindung zwischen dem Barnim und dem Neuenhagener Riegel herstellte, über den später auch der große Postkurs von Königsberg nach Cleve lief.
Um 1684 entdeckte der Apotheker Peter Gottfried Gensichen die Heilkraft der mineralstoffhaltigen Quellen und der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm (1640 -1688) begründete den Freienwalder Gesundbrunnen. Danach blühte der Ort als Kurstadt auf. Eine Zierde des Stadtbildes ist seither die Georgenkirche. Sie gehörte zum gleichnamigen Hospital von 1695/96 und wurde durch den Magdeburger Wanderbaumeister Bernd Nugelahn in einfachem Ständer-Riegelfachwerk als Barockbau errichtet.
Besonders König Friedrich Wilhelm II (1786 - 1797) und seine Gemahlin Friederike Louise nutzten Freienwalde für ihre Kuren. Die Bauten von Carl Gotthard Langhans und David Gilly erinnern daran. Im 19. Jahrhundert übergab die Krone den Kurbetrieb als Eigentum an die Stadt Freienwalde.Die ursprüngliche Stadtkirche St. Nikolai wurde auf dem höchsten Punkt der Stadtanlage in der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts gebaut. Es war ein turmloser rechteckiger Feldsteinsaal -Teile sind heute noch im Westgiebel und in der Nordwand des späteren Baus erhalten. Sie wurde dem heeiligen Nikolai geweiht, dem Patron der Wanderkrämer, Schiffer, Fischer und Bäcker.


Stadtkirche St. Nikolai
Foto: W. Ebert
Durch ihre Asymmetrie und das Sichtbarwerden mehrerer Bauepochen erregt die Kirche beim heutigen Betrachter besondere Aufmerksamkeit. Der repräsentative Umbau zur spätgotischen Backsteinkirche im 15. Jahrhundert und der Turmbau im 16. Jahrhundert spiegeln den Willen der Bürger und der Stadtherrschaft wider, nicht hinter den landesherrlichen Nachbarstädten wie Eberswalde oder Wriezen zurückzubleiben. Begonnen wurde mit dem Anbau des fünfseitigen polygonalen Chores. Das Datum 1453 ist als Inschrift festgestellt. Gut sichtbar ist die Erhöhung des einschiffigen Langhauses zu vier Jochen: das Gesims trennt das frühere Feldsteinmauerwerk von dem Backsteinaufbau mit vier hochgelegenen Spitzbogenfenstern. Gleichzeitig entstand der hübsche blendengeschmückte Westgiebel. Angeschlossen wurde auch ein kreuzrippengewölbtes Seitenschiff von 2 Jochen, dem später ein Emporengeschoss aufgesetzt wurde. Erst zwischen 1518 und 1522 wurde der imposante Turm hinzugefügt. Er wird durch schlanke Blenden in beiden Obergeschossen gegliedert und von spitzbogigen Schallöffnungen geschmückt. Ihm ist jedoch kein Glück beschieden. Durch Blitzschläge kam es 1584 und 1637 zu Turmbränden. Erst 1653 konnte durch den Zimmerbaumeister Heinrich Krüger aus Fürstenwalde der Turm wiederhergestellt werden. Er verantwortete auch die neue Einwölbung des Langhauses. 1867 ist der Turm nach Blitzschlag erneut abgebrannt; es erfolgte ein neogotischer Wiederaufbau nach Plänen des Geheimen Baurates und Kreisbaumeisters Theodor Düsterhaupt. Vom alten Turm sind am ehemaligen Eingang Sitznischen erhalten - die "Bettlernische" und der "Rillenstein" (durch Wetzen am Stein sollten Kampftüchtigkeit und Segen verliehen werden).
Das Kircheninnere bietet ein reizvolles Nebeneinander von Chor und Hauptschiff. Der sterngewölbte Chor mit fünf schlanken, zweiteiligen Spitzbogenfenstern im Polygon wird von einem Triumphbogen vom zellengewölbten Kirchenschiff getrennt. Während der Renovierung von 1972 konnte an der Chornordwand ein kleiner Abschnitt der historischen Fresken freigelegt werden.

Taufstein der Stadtkirche
Foto: W. Ebert
Ein Rundgang durch die Kirche offenbart ihre bemerkenswerten Ausstattungsstücke.Der spätromanische Taufstein aus dem 13. Jahrhundert in runder Pokalform gehört zu den ältesten der Mark Brandenburg (Bemalung und Taufschale aus Messing wurden erst später hinzugefügt). Im Seitenschiff befindet sich auf einem Sockel ein eisenbeschlagener "Gotteskasten" aus der Zeit um 1600, mit Opferstock aus dem 18. Jahrhundert.Besonders sehenswert ist der Hochaltar von 1623, ein qualitätsvolles Werk der Spätrenaissance, das sich einreiht in ähnliche bedeutende Arbeiten auf dem Oberbarnim wie in Ringenwalde oder Reichenow. Der Wriezener Schreiner Antonius Engelhammer (auch Engelhardt) und der Freienwalder Maler D. Ribbecke haben ihn geschaffen. Er besteht aus vier Etagen mit leichter Überhöhung des Hauptgeschosses. Thema und Gestaltung entsprechen den nach der Reformation üblichen Bildprogrammen: die Predella zeigt das Abendmahl, im Zentrum steht der Dornengekrönte, über dem Altarblatt befindet sich die Kreuzigung und Grablegung und die Bekrönung zeigt den Auferstandenen. Auffällig sind das reiche Beschlagwerk und die kontrastreiche Polychromie, die eher dem Spätbarock zuzuordnen ist.

Altar der Spätrenaissance
Foto: W. Ebert
Die Kanzel von 1622/23 stammt aus der gleichen Werkstatt wie der Altar. Der schöngearbeitete Schalldeckel wird von einem Pelikan gekrönt, der von alttestamentarischen Figuren umgeben ist. Daneben ist ein Mann in Reisekleidern zu sehen, der einen Beutel in der Hand trägt - vermutlich das Symbol der Kaufleute, bezugnehmend auf den heiligen Nikolai als Schutzpatron der Kirche. Das Chorgestühl auf der Südseite stammt aus gleicher Zeit.
1728 wurde eine dreiteilige barocke Orgel von dem berühmten Berliner Orgelbauer Joachim Wagner gebaut. 1899 erfolgte ihr Umbau durch die Firma Sauer bei Beibehaltung des alten Orgelprospektes.Die Freinwalder Stadtpfarrkirche war Grablege des Patronatsherren von Uchtenhagen - unter dem Altar befindet sich die Gruft der Familie.
Die Kirche ist geschmückt mit zwei Gemälden - einer Kopie des Caspar von Uchtenhagen nach der Sage von der vergifteten Birne und dem Totenbild Caspar von Uchtenhagens, der zehnjährig als letzter Spross des alten Adelsgeschlechtes verstarb.
Interessant sind mehrere qualitätsvolle Epitaphien dankbarer betuchter Gäste des Kurbades aus der Zeit des Barock bzw. des Rokokos. Sie spiegeln auf besondere Weise Aspekte der Geschichte des Kurbades wider.

Quellen:

  Pfeil, Ulrich: Bad Freienwalde. St. Nikolai. Passau 1993. (PEDA KUNSTFÜHRER Nr. 96/1993)

© Märkische Eiszeitstraße, M. Klebert, 2006